Drei Farben Rosa
Surreale Wunderland-Konditorei in Form eines Éclairs
Es ist, als wäre ein Schaumkuss-Ufo mitten in der urbanen Steinlandschaft gelandet. Im polnischen Breslau hat mit dem Nanan eine Patisserie eröffnet, die sich ganz einer französischen Gebäckspezialität verschrieben hat. Vom Tresen bis zur Leuchte zitiert das Interieur das süß gefüllte Éclair. Allerdings nicht in Sahne-Weiß, sondern in Rosa, Nude und Pastellpink.
Das Interieur der Feinbäckerei sieht aus, als wäre es einmal durch den Zuckerguss gezogen worden. Entworfen hat das monochrome Wunderland das ebenfalls aus Breslau stammende Buck Studio. Spezialisiert auf Innenarchitektur, Hospitality und Retail Design, kümmern sich die beiden Gründer und studierten Architekten Paweł und Dominika Buck auch um die Identität und visuelle Kommunikation von Marken. In ihren Projekten bündeln sie Ideen von der Analyse, Entwicklung bis zur Realisierung in einer stringenten Vision, die zur physischen DNA ihrer Kunden wird. Im Falle der Patisserie Nanan ist es mit dem Éclair die hauseigene Spezialität der Bäcker. Material, Farben und Raumerleben widmen sich ausschließlich dem Gebäck, seiner glänzenden Glasur und der Creme im Innern.
Törtchen hinter Glas
Die Gefahr, mit Pink und Plüsch bei Kirmes und Kitsch zu landen, ist groß. Das Nanan aber schafft mit glänzenden Kupferdetails, Samt, polierten Holzflächen und einem raffinierten Beleuchtungskonzept eine kultivierte Atmosphäre. Dabei wirft der in einem historischen Breslauer Gebäude residierende Laden, der unweit vom alten Markt der Stadt liegt, sein Licht im wortwörtlichen Sinn auf die Nachbarschaft. Das monochrome Interieur setzt durch die Bogenfenster in seinem städtischen Umfeld einen rosa Akzent. Schon das Schaufenster gibt dem Besucher einen Vorgeschmack auf das surreale Erlebnis, das ihn mit Betreten des Geschäfts erwartet. Augenfälligstes Element ist der zentrale Tresen, der selbstverständlich wie ein monumentales Éclair gestaltet wurde. In die hölzerne Insel ist ein Glaskasten eingelassen, der die Spezialitäten ausstellt. Die Törtchenform des Displays erfüllt dabei auch einen funktionalen Auftrag. „Seine Position gibt dem Strom der Gäste Raum, die die Kunstwerke der Konditoren wie in einem Juweliergeschäft bewundern und süße Kleinigkeiten auswählen können“, erklären die Architekten den im Raum freistehenden Block.
Der Bogen zum Éclair
Über dem Tresen ist ein hängendes Leuchtband installiert, das die Form des Möbels im großen Format aufgreift. Die vertikal montierten Wandleuchten sind eindeutig Teil der Familie, aber kleiner im Format und hinterleuchtet, sodass ihr Licht indirekt auf die mit rosa Samt bezogenen Wände fällt. Die Reihung vertikal orientierter Paneele erinnert an abgesteppte Sofabezüge und stilistisch an plüschig möblierte Schlösser. Dazu tragen auch die vom Gebäck abgeleiteten, überall gegenwärtigen Ellipsen bei. Neben den Leuchten finden sie sich an Türgriffen, Spiegeln, der Garderobe und in den bogenförmigen Durchgängen und Fenstern. Die flächendeckend installierten Stoffbezüge, die selbst die Durchgänge auskleiden, erfüllen dabei eine Doppelfunktion. Sie katapultieren den Besucher in das Innere einer unwirklichen Zuckerwattewolke und sorgen für eine akustisch gedämpfte Atmosphäre.
Alice im Kuchenland
Das Nanan trennt seine beiden Räume in einen Servicebereich für Sitz- und Laufkundschaft sowie einen Gastraum. Die niedrigen, ausladenden Loungesessel und runden Marmortische erinnern an die Inszenierung britischer Teehäuser und sind der richtige Ort für eine entschleunigende Pause von urbaner Hektik. Bei 96 Quadratmetern Gesamtfläche bietet das Nanan mit seinen wandintegrierten Bänken und dem raumgreifendem Sitzmobiliar allerdings nur 16 Sitzplätze. Eine engere Bestuhlung hätte den Raum in seiner luxuriösen Anmutung beschnitten. So präsentiert sich die Patisserie faszinierend und feudal und schafft eine ganz eigene Welt, in der es auch nicht überraschen würde, wenn man beim Besuch von einem weißen Kaninchen mit einer Taschenuhr bedient würde.
FOTOGRAFIE PION: Basia Kuligowska, Przemysław Nieciecki
PION: Basia Kuligowska, Przemysław Nieciecki
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