Im Lokdepot
brandherm + krumrey gestalten Restaurant im alten Marburger Bahnbetriebswerk
											
											
					Die Umnutzung einstiger Industriebauten hat sich in der jüngeren Vergangenheit zu einer gängigen Praxis entwickelt. Auch in Marburg wurde das Potenzial eines stillgelegten Bahnbetriebswerks erkannt. Im ehemaligen Lokschuppen gestalteten brandherm + krumrey interior architecture ein À-la-carte-Restaurant und ein Deli mit Bar.
Über Jahrzehnte hinweg blieb das 1870 erbaute und 1989 stillgelegte Bahnbetriebswerk Marburg ungenutzt. Im Jahr 2012 wurde es an eine städtische, gemeinnützige Wohnbaugesellschaft verkauft und vom Architekten Bernward Paulick revitalisiert sowie baulich erweitert. So gliedert sich der ringförmige Lokschuppen seit der Sanierung in drei Teile: Neben einem Co-Working-Space und Veranstaltungsräumen beinhaltet das denkmalgeschützte Gebäude auch eine Kaffeerösterei und Gastronomieflächen. Diese hat das Team von brandherm + krumrey interior architecture zu einem À-la-carte-Restaurant und einem Deli mit Bar umgestaltet.
        
											
											
					
Sichtbarkeit des Bestands
Der trapezförmige Grundriss öffnet sich mit drei fast raumhohen Industriefenstern in den Außenbereich, dessen Mittelpunkt eine noch funktionierende Drehscheibe bildet, die mittlerweile als Eventbühne genutzt wird. Rote Backsteinwände, ein sichtbares Dachtragwerk sowie ein historischer Schienenstrang heben die einstige Nutzung hervor. Um den industriellen Charakter des Eisenbahnlokschuppens in der Gestaltung der Innenräume fortzuführen, griffen die Innenarchitekt*innen Farbtöne und Materialität des Bestands auf und ergänzten sie durch helle Grüntöne und dunkle, erdige Farben. Schwarzer Stahl kommt dabei als gestaltungsprägendes Material in unterschiedlicher Form zum Einsatz.
        
											
											
					
Übersetzung der Geschichte in die Gegenwart
Der einstige Fahrweg für die Loks, der über Jahrzehnte hinweg von Pflanzen überwuchert wurde, diente als Inspiration. Zwischen den Schienen verlegten brandherm + krumrey daher Fliesen, die in unterschiedlichen Grüntönen und mit floralem Muster an den Pflanzenbewuchs erinnern. Ein kontrastierendes und dynamisches Element bilden Holzböden, die in wechselnder Verlegerichtung die lineare Schienenführung durchqueren. An diesen sogenannten „Crossing Points“ positionierten die Innenarchitekt*innen Stahlkonstruktionen mit bepflanzten Kuben, die als große Skulpturen entlang des Schienenstrangs natürliche Akzente setzen.
        
											
											
					
Transformation und Spektakel
Direkt am Eingang befindet sich ein Deli mit Sitzplätzen für etwa 70 Personen. Das freundlich anmutende, einladende Interieur artikuliert sich durch helle Grüntöne, Bartische aus Holz und Loungemöbel. In den Abendstunden verwandelt sich das Deli in eine Bar. Im À-la-carte-Bereich, der für 80 Personen ausgelegt ist, führen lange, helle, gepolsterte Sitzbänke mit schwarzen Holztischen und -stühlen die industrielle Gestaltung mit exklusiver Zurückhaltung fort. Schwarze Metallrohre ragen aus den Rückenlehnen der Bänke heraus und lassen mit filigranen Fühlern große Kugelleuchten wie Tautropfen über den Tischen hängen. Ein eigens für das Restaurant entworfener, kreisförmiger Großgrill inszeniert die Fleischzubereitung als Spektakel, die schließlich mit frisch geerntetem Gemüse aus der Indoor-Farm verfeinert wird.
Die große Raumhöhe der Halle nutzten die Planer*innen von brandherm + krumrey für den Einbau einer Galerie. Schwarze Stahlstege, die den Raum in schrägen Winkeln kreuzen, führen zu weiteren Sitzbereichen. Bunte, stoffbezogene Leuchten setzen dabei farbliche Akzente und dämpfen zugleich die Akustik.
        
