Betonhochstapler
Klotz auf Klotz: Mit diesem Einfamilienhaus in Seattle wird der Widerspruch zwischen Öffentlichkeit und Privatheit aufgelöst.
In Seattle hat das Architektur- und Designbüro Stephenson Design Collective ein Haus aus Beton gebaut, das leicht und luftig wirkt. Die Zutaten: gestaffelte Wohnkuben, Balkone und Terrassen, eine sparsame Möblierung und eine offene Küche mit Möbeln vom deutschen Hersteller Leicht.
Madrona ist eines der beliebtesten Stadtviertel von Seattle, gelegen zwischen Lake Washington und den Stadtteilen Denny-Blaine und Leschi östlich von Downtown. Die Gegend ist geprägt von zweistöckigen Einfamilienhäusern mit Schindelverkleidung, viele davon mit direktem Seeblick. Private Gärten, waldige Flächen und eine üppige Uferbepflanzung lassen den zunehmend gentrifizierten Stadtteil beinahe verwunschen wirken. Wegen des Wassers, der hügeligen Topografie und des vielen Grüns wird Seattle von seinen Bewohnern übrigens The Emerald City, die Smaragdstadt, genannt. Kein Wunder also, das Baugrundstücke hier rar gesät und dementsprechend hochpreisig sind.
Bauklotz auf Bauklotz
Entgegen der relativ dichten Bebauung des Stadtviertels hatten sich die Bauherrn – ein Paar mit zwei kleinen Kindern – ein Haus gewünscht, das hell und luftig sein sollte. Die Lösung: übereinander gestapelte, kubische Baukörper mit Vor- und Rücksprüngen und bodentiefen Fensterfronten. Das Haus erstreckt sich über drei Etagen. Während sich im Parterre eine Doppelgarage befindet, geht es über eine Betontreppe in den ersten Stock, der den privaten Funktionen vorbehalten ist. Hier sind zwei Kinderzimmer mit eigenem Bad sowie das Elternschlafzimmer mit Ensuite-Bad, das sich hinter einer gefrosteten Glaswand versteckt, und separatem WC untergebracht. Die zweite Etage des Hauses ist mit der Küche ganz dem kommunikativen Beisammensein gewidmet. Es schließt sich ein großer Balkon an, der ebenso wie die Dachterrasse für Outdoor-Aktivitäten wie Essen, Spielen und Gärtnern genutzt wird. Außerdem bietet sich von hier oben ein schöner Ausblick aufs Viertel.
Leben in der Küche
„Die Küche ist für mich der wichtigste Raum überhaupt“, sagt Architekt Ryan Stephenson und spricht damit aus, was auch den Bauherrn an ihrem Haus am wichtigsten war. Da erstaunt es nicht, dass die Küche im zweiten Stock im Fokus des Grundrisses steht. Sie verdrängt gar das klassische Wohnzimmer, das es als eigenen Raum hier nämlich gar nicht mehr gibt. Stattdessen: Lässig in Nischen platzierte Vintage-Sitzmöbel und Eames-Klassiker von Vitra aus den Sixties.
Die Küche ist zurückhaltend gestaltet und besteht im Wesentlichen aus drei Elementen. Unter einem waagerecht positionierten, schmalen Fensterband ist der Arbeitsbereich samt Spülbecken und Armatur von Kohler untergebracht. Die Küchenschränke aus der Serie Orlando-C vom deutschen Hersteller Leicht ist in den Holzdekorfronten Tennessee Nussbaum gehalten und geben dem ansonsten im Farbklang Schwarz-Weiß-Grau gehaltenen Raum einen warmen Touch. Die Arbeitsplatte von Caesarstone in Pure White setzt sich fort an dem zartgliedrigen Esstisch, der direkt an einen schwarzen Raumteiler mit offenen Regalböden andockt. Porzellan, Gläser und Kochutensilien finden Platz in raumhohen Schränken mit Fronten in Frosty White aus dem Programm Luna-C, ebenfalls von Leicht. Hier sind auf Arbeitshöhe Elektrogeräte von Miele eingepasst. Praktisch ist der abgeschlossene Raum hinter der Küche, wo die Familie unbeobachtet werkeln und Vorräte verstauen kann.
Balance halten
Das Haus in Madrona vereint zwei scheinbare Widersprüche: Es öffnet sich maximal nach außen und schafft trotzdem Privatsphäre. Dem Architektur- und Designbüro Stephenson Design Collective gelingt diese schwierige Balance mit ineinander verschränkten Baukörpern, die geschützte Außenräume entstehen lassen. Auch das Interiordesign – neutrale Farben, wenige Möbel und maßgefertigte Einbauten – trägt maßgeblich dazu bei, dass dieses Konzept aufgeht.
FOTOGRAFIE Lara Swimmer + Leicht Küchen
Lara Swimmer + Leicht Küchen