Volumen für Wölfe
Die Einzelteile eines Ganzen: Das White Wolf Hotel bei Porto bietet Urlaub mit Philosophie.
Wie in die Landschaft geworfene Würfel liegen die weißen Gebäude auf dem Grundstück nahe Porto verteilt: Aber das vor kurzem eröffnete Hotel überrascht nicht nur durch seine eigenwillige Architektur. Auch die von den Betreibern vorgelebte Lebensphilosophie ist auf den ersten Blick ungewöhnlich.
Das brasilianisch-portugiesische Architekturbüro AND-RÉ musste sich, bevor es sich an die Planung der Hotelanlage machen konnte, erst einmal mit einer außergewöhnlichen Lehre auseinandersetzen: „Die Auftraggeber pflegen einen alternativen Lebensstil und sind Anhänger des Holismus. Die damit einhergehende positive Denkweise wollen sie auch mit ihren Gästen teilen“, erklärt Francisco Ré, der für die Gestaltung des White Wolf Hotels verantwortlich war. „Dazu mussten wir verstehen, wie sich die Philosophie auf die alltäglichen Abläufe auswirkt“ – eine nachgerade übernatürliche Aufgabe.
Neutrale Architektur
Der Lehre vom „Holismus“ folgt der Vorstellung, dass alle natürlichen Systeme und ihre Eigenschaften als Ganzes – und nicht als Zusammensetzung ihrer Teile – zu betrachten sind. AND-RÉ entwickelte für die Lehre eine eigene Architektursprache, die Natur und Mensch in eine besondere Verbindung zueinander setzen soll: Die Gebäudeinhalte wurde in einzelnen Volumen separiert, die sich in der leicht hügligen Landschaft verteilen und hüfthoch in der Erde versenkt wurden. Auch ihre Form übt Zurückhaltung: Klare, weiße Geometrien sollen eine „aggressive architektonische Geste“ vermeiden und „Neutralität wahren“, wenn es nach den Planern geht. Verbunden sind die Häuser durch ein Wegesystem, das ebenfalls in das Terrain eingegraben wurde: So wird der Hotelgast zum Teil der Landschaft und bekommt eine neuartige Perspektive auf seine Umwelt. Auch der Swimmingpool fügt sich in den weiß-neutralen Kosmos ein und bildet das Zentrum der Anlage: Hier wird der Gast zum Teil der Natur und gleichsam der Idee des Holismus.
Erhellende Räume
Die weißen Pavillons beherbergen Apartments, Hotelverwaltung und einen großen Meditationsraum. Jedes der Gebäude ruht auf einem Band aus transluzentem Glas, das die Innenräume gleichmäßig mit Tageslicht versorgt: „Da die Bauherren einen sehr bunten und ausgefallenen Kleidungsstil haben, schlugen wir als Architektur eine neutrale Projektionsfläche vor – eine Art unbesetzten Hintergrund, den sie mit ihren Persönlichkeiten füllen können“, erklärt Ré. Die Volumen sind in ihrem Inneren in zwei unterschiedliche Raumatmosphären aufgeteilt, die sich nach der Tag- und Nachtnutzung richten: Das untere Geschoss, das vor allem am Tage genutzt wird, strotzt vor Helligkeit und bietet wunderbare Ausblicke auf die Natur. Das darüber liegende Schlafgeschoss birgt mehr Intimität und Zurückgezogenheit – das Licht dringt wesentlich kontrollierter über Fenster in der Dachschräge hinein.
Für die Planer war die Bauaufgabe Inspiration und Herausforderung zugleich, „nicht nur eine architektonische, sondern auch eine menschliche“, wie Francisco Ré erklärt. Und mit der fast himmlischen Präsenz des White Wolf Hotels haben die Gestalter ihre ganzheitliche Mission mit Bravour erfüllt.
FOTOGRAFIE Joao Soares
Joao Soares