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Das Bad in Gesellschaft und Architektur

von Katharina Horstmann, 14.12.2011


Wer die Entwicklung des Badezimmers von der funktionalen Nasszelle zum Lebensraum maßgeblich mitgestalten will, muss sein Produkt auch stets im Kontext von Raum und Architektur betrachten. Aus diesem Grund lud der Badhersteller Axor am 29. November 2011 ins Deutsche Architekturmuseum (DAM) nach Frankfurt ein. Unter dem Titel Badgespräche II diskutierte eine Expertenrunde die Frage: „Wie verändern sich die Anforderungen an das Bad, bedingt durch gesellschaftliche, demografische und soziale Veränderungen in unserer Gesellschaft?“ Dabei wurde deutlich, dass Bedürfnisse und Realität nicht unbedingt miteinander einhergehen.
 
 
Der offene Dialog mit Designern und Architekten hat bei Axor Tradition: Einerseits will Axor den Visionen innovativer Gestalter eine Plattform bieten und dabei in das „Bad der Zukunft“ schauen. Andererseits will man die Realität von Planern verstehen und neue Sichtweisen finden, die ebenfalls zu neuen Ansätzen und Lösungen für das Bad als Wohlfühlraum führen können. Um diesen Diskurs zu erweitern, hat die Designermarke von Hansgrohe im September 2011 die Badgespräche ins Leben gerufen, eine Diskussionsplattform, die Architekten die Möglichkeit gibt, sich mit dem Hersteller über ihre unterschiedlichen Perspektiven auszutauschen.
 
Beim Badgespräch I sprachen Claudia Meixner vom Frankfurter Architekturbüro Meixner Schlüter Wendt und Richard Grohe, stellvertretender Vorsitzender der Hansgrohe AG, über die Herausforderungen, die sich aus dem Bedeutungswandel des Bades für Architekten in ihren Projekten sowie für das Unternehmen Hansgrohe ergeben. Beim Badgespräch II – wie die Auftaktveranstaltung von Bauwelt-Chefredakteur Boris Schade-Bünsow moderiert – diskutierten der Hamburger Architekt Carsten Venus, Stephan Grünewald, Gründer des Rheingold Instituts für Marktanalysen in Köln, und Axors Markenleiter Philippe Grohe im Deutschen Architekturmuseum zum Thema „Das Bad in Gesellschaft und Architektur“.
 
Der Analytiker über Gewohnheiten und Träume
 
Die Diskussionsrunde begann mit einer Präsentation des Psychologen Stephan Grünewald. Seiner Ansicht nach ist das Bad ein multifunktionaler Raum und besitzt eine seelische Doppelung: Einerseits sei es ein Tollhaus und andererseits ein Tabernakel. Es sei Nasszelle als auch ein soziales Spiegelkabinett in einem, eine Identitätswerkstatt als auch stiller Rückzugsort. Vermehrt trete in der Gesellschaft der Wunsch zu einem Traumbad auf: einem Raum, in dem geträumt werden kann. In der Badentwicklung  sieht Grünewald zwei maßgebliche Trends: einerseits die Digitalisierung und andererseits das Bedürfnis nach Ursprünglichkeit – eine Tendenz, die insbesondere in Krisenzeiten auftrete und durch die verwendeten organischen Formen und natürlichen Materialien erkennbar sei. Die Digitalisierung hingegen stehe jedoch noch im Hintergrund und werde oft als Autonomieverlust oder eine Art „Waschstraßenentmündigung“ wahrgenommen. Wichtig sei es deshalb, die komfortsteigernde Technologie mit der Ursprünglichkeit zu vereinen, ohne dass sich erstere in den Vordergrund schiebe.
 
