Soul in Seoul
Galerie König im MCM Haus von Neri & Hu

Gangnam-Style trifft Kunst: Neri & Hu haben ein früheres Bürogebäude und Parkhaus in Seoul in eine MCM Boutique umgebaut. Das oberste Stockwerk sowie die Dachterrasse dienen als neue Dependance des Berliner Galeristen Johann König. Sichtbeton und Bronze verbinden sich zu einem stilistischen Doppel.
Die Zukunft des Shoppings liegt in unerwarteten Verbindungen. Modeboutiquen warten immer häufiger mit Bücherecken, Cafés und manchmal auch mit eigenen Ausstellungsräumen auf. Wie hierbei der Schulterschluss zu einer renommierten Galerie gesucht wird, ist in Fernost zu beobachten. Die einst angestaubte Münchner Koffermarke MCM erfindet sich neu unter der Regie ihrer südkoreanischen Eigentümerin Sung-Joo Kim und ihres Chefdesigners Dirk Schönberger – und erfreut sich vor allem in Asien unter Hipstern bereits großer Beliebtheit. Um dem Tokioer Flagship-Store – in deutscher Schreibweise MCM Haus genannt – zusätzlichen Glanz zu verleihen, eröffnete der Berliner Galerist Johann König 2019 eine Galerie im Obergeschoss. Nun hat ein neues MCM Haus in Seoul eröffnet – und wieder ist die König Galerie mit dabei.
Sportliche Verwandlung
Die großen Modemarken mieten im lebendigen Gangnam-Viertel nicht einfach nur die Erdgeschosse bestehender Gebäude. Sie errichten ihre eigenen Bauwerke – als architektonische Visitenkarten in der Stadt. Auch MCM ließ sich diese Form der Markenbildung nicht nehmen und beauftragte das Shanghaier Architektur- und Designbüro Neri & Hu. Allerdings wurde hier nicht von Grund auf neu geplant. Stattdessen wurde ein bestehendes, fünfgeschossiges Bürogebäude mit angeschlossenem Parkhaus umgebaut und in ein neues Fassadenkleid gehüllt – und zwar in einem sportlichen Zeitrahmen von lediglich vier Monaten.
Licht und Schatten
Über einem mit Betonpaneelen verkleideten Sockel erhebt sich eine schimmernde Metallfassade. „Weil sie nach Norden ausgerichtet ist, haben wir uns für bronzefarbene Paneele entschieden, die so viel Tageslicht wie möglich reflektieren“, so Lyndon Neri und Rossana Hu. Den winzigen Fenstern sind puristische Erker vorgelagert, die sich teils in die Vertikale, teils in die Horizontale erweitern und damit eine genaue Lesbarkeit der Etagen vermeiden. Aufgrund dieser Unregelmäßigkeit wird der Höhensprung zwischen dem früheren Bürogebäude und dem Parkhaus nach außen kaschiert. Die Erkerfronten sind mit bronzefarbenen Metallnetzen bespannt, die die Plastizität der Fassade verstärken und für differenzierte Schattenwürfe sorgen.
Fließender Raum
Im Inneren der Boutique öffnet sich das Erdgeschoss mit großen Fenstern zur Straße sowie zu einem begrünten Innenhof. Der Raum weitet sich auf doppelte Höhe – dank eines rechteckigen Einschnitts im Boden des Obergeschosses. Diese Öffnung wird von einer hölzernen Brüstung umringt, deren Materialität von den Treppenstufen, der Kassentheke sowie großformatigen Plattformen zur Präsentation von Handtaschen und Rucksäcken aufgegriffen wird. Maßgefertigte Holzregale reihen sich entlang der grauen Betonwände. Freistehende Vitrinen werden von filigranen Metallfüßen über den ebenfalls aus Sichtbeton gegossenen Boden gehoben, als würden sie auf Stelzen inmitten eines stillen Gewässers balancieren.
Bronzene Lamellen
Das Treppenhaus wird von einer durchlässigen Wand aus geöffneten Bronzelamellen von den Verkaufsräumen getrennt. Die gleiche Struktur – diesmal sind die Lamellen jedoch seitlich verdreht – schirmt die Blicke auf die Rück- und Seitenwände des Treppenhauses ab. Runde Spiegel verleihen der Passage von einem Stockwerk zum anderen zusätzliche Weite. Zudem sorgen sie für unerwartete Reflexionen des Interieurs, der Produkte sowie der Kunden selbst. Im zweiten Obergeschoss wird ein VIP-Bereich hinter grauen Vorhängen verborgen. Auf einer erhöhten Holzebene werden Produkte aus limitierten Kollektionen in Szene gesetzt. Die Umkleidekabinen warten mit Wänden aus gewelltem und geripptem Beton auf, sämtliche Haken und Regale sind aus Bronze gearbeitet. Der Materialkontrast wird durch die Vorhänge verstärkt, die ebenso in der warmen Farbigkeit des Metalls gehalten sind.
Kollektiver Einstand
In der fünften Etage des MCM Hauses hat die Galerie König Seoul eröffnet. Auch die darüberliegende Dachterrasse gehört dazu und dient als holzbeplankter Skulpturengarten mit Blick über die Stadt. Die Berliner Galerie ist in Südkorea keine Unbekannte und hat bereits mehrfach an den Messen Art Busan sowie der Korean International Art Fair (KIAF) in Seoul teilgenommen. Der neue, dauerhafte Standort wurde als klassischer White Cube gestaltet. Zur Eröffnung wird eine Gruppenausstellung von 20 Künstlern gezeigt, die von der Galerie vertreten werden – darunter Skulpturen von Tatiana Trouvé, Monica Bonvicini, Erwin Wurm, Gemälde von Katharina Grosse, Norbert Bisky, Conny Maier oder grafische Arbeiten von Camille Henrot. Die Eröffnungsausstellung ist noch bis zum 2. Mai zu sehen.
Projekt | MCM Haus Seoul |
Typologie | Modeboutique, Galerie |
Adresse | 412 Apgujeong-ro, Cheongdam-dong, Gangnam-gu, Seoul, Südkorea |
Entwurf | Lyndon Neri & Rossana Hu |
Verantwortliche Partner | Christine Chang, Wendy Tsai |
Designer | Kevin Chim, Wu Dong, Jiameng Li, Sheila Lin |
Partner Produktdesign | Brian Lo |
Produktdesign | Simin Qiu |
Partner Grafikdesign | Christine Neri |
Grafikdesign | Haiou Xin |
Mehr Projekte
Eine Stadt aus Räumen
Kollaborativer Arbeitsort von Alberto Hueso in Spanien

