Schöne Haussichten
Wohnhaus von Alfredo Häberli, inspiriert vom Schiffbau

Partner: Girsberger
Die Zukunft des Wohnens ist längst in der Gegenwart angekommen: Das Konzepthaus von Alfredo Häberli und Baufritz bietet Ausblicke auf neue Wohnformen und schafft dabei Raum für Unvorhergesehenes. Offenheit, Flexibilität und Nachhaltigkeit sind die Leitbilder dieses bootsartigen Holzkörpers.
Ökologischer Holzbau ist in vielen Köpfen noch unter „Blockhütte“ abgespeichert. Dass die Architektur mit dem natürlichen Werkstoff zu den flexibelsten Bauformen zählt, beweist das Projekt Haussicht.
Bug auf dem Dach
„Es war Zeit, dem ökologischen Holzbau ein neues Gesicht zu geben“, erklärt Baufritz-Chefin Dagmar Fritz-Kramer das Anliegen ihres Unternehmens, das sich auf die Herstellung von Fertighäusern mit hohem Nachhaltigkeitsanspruch spezialisiert hat. Für das aktuelle Vorhaben wählte Baufritz daher auch nicht irgendjemanden, sondern Alfredo Häberli. „Seit meiner Kindheit ist Architektur immer ein Thema in meinem täglichen Leben“, erklärt der Schweizer Designer – mit dem Projekt Haussicht hat er sich diesen Traum erfüllt. Bei seiner Herangehensweise an sein erstes Bauvorhaben legte er den Fokus auf den zukünftigen Bewohner und stellte sich die Frage, welche Wohnbedürfnisse Menschen heute haben. Konsequenterweise entwarf Häberli eine ganzheitliche Architektur und entwickelte das Projekt von innen nach außen.
Das Haus teilt sich in zwei geschwungene Volumen auf, die über eine brückenartige Terrasse im Obergeschoss verbunden sind: ein Haupt- und ein Nebengebäude, das auf einem schmalen, amorphen Betonfuß ruht. Alfredo Häberli ließ sich bei der Konstruktion vom Schiffbau und damit einer der Urformen des Holzbaus inspirieren. Insbesondere die beiden Dächer wirken wie zwei gigantische Buge, die sich auf dem Haus niedergelassen haben. Und auch bei der inneren Organisation ging der Designer eher unkonventionell ans Werk: Einen Großteil der Schlafzimmer platzierte er im Erdgeschoss, während das eigentliche Wohnerlebnis auf der oberen Etage stattfindet. Durch eine geschickte Raumaufteilung und den intelligenten Einsatz von Einbauten schafft Häberli eine Offenheit, die den Bewohnern ungeahnten Spiel- und Freiraum gewährt.
Alles dreht sich
Das architektonische Rückgrat des Erdgeschosses im Haupthaus bildet eine zentral verlaufende Wand, die mehrere Funktionen in sich aufnimmt: Sie ist Raumtrenner und Lagermöbel in einem. Auf der einen Seite befinden sich die privaten Schlaf- und Badbereiche, auf der anderen liegen multifunktional nutzbare Räume und der Zugang zu den Regalflächen. „Aktivierung von Bauteilen“, nennt Häberli dieses Konzept. Die Oberflächen bestehen in erster Linie aus Holz, wodurch eine warme Atmosphäre entsteht. Ergänzt wird das Material durch weißen Marmor, der die Bäder ausschmückt. Besonderes Highlight ist eine Entspannungszone gegenüber dem großen Schlafbereich, in den ein offener Kamin und eine großzügige Badewanne integriert sind. Das Obergeschoss widmet sich fast ausschließlich dem puren Wohnerlebnis – und das in aller Großzügigkeit. Die lichtdurchfluteten Räume mit Küche, Essbereich und vorgelagerter Terrasse fließen förmlich ineinander und erzeugen Offenheit.
In dem durch den Treppenkern separierten Bereich platzierte Häberli eine Bibliothek, in deren Zentrum sich eine beinahe raumhohe, drehbare Media-Koje befindet. Wie schon bei seinem Projekt Rockefeller Dining Room arbeitete der Gestalter hierbei mit dem Schweizer Möbelhersteller Girsberger zusammen, dessen Customized Furniture-Sparte die Umsetzung der verspielten Installation übernahm. Die terrassierte Sitzlandschaft ist gleichzeitig Bühne, Liege- und Ablagefläche – und erzeugt durch seine Beweglichkeit und Modularität den von Häberli gewünschten Perspektivwechsel sowie Raum für Unvorhergesehenes. Die vier unterschiedlich farbigen und aufeinander liegenden Sitzstufen mit Rückenlehne lassen sich modular durch Steck-Spann-Verbindungen werkzeuglos montieren, und obwohl das Möbel zwei Tonnen wiegt, lässt es sich dennoch leicht von Hand drehen. Dafür sorgt ein unter dem Objekt versteckter kugel- und rollengelagerter Drehteller. Mit dem Projekt Haussicht hat Alfredo Häberli seinen Traum, eine Architektur zu planen und umzusetzen, konsequent Realität werden lassen. Den perfekten Rahmen dafür bildeten die von Baufritz gestellten Anforderungen in Bezug auf Materialität, Nachhaltigkeit und Funktionalität. Schöne Aussichten – nicht nur für die Anhänger von Fertighäusern!
FOTOGRAFIE Daniel und Jonas Kuhn
Daniel und Jonas Kuhn
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