Che piccolo!
Mailänder Maße: Umbau einer 50 Quadratmeter große Wohnung von Aim Studio.
Aus klein mach groß: Aim Studio hat in Mailand eine 50 Quadratmeter große Wohnung umgebaut und dabei komplett neu geordnet. Die gestalterischen Zutaten: eine klare Trennung zwischen öffentlichen und privaten Räumen, eine sparsame Möblierung und effektvoll eingesetzte Farben und Materialien.
In Mailand ist es wie in beinahe jeder Großstadt: Wohnraum ist knapp und teuer. Auch in Porta Genova, einem noch recht ursprünglichen quartiere im Südosten der lombardischen Metropole. Das quirlige Viertel wird durchschnitten vom Naviglio Grande, einem Kanal, an dessen Ufer sich Cafés, Restaurants, Bars und Antikläden aneinanderreihen. Und doch kann man hier nach wie vor das Leben der kleinen Leute beobachten.
Zweigeteilt
In Porta Genova also hat das Architekturbüro Aim Studio eine Wohnung umgebaut, die im vierten Stock eines Apartmenthauses aus den zwanziger Jahren liegt. Der Bauherr, ein Marketing-Manager, hatte sich eine großzügige Küche und ein ebenso weiträumiges Badezimmer gewünscht. Die Wohnung wurde komplett entkernt, was auch möglich war, da zeitgleich die tragenden Strukturen sowie die Fußböden des gesamten Hauses erneuert werden mussten. So konnte Aim Studio den Grundriss der Wohnung komplett neu entwickeln – nur eine einzige tragende Wand blieb stehen. Das Ergebnis ist eine räumliche und funktionale Zweiteilung der Wohnung: in eine öffentliche und in eine private Zone.
La cucina italiana
Im Fokus des Interiors steht das großzügige Wohnzimmer, das mit einem offenen Küchenbereich kombiniert wird. An der Schmalseite hat Aim Studio einen Küchenblock aus poliertem Stahl passgenau eingebaut. Auf wuchtige Oberschränke – damit aber auch auf nützlichen Stauraum – haben die Architekten verzichtet. Stattdessen verläuft über die gesamte Wandfläche ein einzelnes Bord aus Carrara-Marmor, was sehr edel und elegant wirkt. In die Arbeitsplatte eingelassen sind das Spülbecken und ein Gasherd von Smeg aus Edelstahl. Die sehr grafisch anmutende Gestaltung wird unterstützt durch einen parallel zum Küchenblock aufgestellten schwarzen Esstisch, an dem vier Eames Plastic Chair mit schwarzer Sitzschale (Vitra) stehen. Der überschaubare Loungebereich besteht aus zwei Vintage-Sesseln aus den Fünfzigern, die als Farbklecks mit purpurfarbenem Samt bezogen sind.
Urbaner Wellness-Raum
Der Grundriss des Apartments ist unregelmäßig und nicht ganz praktisch, denn das Badezimmer ist nur vom Wohnzimmer erreichbar und damit sehr weit entfernt vom Schlafzimmer. Immerhin sorgt ein kleiner Flur für eine klare Abtrennung vom Wohnbereich. Das Bad ist groß gehalten, wünschte sich der Bauherr doch eine private Wellness-Oase. Dazu gehören WC und Bidet, ein rechteckiges Waschbecken aus weißem Kunstharz sowie eine große Regendusche. Auffälligstes Gestaltungselement sind neben einer türkis gestrichenen Wand die Fliesen aus der Kollektion Azulej von Patricia Urquiola. Die in Grautönen auffällig gemusterten Fliesen hat Urquiola für den italienischen Hersteller Mutina entworfen.
Schlaf schön!
Das Schlafzimmer der Wohnung liegt auf der dem Wohnbereich entgegengesetzten Seite des Eingangsflurs. In seinen Dimensionen sehr klein, bietet es lediglich Platz für ein Doppelbett, einen Einbauschrank und ein Sideboard. Schrank und Sideboard sind maßgefertigt und beide ganz in Weiß gehalten. Der Einbauschrank birgt Tablare, Kleiderstangen und Schubfächer – mit rotierenden Türen, so dass der Bauherr immer den Überblick behält. Auch im Schlafzimmer werden – wie in der gesamten Wohnung – kluge Designakzente gesetzt: hier mit der eleganten Messing-Glaskugel-Pendelleuchte IC Light von Michael Anastassiades für Flos.
Raumsparwunder
Aim Studio setzen Farben und Materialien sehr sparsam ein. Dem Fußboden aus Eichenholzdielen wird mit betongrau getünchten Wänden eine kühle Nuance entgegengesetzt. Nur der Flur zum Bad ist in tiefem Türkis gehalten, ebenso wie die Wand im Badezimmer. Die Wand hinter dem Bett im Schlafzimmer dominiert indes ein kühler Grünton. Weitere Farbakzente erzeugen Accessoires wie Schalen, Vasen und Becher, aber vor allem haptisch interessante Textilien: Teppiche, Kissen und Polsterstoffe.
Die im gesamten Wohnhaus durchgeführten Baumaßnahmen haben die völlige Neustrukturierung der Wohnung und eine Anpassung an die Bedürfnisse des Bauherrn ermöglicht. Dabei zeigt sich: Wenige gestalterische Kniffe genügen, um eine kleine Wohnfläche in ein Aha-Erlebnis zu verwandeln.
FOTOGRAFIE Simone Furiosi
Simone Furiosi