Was Buebli und Bürli mit Starbucks zu tun haben
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Der kleine Junge mit der kecken Haartolle läuft einen Schritt voraus, einen Laib Brot unter den Arm geklemmt. Was wie der Beginn einer Kurzgeschichte klingt, ist das Logo der Bäckerei Buchmann in Zürich. Dort, am Max-Bill-Platz 13, haben Schieber De Zanet Innenarchitekten einen Verkaufsraum mit Café entworfen, der sich mit einem klar durchdachten Konzept präsentiert.
Mit diesem Ladenkonzept wollte man sich absetzen von den üblichen, oft pragmatisch, unübersichtlich und überladen eingerichteten Kleinbäckereien. Deshalb wurde ein Wettbewerb für die Gestaltung des Geschäfts am Max-Bill-Platz ausgeschrieben, den das junge Zürcher Innenarchitekturbüro Schieber De Zanet für sich entscheiden konnte. Zu den drei Filialen, die Buchmann bereits in Zürich betreibt, sollen noch weitere hinzukommen und ebenfalls mit den von Schieber De Zanet erarbeiteten grafischen und räumlichen Elementen ausgestattet und an die jeweiligen baulichen Gegebenheiten angepasst werden.
Wider die Starbucks-Kultur
Die Bäckerei samt kleinem Café liegt im Stadtteil Oerlikon im Erdgeschoss eines Gebäudes, das vom Zürcher Architekturbüro Voelki Partner entworfen wurde. Im sogenannten Accu-Komplex befinden sich neben Wohnungen auch ein Hotel sowie Läden und Büros. Unmittelbar an das Ladengeschäft von Buchmann grenzt eine Filiale der amerikanischen Kaffeehaus-Kette Starbucks. Dieser nicht ganz optimalen Ausgangssituation etwas gestalterisch Qualitätvolles entgegenzusetzen – das war die nicht ganz einfache Aufgabe des Architektenduos. In nur einem Monat Bauzeit wurde sie gelöst.
Wie in einem Sog
Bei insgesamt 150 Quadratmetern Ladenfläche misst die Verkaufsfläche 90 Quadratmeter, was für eine Bäckerei „um die Ecke“ relativ groß ist. Die restlichen 60 Quadratmeter der Gesamtfläche teilen sich Vorbereitungsräume, Büros und Sanitäranlagen, die alle zum Hof ausgerichtet sind. Vor der Bäckerei lädt ein (versiegelter) Platz mit Tischen und Stühlen zum Verweilen, Plaudern und Kaffeetrinken ein. Der Verkaufsraum zeichnet sich durch eine klare Linienführung aus. Das Konzept des Zürcher Innenarchitekturbüros ist denkbar einfach, jedoch nicht ohne das gewisse gestalterische Etwas: Während im hinteren Teil des Ladens der Verkaufstresen positioniert ist, befinden sich an den Seiten und an der Rückwand Warenregale, in der Mitte ein Selbstbedienungselement und im Leerraum dazwischen weiße Eames-Stühle und Tische. Entlang der raumhohen Fensterfront läuft ein hoher schmaler Tisch, der mit Barhockern bestückt ist. Einen fast theatralischen Effekt erreichen Schieber De Zanet, indem sie den annähernd quadratischen Raum sich nach hinten verjüngen lassen. So entsteht ein Sog in Richtung des Verkaufstresens, der das dominierende Element des Raums darstellt. Die Decke wurde abgehängt, um die Raumhöhe zu reduzieren und Leitungen unterzubringen, und mit einer großen Hängeleuchte versehen, wie man sie wohl eher in einem gemütlichen Wohnzimmer erwartet hätte als in einem Ladenlokal.
Ausgestellt: Wähen, Gipfeli & Co.
Auf die Gestaltung der Theke legten die Innenarchitekten Christoph Schieber und Sara Bindella ein besonderes Augenmerk. Als Herzstück des Ladens ist sie maßgefertigt, wie übrigens alle Möbel der Bäckerei Buchmann, mit Ausnahme der Tische und Stühle des Herstellers Vitra. Die im Verkaufstresen präsentierten kulinarischen Köstlichkeiten wie Törtchen, Mandel-Gipfeli oder Obst-Wähen sind in Körben und Tabletts untergebracht, die bündig in die Vitrine eingelassen werden können – ein ebenso ästhetischer wie praktischer Kunstgriff. Schieber De Zanet war es wichtig, dass die Produkte immer gut zu sehen sind, ohne dass sich der Kunde umständlich bücken oder verrenken muss. Die weiße Front der Theke besteht aus lackiertem MDF, in das ein Rautenmuster hineingefräst wurde, das amüsanterweise an die Oberfläche einer Kirschtorte erinnert.
Buchmann bringt Brot
Schieber De Zanet lieben es, mit Assoziation zu Backwaren und zum Bäckerhandwerk zu spielen, wenn auch auf sehr subtile Weise. Weiß und Braun sind die dominierenden Farben des Interieurs. Während der dunkle Akazienholzboden mit den weiß gestrichenen Wänden kontrastiert, sind die Regale in braun-orange gestrichene Nischen eingebaut. Diese Farbwahl ist kein Zufall, erinnert sie doch an Mehl und gebackenes Brot. Denn darum geht es hier: um das Backen. Die Bäckerei Buchmann ist ein alteingesessenes Unternehmen, es besteht seit den fünfziger Jahren. Der kleine Junge mit der kecken Haartolle und dem Brot unter dem Arm ist das prägnante, seit jeher verwendete Logo des Unternehmens. Brot-Buebli wird es liebevoll genannt. Es bringt uns die Bürli – ein innen helles und außen dunkel gebackenes Brötchen, das beim Reinbeißen herrlich knusprig bröselt.
FOTOGRAFIE Tobias Friemann
Tobias Friemann
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