Projekte

Ein Weltraum-Spaziergang

von Katja Neumann, 08.10.2010


Die Buchhandlung L’Archivolto ist in Mailand seit 30 Jahren eine Art Institution, wenn es um Kunst-, Design-, und Architekturpublikationen geht – nicht zuletzt auch wegen ihres umfangreichen Antiquariats. Zur Mailänder Möbelmesse eröffnete Architekt und L’Archivolto-Inhaber Silvio San Pietro einen neuen Ausstellungsraum, für dessen futuristisches Interiordesign er seinen langjährigen Freund und Architekt Simone Micheli beauftragte. Das Ergebnis erinnert bewusst an die Kulisse eines Science-Fiction-Films, denn der neue Ausstellungsbereich soll die Besucher irritieren, ihre Sinne herausfordern und sie so ein kleines Stück weit in die Zukunft transportieren.



1980 gründete Silvio San Pietro die Kunstbuchhandlung und Galerie L’Archivolto und machte sich schnell einen Namen durch das angegliederte, umfangreiche Antiquariat. Sechs Jahre später rief San Pietro den „Edizioni L’Archivolto“-Verlag ins Leben, der eigene Publikationen im Bereich Architektur, Design, Gartenkunst und Fotografie herausbringt. Die parallel stattfindenden, wechselnden Ausstellungen fanden meist in der Buchhandlung statt und so entschloss sich der Inhaber, einen speziellen Präsentationsraum zu schaffen, der auch für Events genutzt werden kann.

Die Zukunft in der Gegenwart

„Nach den ersten Gesprächen mit Silvio San Pietro zu der neuen Ausstellungsfläche schien in meinem Kopf bereits alles klar zu sein“, berichtet Simone Micheli. „Ich wusste, ich gestalte ein pures, emotionales Raumelement, das die Menschen anregt, sie stimuliert und gleichzeitig entspannt durch den dynamischen Einsatz von Licht. Den Raum, den ich nun entwickelt habe, stellte ich mir vor als lebenden Organismus.“
Die Idee basierte auf dem Gedanken, die Gegenwart mit der Zukunft zu verbinden, die Besucher also regelrecht in eine futuristische Welt zu führen, die überraschend wirkt, ohne sich in den Vordergrund zu stellen. Und dies zeigt sich nun bereits am Eingang der neuen „L‘Archivolto Events“-Räumlichkeiten, die man durch eine längliche Tür mit abgerundeten Ecken betritt – als stiege man ein in ein klassisches Raumschiff. Die Eingangstür, die durch ein illuminiertes „E“ darüber gekennzeichnet ist, wird durch eine lange, vertikale Einkerbung unterbrochen, die als Türgriff dient. Durch den in schummrig-farbiges Licht getauchten Eingangsbereich gelangt der Besucher über Treppen hinab in den eigentlichen Ausstellungsraum. Scheint es zunächst, als trete man in ein schwarzes Loch, fällt der Blick, durch eine gekrümmte Glaswand verzerrt, schließlich auf asymmetrisch angeordnete Spiegelflächen, in denen sich  blaue und rote Lichtlinien abzeichnen.

Ein Raum wie aus einem Guss

Im Ausstellungsraum angekommen bietet dieser einen überraschend glatten, weißen und reinen Eindruck. Dies ist nicht nur der Gestaltung, sondern auch den eingesetzten Oberflächen geschuldet: Micheli setzte für die Verkleidung der Wände, in die Vitrinen mit abgerundeten Ecken eingelassen sind, und die Ausstellungs-Podeste den Mineralwerkstoff Staron ein, eine Entwicklung des Herstellers Samsung. Dieses auf Acryl basierende Material besitzt eine porenlose Oberfläche, sodass keine Schmutzpartikel eindringen können, und kann fugenlos verklebt und eingesetzt werden. Der ursprüngliche Betonboden wurde mit einer dünnen Schicht Kunstharz überzogen, sodass auch er den makellosen Eindruck vervollständigt. An den Wänden befinden sich große LCD-Monitore, auf denen multimediale Inhalte abgespielt werden können. Die drei Pfeiler mitten im Raum sind von Micheli mit asymmetrisch angeordneten Spiegelflächen verkleidet worden, sodass ein dreidimensionaler Eindruck entsteht.

Lichtlinien und Spiegelreflexionen

Die Spiegel, die die Beleuchtung facettenreich reflektieren, sind auch Bestandteil der Lichtinstallation. Fließende Formen, in die Oberflächen integriert, ziehen sich über Wände und Decke. An diesen entlang schlängeln sich die farbdynamischen LED-Lichtlinien quer durch den Raum bis hinein in die Vitrinen. Die Grundbeleuchtung erfolgt durch drehbare, in die Decke eingelassene Halogen-Spots, die einen besonders schmalen Lichtstrahl als Lichtpunkte auf den Boden lenken. Trotz der besonderen Beleuchtung in dem Ausstellungsbereich, wird auf Tageslicht nicht verzichtet: Vor Kopf öffnen sich zwei Fenster direkt zur Via Marsala. So können sogar Passanten einen Blick auf das futuristische Interiordesign der Räumlichkeiten werfen.
An einer Seite des Raumes befindet sich zu guter Letzt noch eine Tür, die auf den ersten Blick kaum als solche zu erkennen ist. Die Tür, die zu den Büroräumen und dem Bad führt, fügt sich so in die glatte Wandoberfläche ein, dass es wirkt, also sei sie per Laser aus der Oberfläche herausgefräst.

So ergibt das Zusammenspiel aus Oberflächen, Spiegeln, Monitoren und Licht sowie deren tausendfache Reflexionen einen ungewohnten visuellen Eindruck, der sich jedoch überwiegend auf Wände und Decke konzentriert. Das Innere des Raumes scheint trotz der aufwändigen Beleuchtung und Verspiegelungen hell und weiß, sodass die Aufmerksamkeit der Besucher nicht übermäßig von den Exponaten abgelenkt wird.
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L’Archivolto

www.archivolto.com

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www.simonemicheli.com

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