Mimikry in Mexiko
Hacienda aus Beton und Holz von Cherem Arquitectos

Vier Volumen aus Stampfbeton, zwischen denen sich Lücken und Spalten auftun, die zu schmalen Höfen werden. Das Wohnhaus Casa Candelaria ist Teil eines größeren Anwesens nahe der mexikanischen Stadt San Miguel de Allende und wurde als Neuinterpretation der klassischen Hacienda entwickelt. Der Bau passt sich dank der Materialität und Form perfekt seiner Umgebung an – und wirkt doch wie ein freundlicher Fremdkörper in der steppenartigen Landschaft Zentralmexikos.
Das Gebäude ist trotz seiner 200 Quadratmeter großen Wohnfläche nur das Gästehaus: Das eigentliche Haupthaus des Bauherrn ist um ein Vielfaches größer. Außerdem gibt es auf dem Grundstück noch ein weiteres Schlafdomizil, dazu ein Klubhaus, das Wohngebäude der Verwalter sowie eine ein Kilometer lange Laufstrecke, die alle Häuser miteinander verbindet.
Das Hacienda-Prinzip
Vier steinerne Volumen stehen inmitten von trockenem Gestein und ein paar Pflanzen: Die Planer von Cherem Arquitectos aus Mexiko City splitteten den Bau in seine Einzelteile auf, um ihm dadurch etwas von seiner Masse zu nehmen. Die Korridore, die sich zwischen den Objekten auftun, fädeln die Landschaft durch die Architektur und verweben sie mit ihr. Die Idee, die Häuser nach innen zu öffnen und kleine Höfe zu kreieren, ist eine Referenz an den Gebäudetypus Hacienda: Das Pendant zum europäischen Landgut ist aufgrund des mittel- und südamerikanischen Klimas dazu gezwungen, sich nach außen zu verschließen, um die Hitze auszusperren. Dicke Mauern sorgen für milde Temperaturen in den Innenräumen und speichern gleichzeitig die Wärme für die etwas kühleren Nächte. Auch die Casa Candelaria kann mit 50 Zentimeter starken Wänden auftrumpfen, die vor Ort aus Stampfbeton gefertigt wurden.
Oase in Beton
Die Volumen sind durch zwei sich kreuzende Korridore getrennt: Der breitere von beiden wird von einem Betondach gedeckelt, das für Schatten und Schutz sorgt. Der schmalere Gang dagegen ist nach oben hin offen und soll über die Jahre begrünt werden und als kleine Oase dienen: Kleine Haken in den Betonwänden gewähren Kletterpflanzen einen guten Halt. Die beiden größeren Volumen dienen als Wohn- und Schlafraum und lassen sich zu dem überdachten Außenbereich komplett öffnen. Die beiden kleineren Betonkuben, die auf einem schmalen Streifen verlaufen, beinhalten die Küche, Toiletten und an den zwei Enden jeweils eine Dusche mit Ausblick auf die Landschaft.
Beton und Holz
Das Baumaterial spielt neben der Auflösung des Volumens eine wichtige Rolle beim Mimikry-Effekt des Hauses: Der Werkstoff wurde mit lokalen Gesteinskörnungen angereichert, wodurch er einen ähnlichen Farbton wie das umliegende Erdreich bekam. Neben der gelungenen Anpassung an seine Umgebung ist der Herstellungsprozess kostengünstig und nachhaltig, schließlich wird das benötigte Baumaterial zum Teil direkt am Ort des Geschehens gewonnen. Neben dem aschgrauen Stampfbeton setzten die Architekten beim Bau noch Parota-Holz ein, das aus Costa Rica kommt und äußerst wetterbeständig ist. Aus dem Material entstanden sowohl die Fensterrahmen und –läden als auch ein Großteil der Einbauten. Der warme Charakter des Holzes sorgt für einen angenehmen Kontrast im Verhältnis zum rauen Charme der Betonoberflächen. Das Spiel mit Gegensätzen, sei es auf der Materialebene oder mit der Gegenüberstellung von klassischen und modernen Konstruktionsmethoden, macht die Casa Candelaria zu einem architektonischen Kleinod.
FOTOGRAFIE Enrique Macías
Enrique Macías
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