Speisen in der Lagerhalle
Restaurant Tramo in Madrid von SelgasCano
In Zusammenarbeit mit dem Designer Andreu Carulla hat das spanische Architekturbüro SelgasCano eine ehemalige, in den Fünfzigerjahren erbaute Lagerhalle in Madrid in ein Restaurant umgewandelt. Im Fokus standen der Erhalt der Raumstruktur, ein nachhaltiges Interiordesign – und das Herausarbeiten der schlichten Schönheit des Innenraums.
Mit dem Umbau einer alten Lagerhalle im Madrider Stadtteil Prosperidad haben die Architekt*innen José Selgas und Lucía Cano einen Ort geschaffen, der seine Geschichte neu erzählt. Das Gebäude wurde ursprünglich als Werkstatt genutzt und beherbergte anschließend einige Jahre die bekannte Madrider Bar Garaje Hermético. Gemeinsam mit dem Designer Andreu Carulla haben die beiden Architekt*innen das alte Industriegebäude nun einer neuen Nutzung zugeführt. Entstanden ist ein Restaurant, das durch offene Strukturen, modernes Design und insbesondere durch ein auf allen Ebenen nachhaltiges Konzept überzeugt.
Offene Raumstruktur
Im Zuge des Umbaus sollte die vorhandene Bausubstanz und insbesondere die Raumstruktur so weit wie möglich erhalten werden. Der offene, 400 Quadratmeter große Raum wird von einem acht Meter hohen Giebeldach mit schlanken Betonbindern und Stahlseilen überspannt. Diese kostengünstige und gleichzeitig langlebige Struktur war typisch für die Madrider Architektur der Fünfzigerjahre. Die Deckenkonstruktion schafft eine interessante Optik, die roh belassenen Betonwände mit ihrer Patina erinnern an die frühere Nutzung der Halle. Durch verschiedene Ebenen, die jeweils über Stufen aus Holz, Ziegeln und Beton verbunden sind, wird der Raum zoniert, ohne dabei seinen Charakter zu stark zu verändern. Einbauten aus Altholz definieren ovale Sitznischen sowie funktionale, teilweise beleuchtete Tresen und geben die räumliche Struktur vor. Die offene Küche mit kleiner Bar erhält durch eine abgehängte Decke, die schlichten Betonstützen und die etwas geschütztere Atmosphäre einen eigenen Charakter.
Modulares Design
Das Interieur des Tramo (spanisch für „Bereich“) besteht aus modularen Elementen: Sowohl die Stuhl- und Tischbeine als auch die Leuchten bestehen aus recycelten Aluminiumstrukturen, die baukastenartig vor Ort zusammengesetzt wurden. Der Ansatz des Designers war es, nachhaltige Objekte zu schaffen, die leicht zu reparieren und deren Einzelteile einfach zu ersetzen sind. Oder solche, die mehrere Funktionen in sich vereinen – wie die durchlaufenden Bänke, die sowohl als Sitzfläche als auch als natürliches Heiz- und Kühlsystem dienen: Sie bestehen aus über tausend einzelnen, im Strangpressverfahren hergestellten Keramikteilen, die die von außen einfließende Luft thermisch leiten und so die Temperatur im Raum regulieren.
Atmosphärisches Licht
Für Helligkeit und eine lichte Atmosphäre sorgt ein großes Oberlicht im nahezu fensterlosen Raum – nur ein einziges Fenster öffnet sich zu einem kleinen Garten im seitlichen Innenhof. Während die eine Giebelseite des Dachs komplett mit schallabsorbierenden und wärmeisolierenden Platten aus recycelter und gepresster Wolle verkleidet ist, ist die nach Norden ausgerichtete Seite zur Hälfte verglast. Das einfallende Tageslicht erhellt den gesamten Raum.
Recycelte Materialien
Das übrig gebliebene Material der Deckenisolierung wurde für die Polsterung der Sitzbänke verwendet. Der Wollstoff in hellem Grau und Olivgrün harmoniert farblich mit dem hellen Holz, dem Beton und der Keramik. Auch für die tragbaren und über Solarpaneele auf dem Dach aufladbaren Leuchten verwendete Andreu Carulla recycelte Materialien: Sie sind aus alten Gewindestangen gefertigt, die mit einer handgefertigten Papierscheibe aus recycelter Baumwolle kombiniert wurden.
Nachhaltiges Gesamtkonzept
In allen Phasen des Umbaus legten die Architekt*innen und der Designer einen besonderen Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit. Sie überprüften die Herkunft sowie die Möglichkeit einer Wiederverwertung aller Materialien, vermieden Schadstoffe wie Polyurethanschaum, Steinwolle oder Acrylfarben und installierten ein System zur Wiederverwendung des Regenwassers. Die für den unterirdischen Wärmetauscher ausgehobene Erde wurde für die Herstellung des Geschirrs verwendet. Das Restaurant ist zu fast hundert Prozent energieautark. Auch die vielen Pflanzen – von den angelegten Beeten in den Waschräumen bis hin zu den bepflanzten Terrakottatöpfen im Essbereich, die abends schöne Schattenspiele an die Wände zaubern – tragen zu einer natürlichen Raumatmosphäre bei. Das Prinzip der Nachhaltigkeit gilt im Übrigen nicht nur für das Design: Abgesehen von Kaffee und Schokolade finden sich auf der Speisekarte des Tramo ausschließlich lokale und meist handgefertigte Produkte.
Baujahr: | von 2022 bis 2023 |
Architekten: | selgascano |
Innenarchitekt und Möbeldesigner: | Andreu Carulla |
Auftraggeber: | Proyectos Conscientes |
Generalunternehmer: | Zimenta |
Gesamte Bodenfläche: | 410 m2 |