Ein Ort für alle Fälle
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Futuristische Möbel mit makellosen weißen Oberflächen, Lichtlinien und farbige Lichteffekte waren bisher kaum Kennzeichen einer Einrichtung der katholischen Kirche. Dass ein modernes Erscheinungsbild jedoch durchaus mit den Anforderungen einer religiösen Begegnungsstätte in Einklang zu bringen ist, zeigt das Domforum in Köln. Direkt gegenüber dem Kölner Dom gelegen, wurde das Informations- und Veranstaltungszentrum nach umfassender Renovierung durch das Bonner Büro Martini Architekten wieder eröffnet. Die stimmungs- und zugleich eindrucksvolle Beleuchtung des Domforums stammt von Licht Kunst Licht.
Ein Raum, der viele Anforderungen erfüllen muss: Das Domforum gilt gemeinhin als „Foyer“ des Kölner Doms, eine der meist besuchten Kirchen Deutschlands. Hier werden Pilger empfangen, Informationen vermittelt, Besucher oder Gruppen seelsorgerisch betreut. Darüber hinaus fungiert das Domforum auch als Veranstaltungsort für kirchliche oder gesellschaftliche Begegnungen, Podiumsdiskussionen, Bildungs- und Kulturveranstaltungen. Wenig verwunderlich ist also, dass in den letzten 15 Jahren mehr als fünf Millionen Menschen das Domforum besuchten.
Modernisierung innerhalb von drei Monaten
Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude, in dem das Domforum das Erdgeschoss einnimmt, wurde zu Beginn der 1950er Jahre durch Fritz Schaller erbaut und Mitte der 1990er Jahre von dessen Sohn Christian Schaller zum Informations- und Begegnungszentrum der katholischen Kirche umgebaut. Neben bautechnischen Erfordernissen war es insbesondere die immer größer werdende Anzahl an Nutzungsvarianten, die eine Umstrukturierung des Zentrums nötig machten. Die Architekten vom Büro Martini schufen in einer nur drei Monate währenden Umbauphase einen offenen Raum, der den historischen Bestand harmonisch in das moderne Erscheinungsbild integriert. Seine Hauptaufgabe sah das Architektenteam jedoch darin, die Räume mehr zur Außenwelt hin zu öffnen und den Raum der Begegnungsstätte multifunktional an die unterschiedlichen Anforderungen anzupassen. Das Ergebnis ist ein großzügiger, von Tageslicht erhellter Innenraum, der durch die dreiseitig voll verglaste Fassade bereits von der vorgelagerten Domplatte aus mit einem Blick zu erfassen ist.
Weiß, offen, klug gelöst
Die Gestaltung des Innenraumes wurde bewusst zurückhaltend gewählt. Offen, hell und überwiegend in Weiß gehalten, wirkt der Raum ruhig, zugleich aber so neutral, dass er auch optisch seine vielfältigen Anforderungen als Bühne, Zuschauer- und Aufenthaltsraum erfüllen kann. Auf den sakralen Hintergrund des Ortes weist lediglich ein stilisiertes Kreuz aus Naturholz hin. Aufgeteilt ist das Domzentrum in drei Bereich, die durch entsprechende Elemente markiert werden: eine Theke, eine Multifunktionswand und eine Beratungsinsel.
Die geschwungene, frei im Raum stehende Theke bildet die zentrale Anlaufstelle für Information und Beratung der Besucher des Domforums. Strahlend weiß und mit einer fugenlosen Oberfläche aus Corian fußt das skulptural anmutende Möbel auf einer Lichtleiste, die es zusätzlich in Szene setzt. Hinter der Theke befindet sich ein multifunktionales Wandelement. Dieses integriert auf kleinstem Raum ein Stuhllager mit Aufzugsystem, den Küchenbereich, einen Büroarbeitsplatz mit Kopierer, die Garderobe sowie Lagermöglichkeiten für Informationsmaterial. Der Durchgang zum Treppenhaus blieb erhalten und wurde ebenfalls in die Gestaltung des Wandmoduls integriert. Das dritte Element ist die Beratungsinsel: ein nicht einsehbarer, akustisch abgeschirmter Bereich, in dem die Seelsorgearbeit stattfindet.
Licht – von dezent bis spektakulär
Der vielfältigen Nutzung des Domforums – von Podiumsdiskussionen und Vorträgen bis hin zu Musik- und Theateraufführungen – entspricht auch das Beleuchtungskonzept von Licht Kunst Licht. Um die vorhandenen Strukturen der Architektur mit einzubeziehen, wurde das diagonal verlaufende Fugenbild des Bodens, das sich in den Außenraum auf der Domplatte weiter fortsetzt, in der Anordnung der Deckenleuchten aufgegriffen. Diese eigens entwickelten Leuchten erfüllen dabei sowohl die Aufgabe der Grund- als auch der Akzentbeleuchtung. Die Deckenleuchten sind mit einer Acryl-Abdeckung versehen, die mit der Decke eine Fläche bildet und von einer umlaufenden Schattenfuge begrenzt ist. In die Abdeckung sind zwei zylindrischen Ausnehmungen eingelassen, in denen – für den Betrachter weitestgehend unsichtbar – zwei justierbare Richtstrahler installiert sind. Strahler heben auch das zentrale Element des Raumes, die Corian-Theke, gezielt durch Licht hervor. Um je nach Veranstaltung unterschiedliche Beleuchtungsszenarien zu realisieren, können Strahler und Deckenleuchten getrennt geschaltet und gedimmt werden. Für Bühnenaufführungen wurden zudem LED-Scheinwerfer im Deckenfeld installiert, sodass die Veranstaltungen von farbigem Licht begleitet werden können. Die Steuerung des Lichts erfolgt über ein in die Haupttheke integriertes Bedienfeld. Je nach Bedarf können entweder voreingestellte oder auch individuelle Lichtszenarien abgespielt werden.
Alle Komponenten aus Innenarchitektur und Beleuchtung zusammen genommen, ergeben ein offenes, harmonisches und vor allem modernes Bild, mit dem die katholische Kirche in Köln – zumindest in Sachen Innenarchitektur – den Sprung ins 21. Jahrhundert wagt.
FOTOGRAFIE Constantin Meyer, Köln
Constantin Meyer, Köln
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