Ruf der Sirene
Studio RHO aus Berlin gestaltet ein Café in Prenzlauer Berg
Ein öffentlicher Ort, der wie ein gemütliches Zuhause wirkt, aber nicht überladen ist und an dem sich Menschen zum Brunchen, Arbeiten oder Lesen zusammenfinden können. Diese Vorstellung setzte das Studio RHO in einem Café für ein Paar um, das seine Gastroerfahrung und den Traum eines eigenen Lokals von Kiew in die deutsche Hauptstadt mitbrachte.
Berlin ist reich an Orten mit gutem Kaffee und köstlichem Brunch. Um in der Menge aufzufallen und Kundschaft anzulocken, müssen ein Alleinstellungsmerkmal und der nötige Charme her. Vor der Eröffnung des Café Sirene im Erdgeschoss eines Gebäudes im Bezirk Prenzlauer Berg wurde der Raum bereits als Bekleidungsgeschäft genutzt. Doch in früheren Jahren diente die Fläche lediglich als durchschnittlicher Eingangsbereich für die Bewohner*innen des Hauses. Stuck verziert die Decke, der Boden ist mit Fliesen von Zahna bedeckt, einem Unternehmen aus Sachsen-Anhalt, dessen Wurzeln bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Das kontrastreiche Schachmuster fiel den beiden Architekten Lennart Zemke und Nikita Marykov direkt ins Auge und wurde zur Grundlage für den gesamten Entwurf. Die beiden haben nach etlichen professionellen Begegnungen und einer jahrelangen Freundschaft mit kreativem Austausch 2022 ihr eigenes Studio namens RHO in Berlin gegründet.
Geflieste Historie
In seiner Arbeit strebt das Duo eine Balance zwischen einer möglichst minimalen Intervention und einem klaren Bezug zur vorhandenen Substanz an. Die Zahna-Fliesen in einem matten Grau und einem gelblichen Beigeton dienten als initiale Inspiration. Die Keramikplatten werden auch heute noch in denselben Farben hergestellt und wurden als Oberflächen des zentralen Tresens sowie der dahinter liegenden Wand verwendet. So entstand eine gelungene Verbindung zwischen Alt und Neu. Der Barraum, in dem Arbeitsutensilien untergebracht sind, erscheint kompakt, aber hat sich in der Praxis als ausreichend für vier Mitarbeiter*innen erwiesen. Die Kaffeemaschine hat ihren Platz auf einem separaten Tresen mit einer Stahlbeschichtung in einem warmen Bronzeton und einem Unterbau aus dunklem Holz gefunden. Das Element fügt sich in eine Regalkonstruktion ein, die zur Produktpräsentation und als Stauraum dient. Dunkel gefärbter Kork, der auf den ersten Blick nicht als solcher zu erkennen ist, verleiht den Einbauten im Café eine spannende Textur und Haptik und hat als natürliches, nachhaltiges Material zudem schalldämpfende Eigenschaften.
Langlebigkeit statt Trends
Die Wahl der natürlichen Werkstoffe Holz und Kork unterstützt außerdem die Funktionalität des „Community“-Bereichs, der durch einen langen Tisch in einer Nische definiert ist. Zwei verchromte Pendelleuchten Flowerpot von &Tradition sorgen für eine angenehme Beleuchtung des Raums, der als gemütlicher Treffpunkt zum ruhigen Arbeiten, für Co-Working oder Gespräche gedacht ist. Die heimelige Atmosphäre wird außerdem von Blumenarrangements auf Tisch und Tresen unterstrichen, die die Mitarbeitenden immer wieder frisch zusammenstellen. Für einen schnellen Kaffee oder ein leckeres Frühstück mit Freund*innen stehen mehrere Tische und Sitzmöglichkeiten bereit. Texturierte Wände in angenehmem Grau und ein Parkettboden aus warmen Holztönen lassen auch hier die Atmosphäre eines privaten Wohnzimmers aufkommen. Dennoch wirkt der 76 Quadratmeter große Raum minimalistisch und keinesfalls überladen. „Nachhaltigkeit bedeutet, nicht dekorativ zu arbeiten und nicht auf Trends, sondern auf den Bestand zu reagieren“, sagt Nikita Marykov und beschreibt damit die Vorgehensweise bei diesem Projekt, aber auch die Philosophie des Studios. Nur so kann man „eine langlebige Beständigkeit für die Zukunft“ schaffen, finden die beiden RHO-Gründer.
FOTOGRAFIE Yannes Kiefer Yannes Kiefer
Projektname | Sirene |
Ort | Berlin-Prenzlauer Berg |
Fläche | 76 Quadratmeter |
Fertigstellung | 2023 |