Projekte

Schwebezustand in Starnberg

Das Erdgeschoss öffnet sich komplett zum Garten, darüber kragt eine weitere Etage mit Lärchenholzfassade und Satteldach aus.

von Jeanette Kunsmann, 03.12.2018

Im Film oder in der Literatur wäre dieses Gebäude die langerwartete Fortsetzung – nur mit anderen Protagonisten. Architekten zieren sich hingegen eher, an einen schon gebauten Entwurf anzuknüpfen, ihn zu adaptieren oder gar zu klonen. Warum eigentlich? HHF zeigen, wie ein Haus Geschwister bekommen kann.

HHF steht für Herlach, Hartmann und Frommenwiller: So lauten die Nachnamen dieses Architektentrios, mit dem man neben Ai Weiwei und Sichtbeton vor allem radikale Formen und mutige Entwürfe verbindet. Vor einigen Jahren sorgte ihr Haus D in der schweizerischen Gemeinde Nuglar für so viel Furore, dass es vom Deutschen Architekturmuseum und dem Callwey Verlag zum Haus des Jahres 2013 gekürt wurde. HHF Architekten hatten mit diesem „spektakulär-unspektakulären Haus“ den Preis bereits zum dritten Mal gewonnen. Kein Jahr später klopfte ein privater Bauherr an, dem das Wohnhaus so gut gefiel, dass er sich ein ebensolches wünschte. Der Bauplatz sollte in Starnberg sein: oberhalb des Westufers am gleichnamigen See.

Aus Haus D wurde Haus H und die Baseler Architekten Tilo Herlach, Simon Hartmann und Simon Frommenwiler holten für die Leistungsphasen nach der Vorplanung, also auch für den Entwurf, das Münchener Büro Jacob & Spreng mit ins Boot. Gemeinsam erarbeiteten die fünf Architekten aus dem Vorgänger ein ganz ähnliches Zuhause für die fünfköpfige Familie. Als einen „jüngeren, großen Bruder“ beschreiben die HHF das Starnberger Einfamilienhaus, dessen gläsernes Erdgeschoss sich komplett zum Garten öffnet. Darüber kragt eine weitere Etage mit Lärchenholzfassade und Satteldach aus. Für eben dieses Prinzip wurde Haus D mit dem Preis Häuser des Jahres ausgezeichnet.

Den notwendigen Grad an Privatheit lösen HHF über das Material: Glas und reflektierende Fassadenelemente aus verchromtem Stahl, in den sich die Landschaft spiegelt, bilden die fast unsichtbaren Außenwände des ebenerdigen Wohnbereichs. Der aus eingefärbtem Beton gegossene Erdgeschossboden orientiere sich hingegen an der Topographie des Grundstücks, erläutern die Architekten. „Teils raumgreifende Stufen nivellieren die unterschiedlichen Höhen zwischen dem Küchenbereich, dem Ess- und dem Wohnzimmer.“ Das umlaufende Holzdeck soll den „Schwebezustand“ und die Verbindung zwischen innen und außen betonen.

Im Inneren fällt ebenfalls eine besonders eigenwillige Materialauswahl ins Auge. Eine Ahornholztreppe führt in die privateren Räume im Obergeschoss. Die Kücheneinbauten sind aus Ulmenholz, während sich HHF für die Wandverkleidungen, Türen und Möbeleinbauten für Weißtanne als das beste Material entschieden. Die Tragkonstruktionen des Massivbaus wurden aus Beton gefertigt. Von der Hülle gelöst trägt dieser Betonkern das auskragende Obergeschoss und übernimmt die Erschließung und Versorgung.

Auch wenn der Entwurf ein jüngerer Bruder ist, er hat ein eigenes Gesicht. Die Unterschiede zwischen Haus D und Haus H aufzuzählen (drei statt zwei Fenster im Obergeschoss, Grundriss der Terrasse, Holzarten und Fassade) wäre wohl, wie die Beschäftigung mit einem dieser Suchbilder, in dem jemand fünf Fehler versteckt hat: mühsam und ohne Ziel. Denn es geht weniger um die Details, die Architekten wie HHF sowieso beherrschen. Haus H führt vor, wie man einen Entwurf in einem anderen Kontext für einen neuen Bauherren weiterbauen kann. Man muss nur mutig sein.

Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail
Links

Projektarchitekten

HHF Architekten (Vorplanung)

www.hhf.ch

Projektarchitekten

Jacob & Spreng Architekten (Entwurf und Ausführung)

www.jacobundspreng.de

Fotograf

Jonathan Sage

House H

Privates Wohnhaus / 480 Quadratmeter Starnberg, 2014–2017

Mehr Projekte

Besondere Böden

Fünf Projekte mit ungewöhnlicher Bodengestaltung

Fünf Projekte mit ungewöhnlicher Bodengestaltung

Moderne Großstadtküchen

Fünf außergewöhnliche Projektbeispiele

Fünf außergewöhnliche Projektbeispiele

Eine runde Sache

Dries Otten baute in Belgien eine Stadtwohnung um

Dries Otten baute in Belgien eine Stadtwohnung um

Belebter Backstein

Mehrfamilienhaus in ehemaliger Textilfabrik in Melbourne

Mehrfamilienhaus in ehemaliger Textilfabrik in Melbourne

Bunter Community-Space

kupa Kitchen & Working Lounge von Stephanie Thatenhorst in München

kupa Kitchen & Working Lounge von Stephanie Thatenhorst in München

Gestaffeltes Wohnhaus

Umbau einer kleinen Genter Stadtvilla von Graux & Baeyens Architecten

Umbau einer kleinen Genter Stadtvilla von Graux & Baeyens Architecten

Tiroler Putz in Madrid

Atelier- und Wohnhaus Blasón von Burr Studio

Atelier- und Wohnhaus Blasón von Burr Studio

Ziegelstein und Hefe

Hannes Peer gestaltete die Bäckerei Signor Lievito in Mailand

Hannes Peer gestaltete die Bäckerei Signor Lievito in Mailand

Dialog der Gegensätze

Umbau einer Drei-Zimmer-Wohnung in Brooklyn

Umbau einer Drei-Zimmer-Wohnung in Brooklyn

Beton trifft Reet

Farmhaus von NORRØN im dänischen Haderslev

Farmhaus von NORRØN im dänischen Haderslev

Küche als Ort der Begegnung

Erweiterung eines Wohnhauses aus den Dreißigerjahren

Erweiterung eines Wohnhauses aus den Dreißigerjahren

Beton auf allen Ebenen

Brutalistischer Anbau von McLaren Excell in London

Brutalistischer Anbau von McLaren Excell in London

Multifunktionales Penthouse

Loft in München von allmannwappner

Loft in München von allmannwappner

Recycelter Anbau

Subtile Erweiterung eines viktorianischen Wohnhauses in London

Subtile Erweiterung eines viktorianischen Wohnhauses in London

Whisky im Pantheon

Eine Sichtbeton-Destillerie von Neri&Hu in China

Eine Sichtbeton-Destillerie von Neri&Hu in China

Bewohnter Adventskalender

Lenka Míková Architekti gestaltet ein Prager Apartment

Lenka Míková Architekti gestaltet ein Prager Apartment

Vermeers Backstube

Brotmanufaktur Aera von Gonzalez Haase AAS in Berlin

Brotmanufaktur Aera von Gonzalez Haase AAS in Berlin

Küche mit Aussicht

Intelligenter Anbau von Material Works in London

Intelligenter Anbau von Material Works in London

Mut zur Maserung

Die schönsten Interiors mit Holz

Die schönsten Interiors mit Holz

Ode an die Natur

Restaurant Lunar in Shanghai von Sò Studio

Restaurant Lunar in Shanghai von Sò Studio

Schiffscontainer im Garten

Umgestaltung eines Londoner Reihenhauses von DEDRAFT

Umgestaltung eines Londoner Reihenhauses von DEDRAFT

Fließende Zimmer

Die schönsten textilen Raumteiler

Die schönsten textilen Raumteiler

Die Farben der Wüste

Restaurant Shay von Ivy Studio in Montreal

Restaurant Shay von Ivy Studio in Montreal

Großstadt in der Provinz

Die von Maurizio Lai gestalteten Sushi Clubs in der Brianza

Die von Maurizio Lai gestalteten Sushi Clubs in der Brianza

Marmoriertes Gewölbe

Weinbar im historischen Palazzo von brunelli ann minciacchi

Weinbar im historischen Palazzo von brunelli ann minciacchi

Café in Scherben

Drop Coffee in Dubai vom Designstudio Roar

Drop Coffee in Dubai vom Designstudio Roar

Architektur im Wunderland

Das Londoner White Rabbit House von Gundry + Ducker

Das Londoner White Rabbit House von Gundry + Ducker

Für Katzen und Menschen

Ein Vierbeiner-Café von Davidson Rafailidis in Buffalo

Ein Vierbeiner-Café von Davidson Rafailidis in Buffalo

Cosy Kost

Neues Raumkonzept von OEO Studio für Sternerestaurant Kadeau

Neues Raumkonzept von OEO Studio für Sternerestaurant Kadeau

Rotlicht auf der Treppe

Nautischer Gourmettempel von El Equipo Creativo in San Sebastián

Nautischer Gourmettempel von El Equipo Creativo in San Sebastián