Licht-Schatulle im Alten Hof in München
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Nach dem Krieg wieder notdürftig aufgebaut, fristete das Gebäudeensemble des Alten Hofes als Bürofläche für die bayerische Finanzverwaltung ein eher dürftiges Dasein in der Münchner Innenstadt. Im Zuge eines umfassenden Sanierungsplanes wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, der die Ergänzung des teilweise abgetragenen historischen Ensembles vorsah. Den Preisträgern Auer+Weber+Architekten aus München und Kulka Architekten aus Köln wurden schließlich mit der Planung beauftragt. Ein besonderes lichtplanerisches Kleinod des Ensembles stellt die „Licht-Schatulle“ dar, ein mit Metallplatten ausgekleideter Durchgang, der die vorbeieilenden Lichter der Stadt für einen Moment auffängt und dem Betrachter dabei ein farbenprächtiges Lichtspiel darbietet.
Die Architekten von Auer und Weber wurden mit der Ergänzung historischer Gebäudeteile und mit der Erstellung eines Neubaus beauftragt. Das Ziel bestand darin, die beiden abgetragenen Bauten von Pfister- und Brunnenstock hinsichtlich ihres vorherigen Volumens und ihrer Fassadengliederung den flankierenden Bestandsbauten unterzuordnen, sich jedoch in der Ausformulierung der Details deutlich von den Altbauten abzugrenzen. Deshalb stärken nun durchlaufende Traufkanten, ruhige Dachflächen und ein ausgewogenes Verhältnis von Wand und Öffnungen in der Fassade die Homogenität der Gesamtanlage, während die Ausgestaltung von Details, wie beispielsweise Fensterelemente modern interpretiert wurden. Eine besondere Herausforderung stellte die Gestaltung der Dachstühle dar, die als Bindeglied zur historischen Bebauung behandelt, aus Gründen der Wirtschaftlichkeit jedoch mit einer deutlich höheren Nutzung und entsprechenden Belichtungserfordernissen realisiert werden mussten. Die Architekten entwickelten ein System aus Ziegellamellen, das über der verglasten und mit Loggien eingeschnittenen Dachlandschaft angebracht, den Eindruck einer weitgehend geschlossenen Dachfläche erhält. Eine Sonderstellung im Ensemble nimmt ein moderner Zwischenbau ein, der den Anschluss an das südlich benachbarte Zerwirkgewölbe aus dem 13. Jahrhundert herstellt. Er führt die niedrigere Trauf- und Firstlinie des historischen Nachbarn weiter, stellt jedoch durch seine metallene Fassade gleichzeitig einen deutlichen Kontrast her.
Orientierung und Individualität
Die Lichtplanung vom Münchner Büro Pfarré Lighting Design sah vor, durch die Verstärkung von Sichtbezügen eine Leitstruktur für das Gelände und die Gebäude zu entwickeln, um eine einladende Grundstimmung für die abendlichen Besucher und eine einfache Orientierung innerhalb der Anlage zu gewährleisten. Darüber hinaus sollte jeder Gebäudeteil ein individuelles abendliches Erscheinungsbild erhalten. Die Idee einer architekturintegrierten Beleuchtung ermöglichte es den Planern auf die Verwendung von „aufgesetzten“ Leuchten zu verzichten und stattdessen das Licht aus der Fassade, den Ein- und Durchgängen sowie aus den Fenstern heraus zu entwickeln. Die verwendeten Beleuchtungselemente respektieren damit die neue und historische Anlage und bringen sie miteinander in eine Balance.
Licht-Schatulle
Das gestalterische „High-Light“ des Alten Hofes jedoch ist der neue Durchgang zum Burghof an der Sparkassenstrasse. Ausgekleidet mit einer polierten Metallverkleidung, spiegeln sich Treppe, Licht und Passanten in den gold schimmernden Wänden und der Decke wieder. Das zentrale Lichtelement der Passage ist im Handlauf des mittig verlaufenden Geländers verborgen, das die Treppenpodeste mit der notwendigen Grundbeleuchtung versorgt. Die darin verwendeten Leuchten wurden mit asymmetrisch abstrahlenden Reflektoren und speziellen Blendschutzrastern ausgestattet, damit keinerlei Blendpunkte den Betrachter irritieren und die besondere Atmosphäre in der Passage stören. Dezent glimmen vereinzelte Lichtfugen aus Seitenlichtfasern in den Fugen der Paneele an Wänden und Decke und verstärken damit den retro-futuristischen Charakter des Durchgangs. Wie ein Kaleidoskop nimmt die „Licht-Schatulle“ die vorbeieilenden Lichter der Stadt für einen Moment auf und bietet dem Betrachter ein farbenprächtiges Lichtspiel dar. Es lohnt in jeden Fall am Abend in der Sparkassenstraße vorbei zu schauen.
FOTOGRAFIE Stefan Müller-Naumann
Stefan Müller-Naumann
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