Preisgekrönte Raumkonzepte
Hannes Peer gewinnt den Best of Interior Award 2022
Jährlich lobt der Callwey Verlag den Award Best of Interior aus. Er wird an Innenarchitekt*innen und Interiordesigner*innen verliehen, die Wohnungen oder Häuser mit herausragenden Einrichtungskonzepten zu inspirierenden Aufenthaltsorten umgestaltet haben. Der erste Preis ging in diesem Jahr an den Mailänder Architekten und Designer Hannes Peer.
Eine Fachjury wählte insgesamt 50 Beiträge aus allen Einreichungen aus. Ein Hauptpreis und vier Anerkennungen wurden speziell hervorgehoben. Zudem wurden 13 innovative Produkte als „Lösungen des Jahres“ ausgezeichnet. Erstmals wurde dieses Jahr auch ein Fotografiepreis verliehen. Alle Projekte und Auszeichnungen sind außerdem in dem Buch Best of Interior von Gesa Hansen und Ute Laatz zusammengefasst worden, das am 13. September 2022 erscheint.
Im vergangenen Jahr wurde Ester Bruzkus mit dem ersten Preis für das Berliner Penthouse Green Box geehrt. Die Wohnung verbindet Minimalismus mit Opulenz, ausdrucksstarke Farben, Formen und Muster mit reduzierter Eleganz. In diesem Jahr gehörte die Innenarchitektin zur sechsköpfigen Jury. Gemeinsam mit Pia A. Döll (bdia), May-Britt Frank-Grosse (Chefredakteurin baunetz interior|design, Johannes Hünig (Schöner Wohnen), Ute Laatz (Freie Redakteurin) und Johanna Neves Pimenta (md Interior Design Architecture) kürte sie die diesjährigen Gewinner*innen.
„Raum für Geschichte“ von Hannes Peer
Für ihre Wohnung im Mailänder Stadtteil Porta Romana wünschte sich eine Bauherrenfamilie einen Rückzugsort wie in den Bergen. Hannes Peer, der gerne versucht, vorhandene Strukturen zu erhalten, sollte bei diesem Projekt eine neue Raumaufteilung finden. Nach einem missglückten Umbau in den Achtzigerjahren musste nun ein neuer Ansatz her. Dem Architekten gelang eine „Zusammenführung vergangener Stilepochen mit dem sehr praktischen Nutzungsszenario einer vierköpfigen Familie im 21. Jahrhundert“, wie May-Britt Frank-Grosse in ihrer Laudatio auf den gelungenen Umbau erklärt. Hannes Peer fand einen besonderen Aufhänger für seine Gestaltung. Er griff das Thema „Palladiana“, das sich beim Bruchsteinmosaik im Eingangsbereich des Gebäudes zeigt, erneut auf und setzte es in der Wohnung in Form von Walnuss-Travertin noch einmal ein. Die lettische Heimat der Hausherrin spiegelt sich in mit Mahagoni-Pigmenten behandeltem Birkenholz wider, ihr italienischer Partner fand seine Entsprechung in einer Küche mit handbearbeitetem Messing und dunkelrotem Rosso-Levanto-Marmor. Einige der Möbel wurden nach Entwürfen von Hannes Peer gefertigt, andere sind Designklassiker oder Vintage-Stücke. Der Architekt schaffte eine „gewagte Mixtur aus unterschiedlichen Epochen, Mentalitäten und Regionen,“ so die Jurorin.
Juwel in New York
Das in Leipzig ansässige Studio Oink meisterte die Aufgabe, ein Wohnprojekt in einer anderen Zeitzone zu gestalten. In New York verwandelten Lea Korzeczek und Matthias Hiller eine enge, dunkle, kleine Fläche in einen hellen und großzügigen Wohnraum für eine Familie. Entstanden ist ein schnörkelloses, geradliniges Konzept auf 200 Quadratmetern, das sich vor allem durch viel Holz, zarte Pastelltöne, die Verwendung von wenigen Materialien, schlichten Armaturen und Accessoires deutlich abhebt. „Jewel 66 sticht durch die Leichtigkeit und Luftigkeit des Grundrisses und der Gestaltung sowie die Liebe zum Detail hervor“, schreibt Ester Bruzkus über das Projekt, das mit einer Anerkennung bedacht wurde.
