Schmucke Kästen
Côte d’Azur? Waldstetten-Wißgoldingen! Bewohnbarer White Cube in der baden-württembergischen Provinz.

Côte d’Azur? Waldstetten-Wißgoldingen! Das Haus des Schmuckdesigners Georg Spreng überrascht mit architektonischer Strenge, die geschickt durchbrochen wird. Man nehme: ineinandergeschobene Kuben, die mit quadratischen Fliesen verkleidet sind. Ein Patio mit Gingkobaum und ein azurblauer Swimmingpool. Gleißendes Weiß, das auf Neonfarben trifft.
In der tiefsten baden-württembergischen Provinz hat das Stuttgarter Architekturbüro Kaestle & Ocker ein schneeweißes Haus gebaut. Direkt in den steilen Hang hinein, mit nahezu unverbautem Blick weit über die Schwäbische Alb. Auffälligstes architektonisches Merkmal ist die klare Gliederung der Gebäudeteile, die auf 615 Quadratmeter Fläche zwei Ebenen umfassen. Der Bauherr Georg Spreng – Industriedesigner und Mitgründer von frogdesign – arbeitet seit einigen Jahren als Schmuckdesigner und hatte sich für seine Familie ein Wohnhaus mit Atelier gewünscht.
Aufgelockerte Strenge
Während das streng geometrische Haus mit einer Fassade aus weißen, quadratischen Fliesen von der Straße her gesehen sehr verschlossen wirkt, ist es auf der Gartenseite offen und hell. Wie zwei U-förmige Bügel sind die beiden Geschosse übereinander gestapelt und legen sich um einen verglasten Patio mit Gingkobaum. Sämtliche Räume sind nach Südwesten ausgerichtet und verfügen über raumhohe (Schiebe-)Türen mit schmalen Alurahmen. Weite Dach- und Mauervorsprünge scheinen die Landschaft zu rahmen und dienen der architektonischen Inszenierung. Ebenso wie der langgestreckte Pool, der effektvoll mit einem silbrig glänzenden Vorhang – wie man ihn normalerweise zum Verdecken von Baugerüsten kennt – verschlossen wird. Auf glatte Wege und Terrassen im Außenraum haben die Architekten verzichtet und stattdessen groben Kies verstreut, was der Geometrie ihre Strenge nimmt.
Im Innenraum steht das Thema Licht im Fokus des Architekturkonzepts. Decken und Wände sind ganz in Weiß gefasst, während der Fußboden in hellem kanadischem Birkenholz gehalten ist. Auffällig sind die vielen Oberlichter, von denen das größte viel Licht auf den Küchenraum lenkt. Die Küche selbst ist in ihrer Anordnung klassisch gehalten: Ein massiver Küchenblock mit zwei Spülbecken, Induktionskochfeld und Downdraft-Haube wird hinterfangen von einem raumhohen Schrank, der neben Stauraum auch die Elektrogeräte birgt. Die Geräte von Miele sind symmetrisch eingebaut und schaffen optische Ruhe. Als Übergang zum Essbereich, der über raumbreit angelegte Stufen erschlossen wird, dient ein offenes (Buch-)Regal. Esstisch und Stühle sind von drei Seiten von Glastüren umgeben, sodass man das Gefühl hat, mitten in der Natur zu sitzen. Der Clou der Küche – das Programm Avance-LG des Küchenherstellers Leicht aus Waldstetten – ist die Arbeitsplatte des Küchenblocks. Sie besteht aus Glas und ist in auffälligem Schwefelgelb getaucht, was einen schönen Kontrast zu den hochglänzenden, grifflosen weißen Fronten ergibt. Überhaupt mag Georg Spreng farbige Solitäre – das zeigen auch die knallgelbe Sitzbank im Entree oder das in sattem Violett-blau gestrichene Treppenhaus.
Das Architekturbüro Kaestle & Ocker hat ein Haus gebaut, das großzügig und luxuriös ist, ohne aufgesetzt zu wirken. Große Fensterfronten und runde Oberlichter bringen viel Licht und die umgebende Landschaft ins Innere – unterstützt durch weiße Wände, Decken und Möbel. Hin und wieder eingesprenkelt: farbige Akzente. Das Haus erinnert frappant an Georg Sprengs Schmuckkreationen. Seine Ringe, Ketten und Armreife sind zwar schlicht in der Form, sorgen mit ihren farbintensiven, oftmals sehr großen Edelsteinen jedoch immer für einen Aha-Effekt.
FOTOGRAFIE Brigida Gonzalez + Leicht Küchen
Brigida Gonzalez + Leicht Küchen
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