Tafeln mit Tiefgang
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Mitten in einer Vulkanlandschaft und umgeben von den Gebirgsketten der Pyrenäen liegt die spanische Stadt Olot. An deren Rand steht seit kurzem das neue Festzelt (Marquee) des Restaurants Les Cols: eine poetische Heraufbeschwörung des Picknicks im Freien mit einer perfekten architektonischen Hülle, die sich in der Landschaft aufzulösen scheint.
Es ist nicht die erste Intervention des spanischen Architekturbüros RCR für diesen Auftraggeber: Vor über zehn Jahren entwarfen sie das Stammhaus des Restaurants, gefolgt von kleinen Pavillons zum Übernachten für Gäste von außerhalb. Was alle Gebäude eint, ist ihre Verbundenheit zur Landschaft des Naturschutzparks La Garrotxa, der bedeutendsten Ansammlung von Vulkanen in Spanien.
Eingegrabenes Zelt
Zwischen Gemüsegärten und verfallenen Hütten liegt das Grundstück, auf dem die Architekten den Veranstaltungsort planen sollten. RCR definierten den Raum, ohne eine einzige Wand in die Höhe zu bauen: Sie hoben den Grundriss des Festzelts aus dem steinigen Erdreich aus und befestigten die Außenseiten mit vor Ort gefundenen Felsbrocken. Nur zu einer Seite hin öffnet sich die Halle zur Landschaft und inszeniert den Ausblick in die einzigartige Natur. Der Vorteil des Tiefgangs ist nicht nur, einen schattigen Ort geschaffen zu haben, sondern auch auf intelligente Art Umgebungslärm zu minimieren – eine Vorgabe des Bauherren, um Hochzeitsreden und klassische Konzerte akustisch nicht zu beeinträchtigen.
Auch die große Küche sowie Toiletten, Garderobe und der Eintrittsbereich liegen unterirdisch und sind über schlitzartig in den Boden gearbeitete Gänge mit dem Festsaal verbunden. So gelangen die Gäste, wenn sie den serpentinenartigen Weg zum Zelt gelaufen sind, über eine Rampe hinab ins Erdreich, um am anderen Ende des Flurs in einen mit Tagesicht durchfluteten, fast 1.000 Quadratmeter großen Raum einzutreten.
Im Schatten der Bäume
Während Boden und Wände aus dem vorgefundenen Vulkanstein bestehen und für die Architekten eine stabile Verbindung zum Boden symbolisieren, hebt das Dach fast ab und öffnet sich zum Himmel und den Jahreszeiten. Eine luftgefüllte Kunststoffhülle überspannt – getragen von Stahlrohren – die gesamte Fläche, filtert das Licht und schützt den Raum vor Wettereinflüssen. Unterbrochen wird das Dach nur durch frisch gepflanzte Bäume, eine weitere Reminiszenz an das Picknick im Freien. Im Inneren gliedern Vorhänge aus transparentem Kunststoff das Zelt. Das Material kommt sonst oft im Pflanzenanbau als Hülle für Gewächshäuser zum Einsatz: ein einfaches Readymade mit poetischem Effekt. Die Trennwände ermöglichen es, Gruppen unterschiedlicher Größen zu bewirten und auch einer Veranstaltung mit nur wenigen Gästen einen intimen Rahmen zu verleihen. So schufen RCR mit dem Marquee Les Cols einen Ort, der groß ist, ohne sich groß anzufühlen und mit seiner minimalistischen Architektur eine fast magische Fusion mit der Landschaft eingeht.
FOTOGRAFIE Pep Sau
Pep Sau
Links
RCR Arquitectes
www.rcrarquitectes.esLes Cols
www.lescols.comMehr Projekte
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