Über den Dächern von Taltal
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Taltal ist so eine Stadt, für die die Lagebeschreibung „am Ende der Welt“ erfunden zu sein scheint. An der Pazifikküste Chiles gelegen und umringt von kargem Gebirge und einer Wüste, gibt es nicht viele Gründe, sich in diese Region zu verirren. Ein Grund ist nun hinzugekommen: die neue Stadtbibliothek vom Architekturbüro Mur&uactue;a-Valenzuela aus Santiago de Chile – jetzt schon ein Wahrzeichen der kleinen Fischerstadt und eine Attraktion für die Bewohner.
Der Neubau liegt am zentralen Platz der Stadt, in unmittelbarer Nähe des ebenfalls erst vor kurzem modernisierten Theaters. Die beiden Kulturstätten sind Teil einer gesellschaftspolitischen Mission der Verwaltung Taltals: Für die wachsende Einwohnerschaft sollten städtebauliche Identifikationsfaktoren entstehen. Mit dem Wettbewerb zum Bau der Bibliothek sah man die Chance auf eine moderne Ergänzung der Stadtlandschaft und einen Impuls für die abgelegene Region.
Best of Taltal
Das Stadtbild ist geprägt von niedrigen, mit Wellblech gedeckten Hütten, die aussehen wie eine wild zusammengestellte Collage verschiedenster Materialien, Farben und Formen: das Abziehbild einer südamerikanischen Stadt. Die Architekten suchten sichtbar nach dem genius loci Taltals und spielten mit den Motiven seiner Umgebung – das Dach ist ebenfalls aus Wellblech gebaut und die Beton-Fassade wurde mit Ornamenten versehen, die in ähnlicher Art und Weise an verschiedenen Gebäuden der Stadt auftauchen, unter anderem im Inneren des benachbarten Alhambra-Theaters. Der Beton wurde farblich so gemischt, dass sich die Oberfläche stets anders darstellt und an die rostroten Dächer der umliegenden Häuser erinnert: Die Fassade sieht in ihrer leicht changierenden Oberfläche aus wie ein altes, etwas verwittertes Fabrikgebäude.
Eine Krone für die Stadt
Die Bibliothek erstreckt sich über drei Geschosse, ist damit höher als die meisten anderen Gebäude von Taltal und prägt so die Silhouette der Stadt. Die Höhenunterschiede bedingten auch eine Gestaltung der beiden Längsseiten mit immerhin 40 Metern Länge, da sie aus der Dachlandschaft herausragen und so von fast jedem Punkt in der Stadt zu sehen sind. Neben dem dreidimensionalen Muster, das sich über die Fassade zieht, knickt diese immer wieder nach innen ein, um Licht in das Gebäude zu lenken. Die Architekten planten die Bibliothek fast ohne Fenster, das Licht sollte nur gefiltert von oben in die Räume gelangen, um eine blendfreie Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Die Dachform spielt mit der Typologie des Schrägdachs und mäandert über die gesamte Länge des Hauses – im Inneren erhöhen sich dadurch die Räume der oberen Etage auf mehr als doppelte Größe und tauchen die Lese- und Arbeitsbereiche in einen weißen Lichtschleier.
Das Licht wird über die großen Dachgauben ins Innere des Gebäudes gelenkt und gelangt über Rücksprünge in den Geschossplatten bis in die unterste Ebene. Ein Patio trennt den öffentlichen Eingangsbereich vom Hauptgebäudeteil mit den Arbeitsplätzen der Biblioheksangestellten und bietet den Besuchern im Sommer eine schattige Oase zum Stöbern und Lesen der Bücher an.
Schatten als Ornament
Die Böden sind mit hellen, sandgestrahlten Fliesen verkleidet, die Wände und Decken wurden weiß verputzt – nur die Lichtschächte sind von innen mit Holzlatten verkleidet, in ihnen sitzen vereinzelt Pflanzen. Die Räume bleiben auf diese Weise klar und angenehm hell, ohne zu blenden, und erzeugen eine perfekte Arbeitsatmosphäre. Das einzige Ornament bilden die Bücherregale mit den schräg gekippten Trennwänden und der Lichtwurf der Dachfenster, deren diagonale Rahmung ein Rautenmuster auf die Wände der obersten Etage projiziert. Im Mittelpunkt steht an diesem Ort ganz klar das, wofür das Haus gebaut wurde: das Buch.
FOTOGRAFIE Macarena Alvarez
Macarena Alvarez
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