Projekte

(Un-)heimliche Treppen

Im spanischen Cintruénigo strukturieren Treppen den Wohnraum – und verstecken kleine Highlights.

von Nina C. Müller, 04.09.2015

Ein Wohnhaus in der spanischen Region Navarra erinnert mit seinen komplexen Treppenstrukturen ein wenig an die unmöglichen Treppenhäuser und optischen Täuschungen des niederländischen Grafikers M. C. Escher. Die Stufen, die bei ihm jedoch Verwirrung stiften sollen, düster und unheimlich wirken, lassen den von Rue Space realisierten, luftig-hellen Wohnbau strukturiert und intim erscheinen.

Zugegeben, im Vorbeigehen könnte man den Neubau der Architekten von Rue Space im nordspanischen Städtchen Cintruénigo fast etwas übersehen: Zwar überragt er weit die niedrigen Dächer der umliegenden Häuschen, und auch seine helle, glatte Kunststofffront blitzt – zwischen alten Tonziegeln und Steinmauern – dezent hervor. Von der Straße aus betrachtet, ist das insgesamt 150 Quadratmeter große Gebäude jedoch gerade einmal sechs Meter breit, womit es sich kaum von der Nachbarschaft unterscheidet. Lediglich die stufenförmig angelegte Fassade lässt die außergewöhnliche Tiefe von 25 Metern erahnen.

Zick-Zack-Zitat
„Die neue Konstruktion behält die ursprüngliche Sequenz von Haus, Hinterhof und Stall bei“, sagen die Architekten Raul Montero und Emilio Pardo. So teilten sie das Grundstück in einen straßenseitigen Wohnbereich, einen kleinen Patio im Inneren und einen etwas niedrigeren Gästebereich im hinteren Drittel. Auf dem Dach dieses kleineren, separaten Gebäudes bauten sie – kaum sichtbar und nur durch eine extra dafür integrierte Wendeltreppe erreichbar – einen winzigen, fast geheimen Pool ein, der mit seiner kantigen Form die spitzen Vorsprünge des Vorderhauses zitiert.

Treppenhaus
Auch im Inneren des Haupthauses spielt die Treppe eine maßgebliche Rolle. Hier sind die einzelnen Zimmer nicht, wie gewöhnlich, auf einer oder wenigen großflächigen Etagen angesiedelt und untereinander durch Türen verbunden. Stattdessen richteten sie die Architekten vertikal aus, wodurch jeder Raum zu einem eigenen Stockwerk wird. Was andernorts der Flur ist, ist hier das Treppenhaus. Wie an einer Schnur aufgehängt, gruppieren sich die Räume so jeweils an zwei Seiten der zentralen Treppe, die sich einem Rückgrat gleich – vom Keller bis ins oberste Stockwerk – durch das gesamte Gebäude zieht und es in sechs Niveaus untergliedert. Wohnraum hoch drei
Diese mäandernde Anordnung der Räume erlaubte es den Architekten, jedem Wohnbereich eine individuelle Höhe zu geben. So erstrecken sich Küche und Wohnraum mit doppelter Raumhöhe weit nach oben, die anderen Zimmer gestalten sich kompakter und intimer. „Wir dachten das Haus nicht in Quadratmetern, wie sonst, sondern in Kubikmetern“, so die Planer. Auf diese Weise schuf das Duo eine Balance aus Offen- und Geschlossenheit, die durch die Zwischenräume des Treppenhauses entstehen. Schlafzimmer und Bäder fanden zudem weiter oben im Gebäude ihren Platz, was ihnen mehr Privatsphäre gibt.

Strahlend schön
Ein Gefühl von Zurückgezogenheit versuchten Rue Space auch mit den schlichten, aber effektvollen Materialien wie Beton, Textil oder Kunststoff herzustellen. „Die transluzenten Fassadenplatten lassen viel natürliches Licht ins Innere, schützen aber zugleich vor Blicken von außen“, so Montero und Pardo. Einen ähnlichen Effekt haben die weißen Vorhänge, die etwa vor der großflächigen Verglasung in der Küche Verwendung finden. Als Abtrennung eines offenen Kleiderschranks verleihen sie dem Schlafbereich optische Ruhe. Im gesamten Wohnraum hingegen sorgen sie für einen charmanten Kontrast zu Böden, Wänden und Decken.

So entsteht ein poetisches Spiel aus massivem, schwerem Beton und leichtem, luftigem Textil. Außerdem kann das einfallende Licht damit effektvoll reguliert werden. Bei Nacht hingegen strahlt es in umgekehrter Richtung von innen nach außen. Dann erscheint die Fassade wie das Papier eines Lampions.

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Links

Projektarchitekten

Rue Space

www.ruespace.com

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