Alles anders in Berlin
Pluralistisch: Ein Umbau von Karhard Architekten.

Es muss nicht immer alles aus einem Guss sein. Wie ein Interior mit Kontrasten gelingt, zeigt das Berliner Architekturbüro Karhard im Stadtteil Lichterfelde. Hier haben Thomas Karsten und Alexandra Erhard ein Einfamilienhaus umgebaut, in dem jeder Raum anders aussieht: mal grellgelb, mal minimalistisch in Beton, mal mit ungewöhnlichen Materialkombinationen.
Das Projekt fällt auf, weil hier verschiedene Stile harmonisch nebeneinander stehen. Das ist keinesfalls üblich, denn bei Planungen mit einem gewissen gestalterischen Anspruch und ab einem bestimmten Budget werden oft ähnliche Elemente – Materialien, Farben und Produkte – verwendet. Und das heißt für das Interior dann meist: Alles, was gut ist und teuer, aber auch schnell langweilig.
Etappensiege
Hier in Lichterfelde – einem der ältesten Villenviertel Berlins – ist alles anders. Allein durch die Tatsache, dass die Bauherren die Architekten in Etappen beauftragt haben. Das dreistöckige Haus wurde nämlich nicht in einem umgebaut, sondern Stockwerk für Stockwerk. Weil die Auftraggeber während des Umbaus nicht zuhause sein wollten, kam die Ausführung der Arbeiten jeweils nur in den Sommerferien in Frage, wie die Architektin schmunzelnd erzählt. Erst nahmen sich Erhard und Karsten das Obergeschoss mit den Schlafzimmern und dem Bad der Eltern vor, im Jahr darauf folgte das Dachgeschoss, das den Kindern vorbehalten ist. Größter Wunsch der Bauherren: ein großzügigerer Grundriss. Deshalb verwandelten Karhard Architekten viele kleine Zimmer in ein großes Ganzes.
Kein Bad wie das andere
Knallgelb sind Wände, Fußboden, Türen und Regaleinbauten im Flur des Dachgeschosses gestaltet. Die Bauherren hätten sich ihr Haus „lustiger“ gewünscht, erklärt die Architektin die ungewöhnliche Farbwahl. Vom Flur führen Türen in zwei Elternschlafzimmer, ein Büro und das weiträumige Badezimmer. Apropos Türen: Im gesamten Haus kommt das Türgriff-Modell 1023 von FSB in verschiedenen Oberflächenausführungen zum Einsatz. Entworfen von Johannes Potente, stand bei der Gestaltung die Ulmer Türklinke von Max Bill und Ernst Moeckl aus den fünfziger Jahren Pate. Größer könnte im Tageslichtdurchfluteten Badezimmer der Kontrast zur Schockfarbe des Flurs nicht sein, dominieren hier doch Materialien wie Beton und Holz, die sich in ihrer Farbigkeit sehr zurücknehmen. Der Raum wird unterteilt durch eine kubische Badewanne, die den WC-Bereich mit separatem Waschplatz von der dreiseitig gemauerten Dusche abgrenzt. Hinter der Duschwand befindet sich ein Waschtisch mit zwei Becken. Während Sanitärobjekte, Fliesen und ein Teil der Wände in verschiedenen Grautönen gehalten sind, setzten Karhard Architekten warmes Nussbaumholz als Kontrast ein: als Wandverkleidung, Sitzobjekte und als in die Waschtischplatte eingelassenes Stauraumelement. Wie im gesamten Haus sorgen Einbauschränke für genügend Stauraum.
Less is a bore
Das zweite Badezimmer im Obergeschoss – wo sich zwei Kinder- und ein Gästezimmer befinden – setzt auf die Farbe Grau: Wände und Fußboden sind mit kleinteiligen grauen Fliesen von Cinca verkleidet. Auch hier wird für einen Wow-Effekt gesorgt, allerdings mit deutlich weniger luxuriösen Mitteln als im Badezimmer des Dachgeschosses. Neben einigen weißen Elementen wie Waschbecken, Armatur von Kludi, WC und einem abgerundeten Spiegel bringen offen liegende, ornamental geschwungene Kupferleitungen einen gestalterischen Clou in das ansonsten schlichte Badezimmer. Ebenso wie zwei grellrote Akzente: ein Hocker und ein in die Wand eingelassenes Regal.
Kahard Architekten experimentieren bei diesem Projekt mit dem, was möglich ist im Interiordesign. Insbesondere mit Farben, Materialien und maßgefertigten Einbauten. Und auch wenn das Ergebnis sehr pluralistisch anmutet – in sich ist jeder Raum stimmig. Man darf gespannt sein, was noch kommen wird im nächsten Jahr. Denn dann steht der Umbau des Erdgeschosses an.
FOTOGRAFIE Stefan Wolf Lucks
Stefan Wolf Lucks
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