Hochprozentig nachhaltig
Mathias Seiler über die Kollektion Incycle von Girsberger
Partner: Girsberger
Mit der Kollektion Incycle stellt Girsberger nicht nur ein Polstermöbelprogramm für agiles Arbeiten vor. Die neuen Produkte bestehen außerdem bis zu 95 Prozent aus gebrauchten und recycelten Materialien. Im Interview erklärt der Designchef Mathias Seiler, wie das funktioniert.
Wie kam es zu der Entwicklung von Incycle?
Vor drei Jahren haben wir beschlossen, dass wir bei zukünftigen Entwicklungsprojekten, soweit es irgend geht, Kreislauffähigkeit thematisieren oder realisieren wollen. Wir haben uns damals gefragt, wo der Effekt am größten ist, und sind zu der Überzeugung gekommen, dass das Thema gerade bei Sesseln und Sofaprogrammen besonders relevant ist, weil man es hier mit großen Materialvolumina zu tun hat. Das war eigentlich der Startschuss für Incycle.
Was war die größte Herausforderung dabei?
Während bei der Entwicklung unserer Drehstühle oft der Werkzeugbau lange Zeit benötigt, hat bei diesem Projekt vor allem die Materialfindung viel Zeit beansprucht. Es hat tatsächlich drei Jahre gedauert, bis wir all diesen Rezyklaten, die wir eingesetzt haben, auf die Spur gekommen sind. Man muss die Quellen zur Zeit noch sehr mühsam recherchieren und die Prozesse befinden sich vielfach noch in der Anfangsphase.
Woher stammen die recycelten Materialien?
Das ist ganz unterschiedlich. Zum Teil ist es Abfallplastik. Und im Falle des Polsterschaums sind es rezyklierte Matratzen und andere Schaumstoffprodukte. Hier gibt es bereits Unternehmen, die sich darauf spezialisiert haben. Für Abfallplastik entstehen momentan große Sortieranlagen. Sie werden in Zukunft dafür sorgen, dass es fast vollständig in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden kann. Wir befinden uns am Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft – und das ist auch wirklich notwendig.
Worauf mussten Sie bei der Materialauswahl achten?
Die Recyclingquote ist wichtig. Viele Anbieter benennen nicht wirklich den genauen Prozentanteil. Wir haben bei Incycle versucht, eine hohe Recyclingquote zu erreichen und sind letztlich bei 90 bis 95 Prozent gelandet – je nachdem, ob es der Pouf mit oder ohne Rückenlehne ist. Wir haben das genauestens ausgerechnet und ausgewiesen. Das ist die Besonderheit unserer Entwicklung.
In welchen Interior-Kontexten können Sie sich die Kollektion vorstellen?
Wir beobachten, dass zunehmend Möbel für informelle Kommunikation im Büro benötigt oder gewünscht werden, zum Beispiel für die Mittelzone. Der konventionelle Konferenzraum wird vielfach abgelöst durch Sofas und Sitzecken. Das ist ganz typisch für das neue Büro.
Inwiefern gehen Sie mit Incycle auf aktuelle Office-Trends ein?
Es ist inzwischen unbestritten, dass das Büro die Leute vor allem zusammenbringen und die Kommunikation fördern soll. Sie gehen gezielt ins Büro, um persönliche Begegnungen und Austausch zu haben. Vieles ist ja im Homeoffice möglich und das Homeoffice wird zur Zukunft der Büroarbeit sicherlich weiterhin dazugehören. Aber wenn die Menschen ins Büro gehen, dann erwarten sie eine hohe Aufenthaltsqualität. Daher kommt auch dieser Wunsch nach Wohnlichkeit im Büro. Und zum anderen gibt es eben den Wunsch nach persönlicher Interaktion und Austausch. Und dafür sind Soft-Seating-Bereiche besonders gut geeignet.
Die Elemente stehen auf Rollen, sind also sehr flexibel.
Raumsituationen lassen sich dadurch schnell verändern. Incycle ist ein aktives Arbeitsmöbel, das Kollaboration und Teamarbeit unterstützt. Und das erlaubt keine starren Strukturen. Da ist es hilfreich, wenn man Sitzkonfigurationen schnell verändern kann, um den situativen Anforderungen gerecht werden zu können. Beim Drehstuhl sind Rollen selbstverständlich, bei Sesseln noch nicht. Dabei ist das gerade im Arbeitskontext eine einfache, aber wichtige Idee.
Wie haben Sie die Farben ausgewählt?
Auch hier war uns mit der Kollektion „Grain“ von Gabriel ein Stoff mit einem möglichst hohen Recyklatanteil wichtig. In diesem Fall liegt er bei bis zu 92 Prozent und darüber hinaus umfasst die Farbpalette über fünfzig Farben. Damit kann man wunderbar arbeiten und attraktive Farbkombinationen realisieren.
Wie können die Möbel aus der Incycle-Kollektion am Ende ihres Lebenszyklus selbst recycelt werden?
Man braucht nur den Bezug abzunehmen. Darunter sind die einzelnen Materialien und Bauteile frei zugänglich. Man kann sie einzeln herauslösen und dem Wertstoffkreislauf wieder zuführen.
Planen Sie weitere Kollektionen aus Recycling-Materialien?
In allen unseren Designbriefings wird künftig stehen, dass möglichst weitreichende, kreislauffähige Materialkonzepte zum Tragen kommen. Das wird jetzt zur Selbstverständlichkeit werden. Nicht nur bei uns, sondern sicherlich auch bei anderen Firmen. Darüber hinaus werden wir auch unsere anderen Bemühungen um Nachhaltigkeit fortsetzen und weiter intensivieren. Schon seit 2015 produzieren wir an unseren Fertigungsstandorten klimaneutral. Und unser Geschäftsbereich Remanufacturing, mit dem wir schon seit mehr als 20 Jahren alte Möbel sanieren und aufarbeiten, ist sehr erfolgreich und wächst fortlaufend.
Weitere Informationen über die Materialeigenschaften und Einsatzmöglichkeiten von Incycle finden Sie hier: www.girsberger.com
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