Warten zwischen Wahrzeichen
Dorothée Meilichzon gestaltet Pariser Flughafenterminal neu
Am östlichen Ende des Pariser Airports Charles de Gaulle liegt das überschaubare Terminal 2G. Das Gefühl von Behaglichkeit oder gar die Lust zu Verweilen kamen dort bislang nicht auf, denn sein Interior beschränkte sich auf das funktionelle Mindestmaß einer Abfertigungshalle. Nach zweijähriger Schließung wurde das Terminal nun wiedereröffnet und bietet seinen Passagieren eine geballte Portion an Pariser Savoir-Faire.
Anvertraut wurde das ambitionierte Projekt der Pariser Designerin und Innenarchitektin Dorothée Meilichzon, die sich in den vergangenen Jahren nicht nur mit so illustren Projekten wie dem Palazzo Experimental in Venedig oder dem Hotel Henrietta in London, sondern vor allem auch mit der Gestaltung von diversen It-Locations in der französischen Hauptstadt einen Namen machte. Auf ihre markante Handschrift – ein subtiles Zusammenspiel aus unterschiedlichen Stilrichtungen, Farben, Formen und diversen Zeitepochen – setzten nun auch die Betreiber des Pariser Flughafens Charles de Gaulle.
Lounge-Landschaft als Raumstruktur
Um auf den insgesamt 1.300 Quadratmetern des Terminals 2G für Behaglichkeit zu sorgen, gestaltete Dorothée Meilichzon offene, von Pariser Sehenswürdigkeiten inspirierte Lounge-Landschaften. Verweilen können Reisende nun zum Beispiel um eine Brunnenanlage, die der Fontaine Médicis im Jardin du Luxembourg nachempfunden wurde. Als Sitzmöglichkeiten stehen die ikonenhaften grünen Stühle bereit, die sonst in den öffentlichen Pariser Parkanlagen zu finden sind.
Pariser Szenen
Eine Ode an ihre architektonischen Wahrzeichen zollte Dorothée Meilichzon der Stadt in weiteren Bereichen des Terminals. So erinnert Grünspan-Patina an die oxidierten Kupferdächer der Opéra Garnier und eine freistehende Wand aus bogenförmigen Elementen an die ehemaligen Eingangstore der Metropole. Polster in Form von Röhren, die zu den typischen Wahrzeichen des von Renzo Piano entworfenen Kulturzentrums Centre Pompidou zählen, reihte die Innenarchitektin zu gemütlichen Sitzbänken aneinander. Eine ganz besondere Sitzgruppe gab sie zudem bei Jean-Marie und Marthe Simonnet in Auftrag, die in der Kunstszene nur unter dem Namen „Les Simonnet“ bekannt sind. Ihre s-förmige Sitzbank mit den drei deckenhohen Skulpturen soll an die Bänke unter schattenspendenden Bäumen in den Pariser Parks erinnern. Für das richtige Licht im Wartebereich sorgen unter anderem Hängeleuchten, die bei einer wahren Pariser Institution, nämlich auf dem Marché aux Puces, erworben wurden: Der Antiquitäten- und Flohmarkt eröffnete bereits 1885 im Norden der Stadt und ist damit der älteste Frankreichs.
Inspiration Flugverkehr
Um eine visuelle Verbindung zwischen den verschiedenen Raumatmosphären zu schaffen, installierte Dorothée Meilichzon entlang der Fensterfront des Flughafenterminals eine monumentale Freske mit Motiven, die eine Start- und Landebahn aus der Vogelperspektive zeigen soll. Der Gedanke an durchgängige Harmonie bestimmte aber auch die Stoffauswahl des Mobiliars: Das Traditions- und Textilunternehmen Maison Thévenon entwarf dafür eine Kollektion mit Hahnentrittmustern, die sich in verschiedenen Ausführungen und Farben durch den gesamten Wartebereich ziehen. Auf dem Stoffbezug mit dem Namen Plane Poule können aufmerksame Beobachter*innen sogar kleine Flugzeuge erkennen, die in den robusten Jacquard-Sitzmöbelstoff eingearbeitet wurden.
Dorothée Meilichzon machte den Anfang
Das im April 2022 fertig gestellte Projekt ist der Auftakt zu einer Reihe von weiteren ambitionierten Modernisierungsmaßnahmen im Hospitality-Bereich, die die Pariser Flughafenbetreiber in den kommenden Jahren realisieren möchten. Für diese hat Dorothée Meilichzon die Messlatte nun sehr hochgelegt, obwohl es bei ihrem Projekt auch einen Wermutstropfen gibt: Laut offiziellen Angaben des Flughafen sind 69 Prozent der Passagiere des Terminals 2G nur auf Durchreise und werden oft direkt von einem zum anderen Flugzeug gebracht. Wer also Zeit in Meilichzons Klein-Paris verbringen möchte, sollte seine Reise direkt dort antreten.
FOTOGRAFIE Karel Balas
Karel Balas
Projektname | Terminal 2G |
Bauherr | Groupe ADP |
Entwurf | Dorothée Meilichzon, Studio Chzon |
Nutzung | Flughafenterminal |
Fläche | 1.300 Quadratmeter |
Ort | Charles de Gaulle, Paris |
Fertigstellung | 2022 |
Textilbezüge | Thevenon |
Skulpturenbank | Les Simonnet |