Raum für Forschung
Inspirierend beleuchtetes Arbeitsumfeld in Zürich
Ein lichtdurchflutetes Atrium bildet das Herzstück des hochmodernen Zurich Innovation Center von Givaudan auf dem ehemaligen Maggi-Areal in Kemptthal. Es wurde vom Schweizer Architekturbüro bauart errichtet und soll mit kontrastreichen Atmosphären ein inspirierendes Arbeitsumfeld schaffen. Die Lichtplanung stammt vom Zürcher Büro lightsphere und ist für den Deutschen Lichtdesign-Preis 2020 nominiert.
Der Gedanke an verführende Duftkreationen lässt einen unweigerlich abdriften nach Paris, in die Welt von Haute Couture und Eleganz. Doch es geht nach Kemptthal in die Schweiz, einem Örtchen bei Zürich. Denn hier befindet sich das neue Forschungszentrum von Givaudan, dem weltweit größten Hersteller von Aromen und Düften. Luxusmarken wie Cartier, Hermès oder Calvin Klein gehören zu den Kunden.
Inspirative Arbeitswelt
Die Schweizer Architekten von bauart und die Lichtdesigner von lightsphere haben im Zurich Innovation Center (ZIC) ein inspirierendes Umfeld geschaffen, in dem Co-Creation und Dialog großgeschrieben werden. Funktionale Laborarbeitsplätze einerseits und die Gestaltung repräsentativer Besprechungs- und Kommunikationszonen mit hoher wohnlicher Aufenthaltsqualität andererseits wurden in einem modernen Konzept zusammengeführt.
300 hochtechnologische Forschungs- und Büroarbeitsplätze verteilen sich im neuen ZIC auf einen Bestandsbau aus den 80er-Jahren und zwei längliche, ineinander versetzte neue Baukörper, die durch ein fünfeckiges Atrium miteinander verbunden sind. Während die strenge, graue Backsteinfassade außen eher schlicht wirkt und damit Bezüge zu den historischen Fabrikgebäuden des ehemaligen Industrieareals schafft, tut sich innen eine kontrastreiche Welt auf: Sie ist dynamisch, hell, farbig, warm und vielschichtig – mit allen Sinnen erfahrbar.
Atrium als Multispace
Der dunkel gehaltene Empfangsbereich lenkt den Blick zum lichtdurchfluteten Atrium, wo sieben beeindruckende Säulen aus Pflanzen zu sehen sind, die natürlich auch die Markenbotschaft des Weltkonzerns für Duft und Aroma stützen sollen. Dieses Atrium ist das Herzstück des Gebäudeensembles. Nicht nur, weil es den Bestand mit den zwei Neubauten verbindet. Es stellt die funktionale und räumliche Brücke zwischen allen Geschossen her. Als multifunktionaler Space konzipiert, ist es Erschließungs- und Arbeitszone, Begegnungsort und Eventraum zugleich und entwickelt formal eine erstaunliche Dynamik: Kaskadenartig schwingen sich Treppen, Brücken und Balkone über drei Geschosse, deren Handläufe elegant von Kunstlichtbändern gesäumt sind. Oberlichter sorgen für viel Tageslicht.
Der Atriumbereich präsentiert sich in einer warmen Atmosphäre – hier haben die Architekten auf dunkles Eichenholz für die Böden und Möbel gesetzt. Es ist ein vertikal ausgedehnter, offener Raum mit unterschiedlichen Zonierungen. Mal wie eine Bibliothek mit Regalen und streng aneinander gereihten Tischen gestaltet, die als Erweiterung der Büroarbeitsplätze dienen, mal mit eleganten Loungesesseln ausgestattet. Goldfarbene Tischlämpchen setzen überall elegante Akzente.
An den Außenzonen des Atriums befinden sich kleinere Ausstellungs- und Aufenthaltsbereiche. Die bunten Farben der gepolsterten Hocker sollen Assoziationen wecken an die Duft- und Aromastoffe, die bei Givaudan entwickelt werden. Rund geformte Sitznischen sorgen hier für ungestörte Meetings und schaffen in Rot- oder Grünskalierungen ein einladendes und abwechslungsreiches Arbeitsambiente.
Kollaborativ arbeiten
Um das Atrium herum sind die Labore und Büroräume gruppiert. Jede Abteilung und Nutzungseinheit weist eine individuell zugeschnittene Infrastruktur auf. Es dominieren Weiß und helle Grautöne – ein kühler Farbcode, der für sauberes und effizientes Forschen steht. Um den spontanen Dialog unter den Forschenden zu fördern, wurden die Begegnungszonen der Labor- und Büroflächen mit Bezug zum Atrium angeordnet. Überall werden die labortechnischen Tätigkeiten transparent gemacht. Gläserne Wände zu den benachbarten Labors und Büros demonstrieren diese Haltung architektonisch. Es geht um ein modernes Verständnis vom Austausch zwischen Forschern, Entwicklern und Kunden. Forschung steht bei Givaudan im Zentrum. Der starke Kontrast zwischen wohnlichem Atrium und kühlem Labor-Interior ist übrigens kein Zufall. Er zielt darauf ab, dass die Mitarbeiter die Atmosphäre immer wieder bewusst wechseln können. Denn schließlich gilt: Activity Based Working trägt nachweislich zur Flexibilität, Produktivität und Innovationskraft bei.
Grüne Oase
Beeindruckender Eyecatcher sind die insgesamt sieben Pflanzensäulen, die urwaldgewächsartig bis zu 12 Meter in die Höhe ragen. Ein Novum, von Krebs und Herde Landschaftsarchitekten aus Winterthur speziell für das ZIC entworfen. Sie bestehen aus 1,5 Meter langen, übereinander gelagerten Segmenten, die mit verschiedenen Pflanzen – darunter Graslilie und Känguru-Farn – begrünt sind. Wichtige Voraussetzung bei der Auswahl des exotischen Pflanzenmix: Die Gewächse dürfen nicht duften. Denn die Chemiker und Forscher sollen nicht durch fremde Gerüche abgelenkt werden. Damit die Pflanzen optimal wachsen, haben sie eine eigens entwickelte, dezente Beleuchtung erhalten, die sie mit zusätzlichem Lichtspektrum versorgt.
Diese eigenwilligen grünen Skulpturen vollenden das neue Forschungszentrum: Sie verbessern das Mikroklima und übernehmen die Luftreinigung. Architektonisch betonen sie die Höhe und damit das luftige Volumen des Atriums. Sie brechen den vorherrschenden sleeken Interior-Chic auf elegante und smarte Weise. Darüber hinaus verstehen sie sich als Verweis auf den natürlichen Ursprung der innovativen Aroma- und Duftstoffe, die bei Givaudan entwickelt werden.
Lichtkonzept im ZIC nominiert für den Deutschen Lichtdesign-Preis
Das Zürcher Büro lightsphere ist mit seinem Lichtkonzept im ZIC für den Deutschen Lichtdesign-Preis 2020 nominiert. Der im jährlichen Turnus stattfindende Wettbewerb prämiert seit 2011 herausragende Lichtgestaltung in der Architektur und im urbanen Raum. In der aktuellen Ausgabe sind insgesamt 35 internationale Projekte aus 13 Kategorien nominiert. Die Preisverleihung mit der Bekanntgabe der Gewinner findet am 17. September 2020 statt, erstmals aufgrund der Corona-Pandemie in einem aufwändigen Videoformat digital. Über www.lichtdesign-preis.de kann man sich für die Online-Gala registrieren.
FOTOGRAFIE Georg Aerni
Georg Aerni