Der Hersteller über die Entwicklung des Badezimmers
 
Als zweiter Sprecher folgte Philippe Grohe, der dem Publikum in seinem Kurzvortrag zunächst einen groben Überblick über die Entwicklung des Badezimmers in den vergangenen 4.000 Jahren verschaffte und sich dann auf das letzte Jahrhundert konzentrierte, in dem eine „Demokratisierung“ des Badezimmers stattgefunden habe. Ende der 1920er Jahre hatte es in Deutschland eine Vorschrift gegeben, die besagte, dass jeder Neubau ein eigenes Badezimmer haben sollte – Ende der 1970er Jahre war es dann endlich soweit: Jede durchschnittliche deutsche Wohnung besaß einen separaten Waschraum. Seitdem liegt der Fokus der Badentwicklung auf Gesundheit und Wellness – weg von der Nasszelle und hin zu einem Lebensraum, der als Rückzugsort dienen kann, insbesondere in einer Gesellschaft, in der das Leben nicht mehr durch Jahreszeiten geprägt ist, sondern durch „24/7“: die ständige Erreichbarkeit. Aus diesem Grund hat sich in den letzten Jahren auch ein neues Badezimmer-Layout entwickelt, besonders anschaulich zeigt das der Mailänder Architekt und Designer Antonio Citterio mit seinem Entwurf für Axor: Anders als in der klassischen „Nasszelle“ teilt es sich in einen geschlossenen Bereich mit Dusche und Toilette und einen offenen Bereich auf, der Badewanne, Waschbecken und auch wohnliche Elemente wie Hocker oder Sessel beinhalten kann oder gar mit dem Schlafzimmer verbunden ist.

Ähnlich wie schon Stephan Grünewald zuvor verfolgte auch Philippe Grohe in seiner Präsentation einen multifunktionalen Ansatz und sah das Bad als einen Raum der großen Gegensätze, die sich jedoch nicht mehr ausschließen: ein Ort der Pflege und Geborgenheit, aber auch ein offener Raum; ein Ort zum Aufwachen, aber auch zum „Runterkommen“ ,funktional und emotional, intim und zur gemeinsamen Nutzung, geschlossen und in andere Räume übergehend.
 
Der Planer und die städtebauliche Entwicklung
 
Dem gegenüber vertrat Carsten Venus vom Hamburger Büro blauraum architekten die planerische Perspektive und sprach über Demografie, Verstädterung und Umnutzung alter Bausubstanz. Er präsentierte das Forschungsprojekt Redevelopment und zeigte neue Möglichkeiten auf, unrentabel und unfunktionell gewordene innerstädtische Bürogebäude aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren neu zu nutzen und in Wohnraum umzuwandeln. Diese Entwicklung – eine Art Cradle-To-Cradle-System – werde zum einen durch eine steigende Wohnungsknappheit in wirtschaftlich starken Ballungsräumen begünstigt, als auch durch neue Mechanismen der finanziellen Realisierung innerhalb der Immobilenwirtschaft ermöglicht. Bei der Badgestaltung stelle die sparsame Herangehensweise der Bauherren, insbesondere von Investoren ein Problem dar: In der Regel werden dem Badezimmer auch weiterhin nur wenige Quadratmeter zugestanden, und es bleibt ein funktionaler Raum. Somit bleibe die Umsetzung der „Traumbäder“, von denen Stephan Grünewald und Philippe Grohe sprachen, schwierig.
 
Wichtig sei im Allgemeinen, dass bei einem Entwurf immer Veränderungen mit eingeplant und anpassungsfähige Räume gestaltet werden. Zum Beispiel möchte niemand von Anfang an ein barrierefreies Badezimmer besitzen. Es sollte aber die Möglichkeit geben, wenn es an der Zeit ist, den Raum unkompliziert umbauen zu können. In diesem Sinne sei Transparenz unerlässlich, und Informationen – insbesondere in Zeiten der Digitalisierung – sollten leicht zugänglich sein. Zum Beispiel sollten Bauteile notiert werden, damit bei einem späteren Umbau die verwendeten Materialien leicht verständlich sind, die zum Beispiel im Fußbodenaufbau oder in der Wand stecken. Hilfreich wäre dies auch von Seiten der Sanitärhersteller: Produkte für den Käufer transparent zu gestalten.
 
Der Raum der Gegensätze und die Gesellschaft
 
Die während der Veranstaltung gehaltenen Vorträge zeigten, dass das Bauen nicht so schnell wie die Entwicklung unserer Gesellschaft ist. Durch die Verstädterung steigt in den Städten der Bedarf an Wohnraum. Aus diesem Grund müssen neue Wohnformen entstehen, die flexibel und individualisierbar sind – darin war man sich einig. Es sind Aspekte, die auch bei der Badgestaltung eine wichtige Rolle spielen: Um die geforderten Traumbäder mit den neuen Grundrissen leicht realisieren zu können, bedarf es flexibler Sanitärprodukte, wie beispielsweise modular aufgebauter Waschplatzmöbel, die einfach zu installieren sind und sich nach funktionalen Gesichtspunkten in den Raum eingliedern.
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