Serwus Zapiekanka
In Warschau huldigen Moko Architects mit einem Schnellrestaurant einer polnischen Spezialität.
In den Innenstädten der Metropolen Europas herrscht kulinarisch gesehen ein einheitliches Bild: Eine Burger- und Pommes-Kette reiht sich an die andere, dazwischen gibt es Pizza, Pizza, Pizza. So auch in Warschau. Dabei haben die Polen ein einheimisches Fast-Food-Gericht mit langer Tradition: Zapiekanka – ein frisch mit Pilzen und Zwiebeln belegtes, und mit Käse überbackenes Baguette. Moko Architects haben diesem polnischen Schmankerl nun ein Interior gewidmet, das gekonnt mit tradierten Assoziationen spielt.
Zapiekanka wurde vor der politischen Wende in Polen ganz einfach an kleinen, offenen Marktständen verkauft – bevor die internationalen Ketten die Fast-Food-Wende ausriefen und die simple Speise zur schnöden Tiefkühlkost verkam. Genau diese Marktstände hat das in Warschau ansässige Büro Moko Architects nun als gestalterische Referenz genutzt und in ein lediglich 18 Quadratmeter großes Interior übersetzt. Bei den Einbauten der Zapiekanka-Bar Serwus in Warschau handelt es sich jedoch nicht um originalgetreue Marktstände. Moko Architects haben die Form aus pulverbeschichteten Stahlprofilen stark abstrahiert und mit einem Satteldach versehen. Auffällig ist die Farbgebung, wobei Rot für Ketchup und Gelb für Käse stehen soll – zwei integrale Bestandteile der Zapiekanka.
Zeitgeist trifft Dreißiger
Die Zapiekanka-Bar befindet sich im Erdgeschoss eines eleganten grauen Wohnblocks aus den dreißiger Jahren. Moko Architects beschränkten sich nicht auf die Gestaltung des Interiors. Rot eingefasste Fenster und Türen sowie ein ebenfalls rotes Neon-Leuchtschild an der Außenfassade des Gebäudes – mit dem Buchstaben S für den Namen der Bar – locken den Besucher ins Innere. Viel Licht strömt in den langen schmalen Raum, der aufgrund der geringen Größe nach einer klaren Struktur verlangte. Auf dem original erhaltenen, grau-weißen Steinfußboden sind fünf marktstandähnliche Elemente nebeneinander aufgestellt, die einen Raum im Raum bilden. Jedem der fünf, unterschiedlich großen Raumelementen ist eine spezifische Aufgabe im kulinarischen Herstellungsprozess zugeordnet.
Zapiekanka-Parcours
Während der Gast an der ersten Station – mit Kühlschrank, Stellfläche für Getränke und Kasse – seine Bestellung aufgibt und bezahlt, dient die zweite Station der räumlichen Trennung zwischen der Gast- und Küchenzone. Gleich daneben bereiten flinke Hände die Saucen für die Zapiekanka zu. Frische ist das Gebot der Stunde, weswegen sich die Betreiber des Serwus der Slow-Food-Bewegung verbunden fühlen. Chili-Schoten, Basilikum-Töpfe und Zwiebelsäcke baumeln dekorativ am Stahlgerüst, Zutaten wie Pilze und Käse lagern griffbereit in kleinen Containern, während das Brot von einer befreundeten Bäckerei geliefert wird. Ein Schritt daneben wird geschnippelt, das Baguette belegt, dekoriert und im Induktionsofen mit Käse überbacken. Den vier Raumelementen gegenüber ist an der Fensterfront die letzte Station des Zapiekanka-Parcours’ angeordnet. Mit Blick auf die am Haus vorbeiflanierenden Passanten isst der Gast das typisch polnische Fast Food an einem einfachen hohen Tisch im Stehen.
Beleuchtet wird der verspielt und farbenfroh anmutende Raum durch simple, dekorativ von der Decke hängenden Glühlampen. Aus ebenso einfachen wie kostengünstigen Materialien sind die Arbeitsflächen und Ummantelungen für die Küchengeräte gefertigt: helles, teils gelochtes Schichtholz. Back to the roots könnte deshalb das Motto von Serwus heißen. Denn nicht nur das Essen besinnt sich auf das Reduziert-Einfache und gleichzeitig gut durchdacht. Auch das Interiordesign folgt dieser erfolgsversprechenden Idee.
FOTOGRAFIE Jakub Certowicz
Jakub Certowicz