											
											
					
Wahrung des Bestands
Das Spektrum des Umgangs mit denkmalgeschützten Bauten reicht von einer völligen Umgestaltung bis hin zur Konservierung des Bestands. In Marburg sollte die Bausubstanz weiterhin wahrnehmbar bleiben, ohne dabei historisierend zu wirken. brandherm + krumrey haben die Geschichte und den Verfall des Lokschuppens durch eine einfache und zugleich ausdrucksstarke Gestaltung dokumentiert und in eine zeitgemäße Nutzung transformiert.
FOTOGRAFIE Joachim Grothus Joachim Grothus
| Projektname | Lokschuppen in Marburg | 
| Bauherr | Gunter Schneider | 
| Architektur | Bernward Paulick | 
| Innenarchitektur | brandherm + krumrey | 
| Projektteam | Julia Dörffel, Catharina Wegener-Thiel | 
| Ort: | Marburg | 
| Fertigstellung: | 2022 | 
Mehr Projekte
Hochburg der Gestaltung
Space Copenhagen modernisiert das Schweizer Restaurant und Hotel Schloss Schauenstein
											
											
					Klare Kante
Weinbar Ernst Cave von Salem Charabi in Berlin
											
											
					Revival mit Grandezza
Café Vertigo im Amsterdamer Vondelpark von Studio Modijefsky
											
											
					Architektur zum Anbeissen
MoDusArchitects verwandeln das Loacker-Flaggschiff in Heinfels in eine räumliche Erlebniswelt
											
											
					Transparenter Lückenfüller
OPA gestaltet das Restaurant Plumbago in Mexiko-Stadt
											
											
					Gestalten im Dreieck
Multifunktionale Section80 Bar in Mailand von Studio Wok
											
											
					Kraftwerk als Kulturstätte
Live-Club Barbastelle von Arnold / Werner in München
											
											
					Blickfang Manhattan
Holloway Li gestalten Private-Member-Club in New York City
											
											
					Café im Palazzo
Wie AMAA mit dem Caffè Nazionale den Charme des Unvollendeten feiert
											
											
					Basler Bankgeheimnis
Herzog & de Meuron erfinden das Grand Hotel Les Trois Rois neu
											
											
					Urbaner Abschlag
Industriell geprägter Indoor-Golfplatz Muni in Montreal von Ivy Studio
											
											
					Geschichtsträchtige Oase
Parkhotel Mondschein mit Bar und Restaurant Luna in Bozen von Biquadra
											
											
					„Material mit Identität behält immer seinen Wert“
Restaurant Kramer in Berlin-Neukölln von Thilo Reich
											
											
					Aalto forever
Fyra gestaltet den Besucherbereich der Finlandia-Halle von Alvar Aalto in Helsinki neu
											
											
					Handwerk statt Hektik
Das Designstudio loeserbettels gestaltet die Nomad Bakery in Chemnitz
											
											
					Genuss unter Freunden
Restaurant Ninyas in Mexiko-Stadt von Ignacio Urquiza Arquitectos
											
											
					Ein Eiscafé wie ein Dessert
Das Affogato von kaviar:collaborative in Mumbai
											
											
					Feuer und Fermentation
Koreanisches Restaurant Odem in Singapur von Nice Projects
											
											
					Alternative zum Büro
Kafeterija in Belgrad von KIDZ
											
											
					Wohnliche Aussichtstürme
Elva Hotel in Norwegen von Mange Bekker Arkitektur
											
											
					Gestaltung in Gewürztönen
Restaurant-Interior für das Hamburger Authentikka von Studio Lineatur
											
											
					Meer auf dem Teller
Restaurant Hav & Mar von Atelier Zébulon Perron in New York City
											
											
					Digestif in der Raumkapsel
Restaurant Kinkally mit Kellerbar von Da Bureau in London
											
											
					Geschmackvolle Pausenräume
Kantinen und Cafeterien mit Aufenthaltsqualität
											
											
					Zwischen Himmel und Fjord
Schwimmendes Restaurant Iris in Norwegen von Norm Architects
											
											
					Rot und roh
Rum-Bar Campana del Rey in München von Buero Wagner
											
											
					Harte Schale, weicher Kern
Keyu Café von Fabian Freytag am Berliner Tacheles
											
											
					Gestaltung mit Rhythmus
Bursa Bar in Kiew mit japanischen Stilreferenzen von Nastia Mirzoyan
											
											
					Mit Stil und Textil
COCC. hat das traditionsreiche Seegerhaus in St. Gallen restauriert
											
											
					Zwischen Erbe und Erneuerung
JKMM Architects und Fyra haben Alvar Aaltos Haus der Kultur in Helsinki umgebaut