Ästhetik trifft Funktion
Küchenoberflächen und -materialien im Fokus

Eine Küchenarbeitsplatte muss einiges aushalten und sich zugleich harmonisch in die Umgebung einfügen – besonders bei offenen Grundrissen. Fünf internationale Beispiele zeigen, wie das gelingen kann.
Offene Grundrisse lassen die Küche zu einem Teil des Wohnraums werden. Das stellt neue Ansprüche an die Ästhetik. Sie muss mit Polstermöbeln und Sofatischen harmonieren und dennoch Dampf und scharfen Messern trotzen. Besonders hoch sind die Anforderungen an die Arbeitsplatte. Sie ist das zentrale Element jeder Küche: Hier wird geschnitten, angerichtet und wohlmöglich sogar serviert. Ihre Optik sollte im Einklang mit Möbeln und Einbauten stehen. In den vergangenen Jahren haben neben Klassikern wie Holz und Marmor viele weitere Materialien Einzug in die Küche erhalten wie fünf internationale Beispiele zeigen.
Insel aus Edelstahl
Köche wissen die Eigenschaften von Edelstahl zu schätzen. Robust, hygienisch und langlebig erfüllt das Material alle Anforderungen professioneller Küchen. Für private Wohnungen galt es allerdings lange als zu kühlt und industriell. Das Interiordesignbüro VAUST zeigt in Berlin mit seinem Projekt RPA19, wie sich Edelstahl in eine offene Küche integrieren lässt. In einer Wohnung im Stadtteil Karlshorst kombinierten sie das Material mit Fronten aus Ulmenholz. Fast scheint die Kücheninsel auf einem Holzsockel zu schweben. Ihre skulpturale Präsenz korrespondiert mit einer vertieften Nische, in der die Spüle sitzt. Sie ist ebenfalls mit Edelstahl ausgekleidet und umrahmt von maßgefertigten Schränken. Dieses Wechselspiel von Masse und Leere passt zur historischen Substanz des Hauses. Am Ende seines Lebenszyklus lässt sich Edelstahl gut recyceln. Planende haben die Wahl zwischen matten und gebürsteten Oberflächen. Wer sich für eine strukturierte Oberfläche, zum Beispiel in Leinenoptik entscheidet, hat weniger Probleme mit Kratzern.
Eiche trifft Quarzit
Aus massivem Eichenholz besteht die Küche des Projekts von Büros O’Sullivan Skoufoglou Architects (OSSA) in Berlin. Wie ein roter Faden zieht sich die Wahl des Materials durch das Einfamilienhaus, das das Londoner Büro um zwei Stockwerke in die Höhe erweiterte. Dafür arbeitete die Gestalter*innen mit einem Fertighaushersteller zusammen, der vorkonstruierte Bauelemente aus Holz lieferte. Auch in der Innenraumgestaltung ist Holz das vorherrschende Material. In der Küche setzen die maßgefertigten, dunkelgrün gebeizten Wandschränke und die Küchenarbeitsplatte aus smaragdgrünem Quarzit einen Kontrast. Der Naturstein besteht vor allem aus Quarz. Dadurch ist er sehr hart und widerstandsfähig. Die dichte Oberfläche lässt sich leicht reinigen. Seine zarte Maserung erinnert an Marmor.
Gespiegelter Granit
Eine 80 Quadratmeter große Wohnung im baskischen San Sebastián hat Ismael Medina Manzano von ihrem kleinteiligen Grundriss befreit. Statt gerader Linien setzt er auf geschwungene Formen. Ein fast durchgehend gespiegelter Küchenblock schließt sich an eine konkave Wand an, die den sozialen Mittelpunkt des Appartements bildet. Als Arbeitsfläche dienen wiederverwendete Granitplatten. Das aus Quarz und Feldspat bestehende Naturgestein zeichnet sich durch eine hohe Festigkeit aus. Nicht umsonst heißt es „auf Granit beißen“, wenn jemand nicht weiterkommt. Scharfe Messer und heiße Töpfe können der Oberfläche wenig anhaben. Die von sich aus porenarme Oberfläche wird durch eine zusätzliche Versiegelung noch robuster gegen Bakterien, Schmutz und Schimmel. Farblich bietet Granit eine große Varianz, die von Hellgrau bis hin zu Grün- oder Gelbtönen reicht. Ismael Medina Manzano wählte ein Salz-Pfeffer-Muster, das sich über die umliegenden Spiegel zu reproduzieren scheint.
Helle Härte aus Sinai-Pearl-Kalkstein
Das Einfamilienhaus Sint Amands erhielt durch den Umbau des belgischen Architekturbüros Max Luciano Geldof ein ganz neues Antlitz. Die Planenden öffneten den Bau mit großen Fenstern zum Garten und platzierten die Küche zentral im Erdgeschoss. Dort wiederholt sich die Materialkombination der Fassade, bei der sich verputzte Flächen mit Holzelementen abwechseln. Messingleuchten setzen warme Akzente. So wirkt der offene Raum hell, aber nicht kühl. Sinai-Pearl-Kalkstein als Arbeitsplatte bildet einen reduzierten, dennoch warmen Kontrast. Das in Ägypten abgebaute Material hat eine feine, leicht wolkige Struktur. Wie andere Kalksteine ist es weicher als Granit oder Quarzit und damit auch empfindlicher. Um es gegen Säuren wie Essig, Zitrone oder Wein zu schützen, werden Küchenarbeitsplatten in der Regel zusätzlich versiegelt.
Marmor trifft Walnuss
Das spanische Architekturbüro BabelStudio ist dafür bekannt, Materialien für sich sprechen zu lassen – so auch in seinem Projekt Mayor, einer Wohnung in Bilbao, die sich über die oberen beiden Stockwerke eines Mehrfamilienhauses aus den Fünfzigerjahren erstreckt. Ästhetisch griffen die Architekt*innen Andrea García Crespo und Michael Schmidt diese Ära auf. Sie setzen unterschiedliche Marmorarten als Wandverkleidung, in Türrahmen und Bädern ein. In der Küche dominiert Calacatta Viola, der üblicherweise in der Toskana abgebaut wird. Das Luxusgestein ist für seine dekorativen Muster farbiger Adern auf cremefarbenem Grund bekannt. Jede Platte ist ein Unikat und benötigt sorgfältige Pflege. Weil das Material weicher ist als Quarzit oder Granit, ist es anfällig für Kratzer. Die Küchenschränke aus warmem Walnussholz bilden dazu einen eleganten Kontrast und unterstreichen die hochwertige Materialwahl. Eine regelmäßige Pflege und Imprägnierung werden empfohlen.
VAUST
vaust.studioO’Sullivan Skoufoglou Architects
osullivanskoufoglou.comIsmael Medina Manzano
ismaelmedinamanzano.comMax Luciano Geldof
maxlucianogeldof.beBabelStudio
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