Shopping unterm Regenbogen
Die Shanghai Joy City Kid's World von Arizon Design

Im Shanghaier Einkaufszentrum Joy City plante Architekt Shen Junwei eine Verkaufsfläche mit phantasievollen Naturinterpretationen, für die er mit dem German Design Award 2020 ausgezeichnet wurde. Eine rhythmische Landschaft aus blühendem Löwenzahn, sprechenden Bäumen und einem Himmel voller Regenbögen.
Was für die einen Freizeitbeschäftigung, Vergnügen und Inspirationsquelle ist, ist für die anderen eher lästige Notwendigkeit: Einkaufstouren durch Shoppingmalls. Während die Retail-Architekturen in der Regel wenig Anknüpfungspunkte mit der Außenwelt, geschweige denn mit der Natur bieten, verwandelt Designer Shen Junwei die kommerziellen Tempel seiner Heimat China in dynamische Formationen aus Licht und Schatten – abstrahierte Wälder und Flüsse inklusive.
Kunterbunte Welt
Die Joy City Shoppingmall im Zentrum Shanghais, unweit des Platz des Volkes und des Wusong Flusses gelegen, bietet ihren kaufbegeisterten Besuchern neben ausschweifenden Einkaufsaktivitäten auch Gastronomie, Unterhaltung und Freizeitvergnügen. Doch wohin mit den Kindern? Denn was nützen die besten Angebote, wenn der Kaufrausch vom Quengeln der Kleinen gestört wird? Shen Junwei, der sich mit der Gründung seines Studios Arizon Design im Jahr 2018 auf die Gestaltung von Shoppingcentern spezialisiert hat, weiß Abhilfe.
„Durch die Schaffung eines interaktiven Raums werden die Kinder erheitert und inspiriert, während die Eltern sich ganz ihren Erkundungen hingeben können“, sagt der Gestalter. Im sechsten Stock des Südgebäudes der Mall, auf einer gestaffelten Fläche von 4.200 Quadratmetern, entwarf er aus Aluminium, Eisen, Edelstahl, Holz, Kieselalgenschlamm und Terrazzo die Shanghai Joy City Kid's World, eine interaktive, fantastische und kunterbunte Welt, wie sie nicht nur dem Nachwuchs gefällt.
Kreisförmiger Besucherstrom
Der Entwurf integriere Freizeitaktivitäten in Einzelhandelsflächen, meint Shen Junwei. Außerdem soll der Raum die kreativen Ideen der drei- bis zehnjährigen Gäste fördern und sie dazu einladen, ihren Instinkten zu folgen und die Magie der Natur zu erforschen. So mischen sich Displayflächen für Schuhe, Kleidung und Teddybären mit erzählerischen Installationen aus Tier- und Naturmotiven und lenken den kreisförmigen Besucherstrom.
Blühende Wirtschaft
„Die Hauptszene ist in der Aufzugshalle, wo Löwenzahnstängel durch den Boden brechen und sich ausbreiten“, erläutert Shen Junwei. Vom „blühenden Korridor“ gelangt man in die „Feen-Maskerade“, wo Melodien und bunte Tanzlinien auf dem Boden warten. Dazwischen begegnen die Kinder einem „singenden Baumstamm“, einem zentral gelegenen „Hügel“ mit einem Himmel aus Blumen und kleinen Baumhäusern. In organisch geformten Aussparungen innerhalb der welligen Raumteiler, den „Baumlöchern“ und „Wolken“, können sie Verstecken spielen oder sich ausruhen.
Regenbögen und sanfte Hügel
Vertikal strukturierte Farbverläufe, die an Regenbögen erinnern, markieren die einzelnen Zonen und rhythmische Konturlinien auf Boden und Decke leiten durch die separierten Flächen. Hierfür stand eine hügelige Landschaft Pate, durch die der Eindruck einer wellenförmigen Geographie und eines sich natürlich ausbreitenden, fließenden Raumes entstünde, sagt der Designer.
Spieleparadies und Sinnesrausch
Diese Installationen stünden metaphorisch für den Prozess des Lebens vom Knospen über das Wachsen bis zur Reife, berichtet er weiter. Aber sie sprechen auch verschiedene Sinne an. Während der singende Stamm die Kinder zum achtsamen Lauschen animiert, sollen sie die großzügig eingesetzten Regenbogenfarben optisch ansprechen. Ganze 200 Farben kamen hier zum Einsatz. In wieder anderen Installationen sind die Kinder aufgefordert, zu klettern und so ihren gesamten Körper einzubringen.
Ob es wirklich immer ein solcher Sinnesrausch ist, der die Kreativität ankurbelt, oder ob es nicht eher die simplen Erfahrungen mit der echten Natur sind, bleibt an dieser Stelle unbeantwortet. Fest steht aber, dass Shen Junwei seine gestalterischen Möglichkeiten hier vollends ausschöpfte und mit der Shanghai Joy City Kid's World eine einfühlsame Oase aus Farbe und Form schuf, die das Ziel des ungestörten Shoppings mit Sicherheit erfüllt und dabei zumindest den Kaufrausch der Erwachsenen ankurbelt.
FOTOGRAFIE Dirk Weiblen
Dirk Weiblen
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