Strahlend weiß
Weiß, gerade und gesund – das Idealbild schöner Zähne. Wie dieses Idealbild auch als Motiv für Innenarchitektur stehen kann, das zeigen die Architekten des Stuttgarter Büros Ippolito Fleitz am Beispiel der im Sommer neu eröffneten Zahnarztpraxis Weissraum in München. Dabei gestalteten die Architekten für den Zahnarzt Matthias Fiebiger nicht nur die bis auf wenige Ausnahmen vollständig in weiß gehaltene Inneneinrichtung, sondern in Zusammenarbeit mit einer Marketingagentur auch den Namen Weissraum sowie die visuelle Kommunikation als ganzheitliches Konzept. Ziel war es dabei, die zahnästhetische und -chirurgische Spezialisierung des Arztes hervorzuheben, zugleich aber auch die Funktion des „Zahnarztes um die Ecke“ zu vermitteln. Das Ergebnis ist „Deutschlands schönste Zahnarztpraxis“, zu der die Designpreis-Jury des Fachmagazins ZWP, Zahnarzt Wirtschaft Praxis, Weissraum kürzlich kürte.
Nach einer aufwändigen Restaurierung zählt das Jugendstilgebäude aus dem Jahre 1902, in dem sich die Praxis befindet, inzwischen zu einem der repräsentativsten Altbauten in München-Neuhausen. Aufgabe der Architekten, die zwar bereits Projekte im Gesundheitsbereich realisierten, jedoch nie zuvor eine Zahnarztpraxis gestalteten, war es, eine moderne Praxis zu konzipieren, die aber den historischen Baubestand, wie zum Beispiel die sehr hohen, stuckverzierten Decken, behutsam integriert.
Nomen est omen
Der Name Weissraum, den Ippolito Fleitz gemeinsam mit der Agentur Skalecki entwickelte, steht somit einerseits für Gesundheit und Reinheit, zum anderen kann der Patient bereits erahnen, was ihn in den Praxisräumen erwarten wird: Wände, Decke und große Teile der Inneneinrichtung erstrahlen fast vollständig in der Farbe Weiß. Auch die neuen Einbauten der gesamten Praxis sind durchgehend in der weißen Nichtfarbe gehalten und werden lediglich durch vereinzelte goldene Flächen akzentuiert. Diese Einbauten ersetzen den einstigen Wandverlauf der Wohnung und setzen sich durch ihre kubische Formensprache von der ornamentierten Decke ab. Eine durchgehende Glasfassade trennt den Empfangsbereich von den Behandlungsräumen.
Diskretion durch Spiegel und vergoldete Wände
Um die Diskretion zu wahren, sind diese selbstredend nicht vollständig durchsichtig belassen, sondern zu den Behandlungsräumen hin mit einem Spiegelraster bedruckt, das sich als Verlauf über die Glasfront zieht. Auf der nach innen liegenden Seite ist das Raster, das sich in der Mitte verdichtet und sich nach oben und unten hin auflöst, punktgenau mit weißem Lack überdruckt worden. Durch die Auflösung des Musters an den oberen und unteren Enden der Glasfront erreichten die Architekten, dass sowohl die Stuckornamente als auch der weiße Eichenboden weiterhin fast durchgehend sichtbar bleiben. Viele Patienten geraten außerdem bereits beim Geräusch des Bohrers in schiere Panik, sodass der akustischen Diskretion in den Praxisräumen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukommt. Dies lösten die Architekten durch eine vergoldete Rückwand aus HPL, einem mit weiteren Baustoffen verpressten, etwas dickeren Laminat. Diese ziert ein florales, per Lochbohrung aufgetragenes Motiv, das mit einem schwarzen Fließ hinterlegt ist. An die Behandlungsräume schließt sich der ehemalige Salon an, der zum Warteraum umfunktioniert wurde. Der helle Raum wird durch eine in violett gehaltene und indirekt hinterleuchtete Sitzgruppe farblich aufgelockert und vermittelt bewusst einen loungeartigen – und damit entspannten – Charakter.
Lichtstreifen als Synonym für Zahnreihen
Dass dies alles nicht klinisch und kalt wirkt, ist neben den dekorativen Elementen und dem Holzboden vor allem der Beleuchtung zu verdanken. Auch bei der Lichtplanung stand das Motiv schöner Zähne im Vordergrund. Die Grundidee basierte auf sich regelmäßig wiederholenden Elementen als Synonym für eine Zahnreihe, was sich besonders in den sich in bestimmten Abständen vertikal eingelassenen Lichtstreifen an den Wänden im Flur zeigt. Auch die Decke wird von in ähnlicher Symmetrie integrierten Lichtleisten der Firma XAL erhellt. Grundsätzlich galt bei der Lichtplanung, dass sich die Beleuchtung dezent in die Innenarchitektur einfügen müsse. Daher sind alle Lichtleisten flächenbündig eingelassen, es sind keine Übergänge zu erkennen. Dekorative Leuchten finden sich in den Behandlungsräumen und dem Warteraum in Form von Stand- sowie runden, tellerförmigen Deckenleuchten. Diese sind von Ippolito Fleitz entworfene Sonderanfertigungen, die exklusiv von Peters Design und Lichtlauf München für die Praxis Weissraum produziert wurden.
Am 21. Juni 2010 eröffnete Dr. Matthias Fiebiger seine Praxis an der Nymphenburger Straße, vier Monate später kann er sich bereits über einen Designpreis und die Auszeichnung als schönste Praxis freuen. Und wer nun hinter Weissraum eine ausschließlich Privatpatienten vorbehaltene zahnästhetische Praxis vermutet – weit gefehlt: Als „Zahnarzt um die Ecke“ sind in der Praxis Weissraum auch alle Kassenpatienten willkommen.
FOTOGRAFIE Zooey Braun, www.zooeybraun.de
Zooey Braun, www.zooeybraun.de
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