Tabula Casa
Die inspirierenden Studioräume von Nerea Apraiz in Bilbao

Nachhaltig auf allen Ebenen
Intelligente Lichtlösungen für den Bürokomplex Tripolis-Park in Amsterdam

Arbeiten in neuem Licht
BOS hat das eyeo-Büro in Berlin als Stadtrundgang inszeniert

Architekturwandel an der Alster
Umbau der BAT-Hauptverwaltung in Hamburg durch Ratschko Architekten

Kreative in der Konservenfabrik
Zirkuläres Büro-Interieur im belgischen Leuven von tweestroom

Büro auf Abruf
Meeting Suites by Bene in Wien

Rohbaucharme und Ruhezone
Modernes Bürokonzept von Delta Pods im Sky Park Bratislava

Bestand und Weitblick
Nachhaltige Transformation des DUO Towers in Düsseldorf durch DJH Architekten

Massivholz und Mixed-Use
Die Team 7 Welt von Matulik Architekten mit Vestre-Outdoormöbeln

Zirkuläre Raute
Bürogebäude The Cradle in Düsseldorf von HPP Architekten

Zukunft im Industriedenkmal
PLY Atelier gestaltet Ramboll-Office in den Berliner Wilhelm Hallen

Kalifornische Moderne
Fabrikhallenbüro nahe Hollywood von 22RE

Zwischen White Cube und Colour Blocking
Batek Architekten gestalten Prophylaxepraxis T7.2 in Berlin

Flexibles New-Work-Office
Bürogebäude für Sevdesk in Offenburg von Müller + Partner

Zirkuläre Metamorphose
Lucas Muñoz Muñoz modernisiert eine Büroetage in Madrid für Sancal

Neue Rohheit
Brutalistisch angehauchte Umbauprojekte in drei europäischen Metropolen

Mut zur Veränderung
INpuls verwandelt das Landratsamt Freising in ein Bürgerbüro mit Zukunft

Alles im Kasten
Büro der Filmproduktion Dynamic Frame in Zürich von balbek bureau

Design à la campagne
Erwan Bouroullecs Bauernhaus im Burgund

Immer der Farbe nach
Studio Carcasse gestaltet ein neues Büro für Thoughtworks in Berlin

Büro mit Herz
Studio Theobald baut eine Gewerbeetage für Komplizen Film in Berlin um

Zwischen Natur und Technik
Johan Mångsén gestaltet das Interior des Bremer Saab-Büros

Londoner Zeitreise
Neue Büroflächen im Henry Wood House von Nice Projects

Moderner Filmsalon
Büroausbau von Civilian in New York City

Viel mehr als nur Schau
Mode-Showroom Casey Casey in Paris von Atelier NEA

Büro als Begegnungsstätte
Neues Headquarter von Henning Larsen und Ramboll in München

Labor mit Blick ins Grüne
Neue Büroräume von Graft in Berlin-Mitte

Mut zur Transparenz
Architekturbüro Hawkins\Brown bezieht eine Londoner Ladenfläche

Geschmackvolle Pausenräume
Kantinen und Cafeterien mit Aufenthaltsqualität
