Surfer-Food in Berlin
Gastronomisches Konzept mit California-Feeling von Ester Bruzkus
Partner: Pedrali
Berlin und Los Angeles verbindet weit mehr als das gleiche Wappentier. Aus Kalifornien stammt ein gastronomisches Konzept, das nun inklusive Fernweh-Faktor und Summer-Vibes auch in Berlin-Mitte zu genießen ist. Das Interior liefert Ester Bruzkus, die hier ihre klare Handschrift hinterlassen hat.
Ein neuer kulinarischer Trend erreicht Berlin. Auf einer Welle, die von der US-Westküste über die quirlige Hauptstadt hereingeschwappt ist: die Poké Bowl – ein Gericht, das so unkompliziert wie unumwunden zufriedenstellend ist. Ihr Ursprung ist Hawaii. Surfer brachten das leichte, dennoch sättigende und vor allem leckere Rezept mit nach Kalifornien, wo die Bowl längst ernährungsbewusste Sportler und Kosmopoliten überzeugt.
Der Name des kürzlich von den Berliner Neugastronomen Laura Eckrodt und Asif Oomer eröffneten Restaurants bringt es auf den Punkt: L.A. Poké. „Wobei da auch die Initialen unserer Vornamen herauszulesen sind“, erzählt Laura Eckrodt beim Besuch. Der Bezug zu Kalifornien beziehungsweise Hawaii hat natürlich die bedeutendere Rolle, auch gestalterisch. Für das Interior hat das Paar die Berliner Architektin Ester Bruzkus beauftragt. „Wir haben uns vor Jahren einmal kennengelernt und ich wusste, wenn ich irgendwann einmal einen Laden haben sollte, dann wird Ester ihn einrichten“, erinnert sich die Inhaberin.
Das Konzept der Architektin kennt wie die Poké Bowl selbst vor allem einen Begriff: Summer Feeling. Betritt man den Laden, wähnt man sich in anderen Sphären. Naturstein, mehrere Nischen, die durch Rundbogeneinschnitte und kleine Fensteröffnungen miteinander verbunden sind, machen den Ort zu etwas, das gar nicht an Berlin erinnern will. Farblich haben sie das Interior zweigeteilt, erklärt Ester Bruzkus: unterhalb einer Horizontlinie kühlere Töne in Blau, Weiß und Edelstahl und darüber, einschließlich der Decke ein Pfirsichrosa. Verwendet wurden dafür die Le-Corbusier-Farben outremer pâle, ein helles Ultramarin, und terre sienne claire 31, ein lehmig, sehr weicher Ton, der für sommerlich leuchtende Mauern steht, wie die Architektin erklärt. Als Tag am Pool sei die Kombination durchaus bildhaft zu verstehenden.
Aus Stahlrohr und Polstern in kräftigem Yves-Klein-Blau (Textil von Kvadrat), deren Steppung an Luftmatratzen erinnert, haben Ester Bruzkus Architekten eine lange Sitzbank geschaffen, die den Gastraum optisch eint. Runde Tische mit angeschnittenen Kanten lassen sich problemlos zu längeren Tafeln zusammenschieben. Und luftig-bequem wird es auf den Drahtstühlen Nolita des italienischen Herstellers Pedrali, die hier in Weiß zum Einsatz kommen. Vor dem Tresen bleibt Platz zum Warten, denn nicht selten kommt es zu kleineren Schlangen – wird jede Schale doch vor den Augen des Gastes nach Wunsch oder empfohlenen Zusammenstellungen zubereitet. Wer anschließend lieber im Halbstehen isst, setzt sich im hinteren Bereich auf Barhocker an den Tresen. Der Entwurf für den Tisch stammt ebenfalls von den Architekten: ein rotes Gestell und eine Platte aus italienischem Terrazzo, das schwarz mit großen weißen Marmorkieseln sehr besonders wirkt.
Palmen und Kakteen lassen jeden letzten Zweifel, dass man zumindest für einen Moment Berlin verlassen hat, verfliegen. In der hintersten Ecke deutet sich ein Gang an, der den Farbton der Bänke noch einmal aufgreift und zur Küche und den Toiletten führt – ein Akzent, mit dem die Architektin bewusst noch mehr Tiefe erzeugen will. Bruzkus bringt mit klug gesetzten Einschnitten, sparsamer Möblierung und kompromissloser Farbgestaltung einen Ort mit Sehnsuchtscharakter zustande. Es würde nicht überraschen, wenn sich im Hof tatsächlich das Meer oder wenigstens ein kleiner Pool befände. Doch statt aufs Surfbrett wird man wohl wieder aufs Fahrrad steigen müssen, um dann immerhin zum nächstgelegenen See zu gelangen.
Was steckt drin in der Bowl? Unverkennbar sind die japanischen Einflüsse, für die Hawaii bekannt ist: Sushi-Reis bildet die Basis, wahlweise Quinoa und Hirse, darüber mischen sich roher Thunfisch (Fangmethode: Leine) oder Lachs, beziehungsweise vakuumgegartes Hühnchen je nach Gericht mit Zutaten wie Edamame, Algen, Gurke, Avocado, Sojasprossen, Ingwer oder Kimchi und diversen Soßen und Nüssen. Natürlich gibt es auch vegane Optionen. Im Winter sind saisonal angepasste Varianten denkbar. Ein Besuch empfiehlt sich außerhalb der Peak-Zeiten.
FOTOGRAFIE Jens Bösenberg
Jens Bösenberg