Nahe am spanischen Himmel
Der Innenarchitekt Georg Kayser erfüllte einem Paar den Traum vom Leben über den Dächern Barcelonas. Auf einer Gesamtfläche von 120 Quadratmetern gestaltete er ein Apartment, das sich vor allem durch seine Details und seine gut durchdachten Elemente hervortut. Grund genug für eine Auszeichnung mit dem Best of Interior Award. Die Gewölbedecken, die typisch für den Baustil Anfang des 20. Jahrhunderts sind, legte der Gestalter teilweise frei. Ein großzügiges Fenster lässt nicht nur Tageslicht in das Apartment strömen, sondern schafft auch eine Verbindung zu einer Terrasse, die zum Verweilen einlädt. Bei kühleren Temperaturen sorgt ein offener Kamin auf einem Podest für mehr Behaglichkeit. Er stellt außerdem einen Bezug zum Sofa her, hinter dem nur eine Glastrennwand den Schlafbereich separiert. In der Küche herrschen Holz und Naturstein vor. Letzterer geht als monolithische Kochinsel in einen Esstisch über.
Japanisch in Berlin
Für ein 120 Quadratmeter großes Penthouse gab die Auftraggeberin dem Team von Carlo Berlin die volle Gestaltungsfreiheit. Sie brachte keine eigenen Objekte mit, dafür aber ein großzügiges Budget und nur eine Vision: Ein Apartment im japanischen Stil wünschte sie sich. Ruhe, Kontemplation und innere Einkehr sollten im Mittelpunkt stehen. Entstanden ist „keine manierierte Kulisse ähnlich einer Verkleidung, sondern eine lebensechte Stilwelt mit authentisch fernöstlichen Anleihen“, wie Ute Laatz das Projekt beschreibt. Die Tapete im Eingangsbereich huldigt dem sogenannten „Shinrin Yoku“, dem Waldbaden und Eintauchen in die Natur. Den Mittelpunkt des Penthouses bildet der Wohnraum mit offener Küche und japanischer Tee-Ecke. Dunkles Holz, gerade Linien und eine natürliche Farbigkeit bestimmen besonders hier das Interieur, ziehen sich aber auch durch die restliche Wohnung. Einbauten aus Nussbaumholz folgen ebenso der japanischen Tradition, einen Raum optimal zu nutzen.
Traditionsbewusste Nachhaltigkeit
In Oberbayern blickte das Büro Eham weit in die Vergangenheit, um aus einem über 400 Quadratmeter großen Bauernhof ein modernes Zuhause zu erschaffen. Ohne das Traditionsbewusstsein aufzugeben, planten die Architekt*innen mit nachhaltigen Materialien einen Hauptwohnsitz für alle Jahreszeiten, der im Einklang mit Natur und Umwelt stehen soll. Innerhalb der 250 Jahre alten Gebäudehülle, die 1985 abgetragen und am jetzigen Standort wieder aufgebaut wurde, treffen Alt und Neu in Harmonie aufeinander. Im Herzstück des Hauses, der Zirbelholzstube, wurde die 200 Jahre alte Einrichtung samt Kachelofen beibehalten, während auch eine Fußbodenheizung installiert und mit Schafwolle gedämmt wurde. Der Flachbildfernseher verschwindet hinter einem alten Gemälde, wenn er nicht genutzt wird. Ein Badezimmer mit zeitgemäßer Ausstattung und modernen Armaturen fand ebenso Platz wie ein rustikaler Wohnbereich mit einem Sofa auf einem Podest, von dem sich den Bewohner*innen ein atemberaubender Blick auf das nahegelegene Gebirge eröffnet.
Inszenierte Räumlichkeit
Schließlich wurde auch die Architekturfotografin Annika Feuss mit einer Anerkennung bedacht. Ihre Bilder fangen die wichtigsten Ideen eines Loftumbaus des Büros DIIIP in Köln ein. Gerade Linien, starke Farbkontraste und warme Oberflächen werden gekonnt in Szene gesetzt. Durch Komposition, Ausschnitt und Blickwinkel wird den Betrachter*innen ein gelungener Eindruck des Projekts vermittelt, der über eine rein zweckmäßige Dokumentation hinausgeht, so Johannes Hünig in seiner Laudatio.