Radikal behutsam
In London hat das Büro Paul Archer Design ein enges Reihenhaus verwandelt.
Eine ruhige Anliegerstraße im Londoner Stadtteil East End: Dicht an dicht drängen sich die viktorianischen Reihenhäuser aus gelbem Backstein. Alle gleich? Nur auf den ersten Blick. Für eine Galeristin und ihre Familie verwandelten die Architekten von Paul Archer Design ein Haus von Grund auf, doch ohne, dass es aus der Reihe tanzt.
Ausgangspunkt des Umbaus war der Wunsch der Auftraggeber nach mehr Raum und Licht. Das historische Reihenhaus sollte heutigen Wohnansprüchen angepasst werden. „Die Modernisierung bringt Tageslicht in das Gebäude und erschließt klare Sichtachsen für die Präsentation der Kunstsammlung des Paares“, so die Architekten. „Außerdem schafft sie Raum für eine wachsende Familie.“
Viktorianisch wird White Cube
Erster Schritt der Sanierung: alles Überflüssige eliminieren. Zunächst einmal entfernten die Architekten die verspielten Stuckelemente an den Decken, um mehr Klarheit in die Innenräume zu bringen. Die strahlend weißen Wände und der in einem hellem Beigeton lackierte Dielenboden bilden nun den optimalen Hintergrund für zahlreiche zeitgenössische Werke, unter anderem von Richard Tuttle, Collier Schorr oder Ann Hardy sowie Designmöbel aus den fünfziger Jahren. Dezente Deckenstrahler erhellen die Räume gleichmäßig, während Vintage-Pendelleuchten für einen wohnlichen Akzent sorgen. Einen engen Wintergarten an der Rückseite des Hauses ersetzten die Architekten durch einen zweistöckigen Anbau mit Glasdach.
Alt trifft Neu
„Der Anbau bietet Platz für eine moderne Küchenzeile, die sich an einen geräumigen Essbereich anschließt“, beschreibt Paul Archer. „Die ausgedehnte Wohnküche öffnet sich zum Garten hin über gläserne Schiebetüren, die einen nahtlosen Übergang vom glänzend polierten Betonboden zur hölzernen Terrasse bilden.“ Über dem Wohn-Essbereich befindet sich das weiß geflieste Badezimmer mit freistehender Badewanne im Antikstil. Dahinter der Blickfang des Raumes: ein übergroßes Fenster, dessen kreisrunde Form an die abstrakten Skulpturen der britischen Künstler Barbara Heptworth und Ben Nicholson erinnern soll und eine unverbaute Aussicht auf den Garten bietet. In der angrenzenden Lounge schafft eine Fenstertür mit Glasbalustrade eine visuelle Verbindung zwischen dem ursprünglichen Gebäude und seiner Erweiterung.
Perfekte Symbiose
Obwohl die Architekten in ihrer Modernisierung große Konsequenz bewiesen haben, wirkt der Kontrast zwischen Alt und Neu in keiner Weise extrem – und das nicht allein dank der für den Anbau verwendeten, herkömmlichen Ziegel Funton Old Chelsea Yellow Brick. In allen Details offenbart sich ein außergewöhnliches Fingerspitzengefühl für die Kombination traditioneller und moderner Elemente, wie es wohl nur in langjähriger Erfahrung beim Umbau historischer Gebäude entstehen kann.
FOTOGRAFIE Alex James
Alex James