Vater-Sohn-Bude in Paris
Viel Platz auf wenig Raum: In diesem kleinen Apartment hat Interiordesigner Glenn Medioni einiges untergebracht.
Wer in Metropolen wie London oder Paris wohnt, kennt den Kampf um jeden Quadratzentimeter Wohnraum. Je gefragter eine Lage, desto höher der Preis – und umso begrenzter der Raum. Was für bundesdeutsche Verhältnisse winzig wirkt, ist für Pariser riesig. Dem Interiordesigner Glenn Medioni ist es gelungen, für einen Vater und seinen Sohn in einer beliebten Pariser Nachbarschaft so viel wie möglich auf wenig Fläche unterzubringen.
Wenn im Sommer die Sonne über der Stadt glüht, ist man in Paris dankbar für jeden Park und jede schattige Bank am Seine-Ufer. Der kurze Weg ins Grüne ist da Gold wert, im wahrsten Sinne. Und so wundert es nicht, dass die Menschen hier – wenn sie nicht als Adlige in geerbten Riesenwohnungen leben – mit wenig Raum auskommen müssen. Ein Beispiel ist dieses Apartment, das der Pariser Interiordesigner Glenn Medioni im 19. Arrondissement eingerichtet hat. Es liegt in unmittelbarer Nähe zum Parc des Buttes-Chaumont, einer pittoresken Großstadtoase mit See, Fels und kleinen Pavillons.
Viel Platz auf wenig Raum
Dass man aus wenig Raum großes machen kann, zeigt Glenn Medioni mit einigen gekonnten Eingriffen. Auf 70 Quadratmetern brachte er ein Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer, eine Küche und ein Bad unter – und das, ohne dass es eng wirkt. Gedacht ist die Wohnung für einen Vater und seinen Sohn, die sich beide viel Platz zum Wohnen und Spielen gewünscht haben. Die Zweckbereiche sollten dafür nur so groß wie nötig ausfallen. Ein ursprünglich zweiter Flur wurde zugunsten eines größeren Badezimmers mit Wanne eingespart, ein separates WC herausgerissen.
Kompakte Einrichtung
Betritt man die Wohnung, steht man einer Wand aus Holzlamellen gegenüber: Senkrechte Linien markieren die eigentliche Wand, diagonale Linien kennzeichnen die Türen zu den dahinterliegenden Räumen. Linkerhand des Eingangs geht es in die kompakte Küche, die in U-Form mit weißen Schränken und hellgrauen Marmor-Arbeitsflächen ausgestattet ist. Am Boden liegt dunkles Parkett. Auf eine Tür zum Wohnbereich wurde im Sinne der Raumwirkung verzichtet. Vielmehr wurden, statt Grenzen zu schaffen, Begrenzungen aufgehoben und die Tiefenwirkung verstärkt. An beiden Seiten des Durchgangs sorgt so ein halbtransparenter und von hinten beleuchteter Spiegel für Irritation, denn das Licht reflektiert sich in einen nicht vorhandenen Raum hinein.
Reichlich Stauraum
Im Wohnbereich liegen deutlich hellere Dielen. Neben neuen Möbeln stehen hier ein paar wenige Vintage-Gegenstände. Reichlich Stauraum steckt in der weißen, schwebenden Schrankwand, die sich ums Eck über eine gesamte Wand hinweg zieht. Gelbe, beleuchtete Regalfelder lockern die Fläche auf. Eine TV-Bank mit schräger Unterseite schließt das maßgefertigte Möbel ab. Und auch ein Arbeitsplatz befindet sich in der Konstruktion. Wirkt der Schreibtisch zunächst noch, als böte er keine Beinfreiheit, überzeugt er gleich eines Besseren. Die vermeintliche Schranktür ist eine Blende: Et voilà, hier lässt es sich sitzen.
Am Rande des großzügigen Raumes steht der Esstisch, beleuchtet von vier Pendelleuchten von &tradition. Optisch zusammengehalten werden Essbereich und Küche durch einen Balken an der Decke, dessen Oberseite eine indirekte Beleuchtung beherbergt. Hinter einer großen Schiebetür befindet sich das Schlafzimmer des Vaters. Dieses kann entweder nur durch die Wand aus Holzlamellen vom Wohnzimmer abgetrennt werden oder durch eine zweite dahinter liegende, bewegliche Wand. Am Badezimmer ist die Lamellentür von Milchglas hinterlegt. Das bringt Tageslicht in den schwarz gehaltenen Raum. Mit Abstand das freundlichste aller Zimmer ist das Kinderzimmer: Helle Möbel, teils blaue Wände und gelbe Schrankfronten bringen Leben in das Reich des Sohnes. Geschlafen wird hier im Hochbett.
Glenn Medioni ist es gelungen, eine kleine Wohnung – noch dazu mit so niedrigen Decken – mit allem Notwendigen auszustatten und doch dabei großzügig erscheinen zu lassen. Zwar steckt viel Maskulines in der Einrichtung, aber nicht ohne Liebe zum Detail. Größter Pluspunkt ist zweifelsohne die Lage: mitten in Paris und doch gleich im Grünen.
FOTOGRAFIE Pascal Otlinghaus
Pascal Otlinghaus