Portugiesisches Dorfhotel
Modernisierung einer ehemaligen Bäckerei von Pereira Miguel Arquitectos
Wilder Charme trifft asketischen Weißraum: Das Casas Caiadas Open House liegt mitten im ländlichen Portugal und damit an einem Ort, den nur die wenigsten Touristen ansteuern. Die rustikalen Gemäuer der ehemaligen Dorfbäckerei beherbergen heute das von Pereira Miguel Arquitectos gestaltete Boutique-Hotel, das ganz im Takt der maximal entschleunigten Peripherie schlägt.
Nach Portugal kommen die meisten Reisenden vor allem wegen der Strände. Wer sich allerdings ins Landesinnere vorwagt, findet neben fantastischen Landschaften auch Ruhe und Entschleunigung. Ein Ort für Stadt- und Strandflüchtende ist die Region Alentejo. Nur 100 Kilometer von Lissabon entfernt liegt üppige Natur, aus der sich große Felsen wie kleine Inseln erheben. Schatten spenden ein paar Olivenbäumchen, zwitschernde Vögel und das Rascheln der Blätter werden zur Soundkulisse. Hier liegt das erste, bereits 2014 realisierte Projekt der Casas Caiadas, ein Gebäudeensemble aus drei alten, rustikalen Mühlen. Sie sind als Boutique-Hotel eine einsame Enklave für Menschen, die das Zirpen der Grillen dem Bad im Atlantik vorziehen. Gestaltet wurde dieser magische Ort von Luis Pereira Miguel mit viel Weißraum, natürlichen Elementen und neuen Ergänzungen, wie einem in die Hügel eingebetteten Infinity-Pool.
Dörflicher Ableger
Jetzt haben die einsamen Land-Casas einen etwas urbaneren Ableger bekommen. Das sogenannte Open House ist in einem historischen Stadthaus in der Kleinstadt Arraiolos untergebracht, nur 15 Kilometer von den Landhäusern entfernt. Die Rezeptur ist ansonsten identisch mit der Rezeptur der Schwestergebäude. Die Modernisierung geschah feinsinnig und mit viel Respekt vor der Geschichte des Ortes. Sie setzt auf ursprünglichen Charme und einen minimalistischen Designstil. Die ästhetische Verwandtschaft ist kein Zufall: Auch das Open House stammt aus der Feder von Luis Pereira Miguel. Dieses Mal übergaben ihm die beiden Auftraggeber, ein Paar aus Lissabon, einen historischen Komplex mit Geschichte. Im 19. Jahrhundert war er eine Herberge, später stand hier der Holzofen einer der bekanntesten Bäckereien der Region. Noch heute verfügt das Haus über fünf Eingänge, die auf zwei Gassen führen. Sie gaben dem Projekt auch seinen Namen: Open House, offenes Haus.
In dem individuellen und persönlichen Boutique-Hotel können Familien oder Freunde auf drei Etagen ein temporäres Zuhause finden. Im Erdgeschoss sind mit einer Küche, einem Wohnzimmer und einem Esszimmer die Gemeinschaftsräume der Gäste untergebracht. Die offene Architektur leistet dabei auch einen Beitrag für die soziale Interaktion. Ein großer Tisch lässt Fremde beim Essen oder einem Glas Wein als Freunde zusammenrücken, auf den gemütlichen Möbeln am Kamin kann der Abend gesellig ausklingen. Weil der Architekt auf die natürlichen Brauntöne von Holz und Rattan, Bast und Wolle setzt und dazu ausschließlich Weiß kombiniert, entsteht ein asketischer Weißraum, der die Gäste dennoch mit mediterraner Wärme umarmt.
Mediterran und modern bis aufs Dach
Dieses Zusammenspiel aus Authentizität, portugiesischen Kulturzitaten, lokalem Design und heimeliger Gemütlichkeit findet der Gast auch in der ersten Etage, in der die drei Doppelzimmer und eine Suite untergebracht sind. Neben dem großen Bett befinden sich in allen Räumen nur eine Holzbank, Stauraum und ein paar wenige Deko-Elemente, wie ein handgenähter Wandbehang und aus Naturfasern geknüpfte Körbe. Jedes Objekt wurde als Teil eines stimmigen Ganzen ausgewählt und viele der Dinge stammen von Kunsthandwerkern der Region. Die Fenster wirken in diesem spartanischen Ambiente eines jeden Raumes wie ein Gemälde, mit dem pittoresken Dorf als Motiv. Die über den Zimmern liegende, zweite Etage beherbergt eine kleine Lounge mit bodentiefen Fenstern, die sich zur weitläufigen Dachterrasse öffnen. Sitzecken, Liegen, der aquamarinblaue Pool und ein paar Pflanzen sind aber nur der visuelle Unterbau des eigentlichen Highlights: der Aussicht. Das Panorama erstreckt sich über drei Himmelsrichtungen, umfasst die Dächer der Stadt und die Hügel des Landes. All seine wohlüberlegten Attribute machen das Open House zu einem Ort der Balance: zwischen internationalem Design und lokalem Kontext, zwischen Natur und Bauwerk, zwischen Material, Form und Raum.