Party-Steinbruch in Korea
Symbiose aus Natur und Architektur: Ein Veranstaltungsort mit filmreifen Qualitäten.
Für Seouls Stadtteil Jongno-gu entwarf das junge Architekturbüro TUNEplanning einen Veranstaltungsort mit filmreifen Qualitäten. Anstatt mit unverstellten Panoramablicken zu punkten, schmiegt sich das Haus an einen mächtigen Fels.
Wenn puristische Moderne auf wilde Natur trifft, liegt Spannung in der Luft. Beispiele für die Kraft dieser unwiderstehlichen Mischung sind nicht nur Architekturikonen wie Frank Lloyd Wrights Haus Falling Water. Auch Bond-Designer Ken Adam entwarf die Machtzentralen von Bösewichten mit Vorliebe als Hybrid aus Steinbruch, Kloster und Raumstation. Dass dieses Zusammenspiel aus gezähmter und ungezähmter Struktur bis heute Relevanz besitzt, zeigt ein Veranstaltungsgebäude in Seoul: Dayana bedeutet Vielfalt auf Koreanisch. Und genau das soll Dayana Sanghoi sein: Ein privater Veranstaltungsort für verschiedenste Anlässe, wo ein Aspekt besonders im Vordergrund steht: Atmosphäre.
Urbaner Felsen
Unterstützt wurde das koranische Architekturbüro TUNEplanning von der Topografie des Baugrunds. Bukhansan ist der höchste Berg in den Außenbezirken von Seoul und diente über Jahrhunderte hinweg als Aussichtsplattform, um anrückende Feinde zu erspähen. Seine drei Gipfel gaben ihm den Spitznamen Sambongsan (Sam bedeutet auf Koranisch drei, Bong steht für Gipfel). „Berge sind aus der Distanz nichts anderes als Berge. Doch wenn sie sich direkt vor dem Auge des Betrachters erheben, können sie zu Objekten des Glaubens werden. Der aus Granit geformte Bukhansan hat diese Energie“, sind die Architekten überzeugt.
Direkt am Fuße der Erhebung errichteten sie ein Wohnhaus, dessen Erdgeschoss ursprünglich für Ausstellungen konzipiert wurde. Im Laufe der Planung veränderte sich die vorgesehene Nutzung zu einem flexiblen Veranstaltungsort hin, an dem auch gekocht, gesessen und gefeiert werden können soll. Das Parterre verfügt daher über einen zentralen Raum mit Esstisch, Stühlen, Loungemöbeln und angeschlossener Küche. Auf einer Empore ist Platz genug für eine Band oder einen DJ. In einem Seitenflügel sind Bäder und Toiletten untergebracht.
Natur und Architektur
Die Architekten schufen einen zurückgezogenen Ort, der sich von der urbanen Umgebung abkapselt. Lediglich die Nordfassade kann mit Schiebefenstern fast vollständig geöffnet werden. Der Clou dabei: Just an dieser Stelle rückt das Gebäude nah an den Berg heran, der somit wie ein zerklüftetes Bühnenbild nach innen wirkt. „Die künstliche Natur ist unzweifelhaft eine Form von Imitation. Wir wollten diese Nachahmung durch das direkte Zusammentreffen von natürlicher und künstlicher Materialität als solche erkennbar machen“, erklären TUNEplanning.
Das Sonnenlicht bahnt sich seinen Weg durch einen keilförmigen Schacht zwischen Gebäude und Felsen hindurch, der gerade breit genug ist, um das Erdgeschoss vor Dunkelheit zu bewahren. Ein kleiner Bach fließt unterhalb der Terrasse, die den Innenraum ins Freie fortsetzt. Die schroffe und archaische Wirkung des Gesteins wird durch puristische Wände und Böden aus Sichtbeton gesteigert. An der Südseite des Hauses ist die Betonwand schrägt gestellt – und greift damit den Neigungswinkel des Berges auf. Wie ein Echo auf die Natur wirkt die Möblierung mit Tischen und Bänken, an denen die Konturen der Baumstämme noch ablesbar sind. Rau zeigt sich die aus grob geschlagenen Felsbrocken konstruierte Bar.
Pantheon trifft Zen-Kultur
Das Naturmotiv wird zugleich an der Decke des zentralen Veranstaltungsraums aufgegriffen. Ebenen aus Schichtholz lassen an die konzentrischen Ringe eines Baumstammes denken – und setzten einen warmen Kontrapunkt zur Kühle des Steins und des Betons. An der Stelle, wo sich die Schichtholzringe immer enger ziehen, öffnen die Architekten die Decke mit einer ovalen Aussparung – durch die die Äste eines Pinienbaums ins Innere des Gebäudes hineinreichen. Diese Vermischung aus abendländischer und fernöstlicher Ästhetik wirkt durchaus exzentrisch, aber keineswegs zu dick aufgetragen. Im Zusammenspiel aus Künstlichkeit und Natur entsteht ein atmosphärischer Rückzugsort – genau passend für machtbesessene Bond-Bösewichte oder gestresste Großstadtbewohner.
FOTOGRAFIE Jeong Taeho
Jeong Taeho