Best-of Leuchten 2021
Wie dekorative Leuchten den Wohnraum aktivieren

Von rotierenden Ferngläsern über glimmende Kakteen bis hin zu illuminierten Eiskugeln: Leuchten akzentuieren die heimischen vier Wände und verleihen ihnen überraschende, charakterstarke und faszinierende Facetten. Einen Überblick über die neuen, dekorativen Lichtobjekte liefert unser Trendreport.
Leuchten sind die Trumpfkarte der Inneneinrichtung. Sie können einen Raum aufwerten, ihm Atmosphäre und Energie verleihen. Sie können ihn im schlimmsten Fall aber auch ruinieren. Leuchten haben zwei Gesichter: Im illuminierten Zustand gehen sie regelrecht auf. Aber auch ohne Licht in den Raum zu senden, werden sie als skulpturale Wesen wahrgenommen. Bei dekorativen Leuchten sind im Moment vor allem zwei Maßstäbe dominierend: ganz groß und ganz klein. Das Mittelfeld wird eher links liegen gelassen.
Sprung in den Maßstäben
Vor allem kleine Tischleuchten kommen nun groß raus. Sie punkten mit ihrer Universalität. Schließlich können sie überall zum Einsatz kommen: auf dem namensgebenden Tisch, aber auch auf dem Sideboard, im Regal, auf der Flurablage oder auf dem Badezimmerschrank. Kurzum: Ihre kompakte Größe macht sie wandelbar und vielseitig. Sie spielen mit dem Niedlich-Faktor, allerdings nicht auf infantile, sondern vielmehr auf erwachsene Weise. Die Formen sind ausdrucksstärker, in ihrer Plastizität gesteigert. Wir sehen Dinge mit Charakter und keine gesichtslosen Erfüllungsgehilfen der domestizierten Illumination.
Hang zur Transformation
Dass Leuchten auch alles andere als statisch sein können, zeigt der Pariser Hersteller DCW éditions mit La Lampe Frechin von Jean-Louis Frechin. Der zylindrische Leuchtkörper wird von einem Gestell aus Aluminium eingefasst und kann um eine mittige Achse rotieren. Fast so, als handle es sich um ein Fernrohr. „Ich wollte die LED, die wir alle kennen, in etwas Magischeres und Geheimnisvolleres verwandeln, von dem wir nicht wissen, was es ist — ob nun eine Röhre, eine Leuchte, ein wissenschaftlicher Apparat oder ein Gerät, das nichts nützt, sondern nur poetisch ist“, so der französische Designer. Die Wandleuchte Delumina, entworfen von Olivelab für DCW éditions, setzt sich aus zwei Glasscheiben zusammen. Durch eine Drehung der oberen Scheibe kann die Durchlässigkeit des Lichts variieren, von Transparenz bis hin zu völliger Opazität.
Bewegliches Licht
Mobilität ist ein weiteres Schlüsselthema im Lichtbereich. Brokis zeigt die kabellose Leuchte Dome Nomad von Chiaramonte Marin, deren gläserner Schirm von den Kuppelbauten Venedigs inspiriert ist. Ebenso mit Akku ausgestattet ist die Tischleuchte Easy Peasy, die Luca Nichetto für Lodes gestaltet hat. Die in verschiedenen Farben und Formen erhältlichen Leuchten wirken wie illuminierte Puppen, die sowohl in ihrer Helligkeit als auch in der Lichtfarbe variiert werden können. Eine elektronische Kerze hat der Tokioer Designer Hiroto Yoshizoe für den japanischen Hersteller Ambientec entworfen. Die mobile Tischleuchte Hymn wirft das Licht einer LED in einen tropfenförmigen Korpus aus Acryl, der über einen Metallbügel mit einem magnetischen Gegengewicht verbunden ist. Beim Einschalten der Leuchte wird ein Elektromagnet aktiviert, der das Gegengewicht abstößt und so für ein unregelmäßiges Flackern sorgt, das realem Kerzenlicht verblüffend nahe kommt.
Frei nach Archimboldo
Die Stärke der kleinen Leuchten überträgt sich selbst auf die ganz Großen: Lüster werden additiv verstanden. Sie folgen dem Prinzip der „assoziierten Bilder“ des italienischen Spätrenaissance-Malers Archimboldo. Dessen aus Früchten, Blumen und sogar Tieren zusammengesetzte Porträtbilder können als Ganzes wahrgenommen werden. Gleichzeitig lassen sich die Komponenten separat betrachten. Übersetzt auf die Leuchter heißt das: Die Lüster setzen sich aus kleinen Leuchtkörpern zusammen, die in ihrer Repetition und Verdichtung eine neue skulpturale Kraft entwickeln. Das Ganze ist mehr als die Summe der Einzelteile, so die unmissverständliche Botschaft. Interessante Entwürfe in diese Richtung haben Space Copenhagen mit der Howard Collection für Gubi, Studio Dechem mit Pyrite für Bomma und Sebastian Herkner mit Metropol für Rakumba realisiert.
Flora und Fauna
Die Sehnsucht nach der Natur überträgt sich auch auf den Lichtbereich. So ließ sich die Mailänder Gestalterin Gunilla Zamboni (Gupica Design) bei der Leuchtenkollektion Aracea für Visionnaire von tropischen Pflanzen leiten. Als Leuchtenschirme dienen stilisierte, großformatige Blätter, in deren Mittelrippe ein filigranes Leuchtband verläuft. Werden die hohen Stehleuchten und tief hängende Deckenleuchten mit realen Zimmerpflanzen kombiniert, lässt sich das Wechselspiel aus Natur und Künstlichkeit noch weiter steigern. Einen Ausflug in die Wüste unternimmt der französische Designer Mickaël Koska mit der Leuchte Cactus für Pulpo, bei der längliche Körper aus Borosilikatglas von metallenen Schellen umklammert werden. Fritz Hansen taucht auf den Meeresgrund mit der Leuchte The Clam von Ahm & Lund. Zwei mundgeblasene Glasschirme lassen sich wie die Schalen einer Muschel öffnen und schließen, um einen im Inneren verborgenen Diffusor (Die Perle) preiszugeben oder zu verbergen.
Heimat für Fledermäuse
Einen Hybrid aus Leuchte und tierischem Lebensraum hat Artemide mit Needoo vorgestellt. Die 3,4 Meter hohe Outdoor-Stehleuchte wirft das Licht aus einem schmalen LED-Ring dezent zu Boden. An ihrer Spitze befindet sich ein Hohlkörper, der durch eine Öffnung in verschiedenen Zuschnitten mit der Außenwelt verbunden ist. Je nach Größe der Öffnung können verschiedene Vogel- und Fledermausarten in der Leuchte nisten. „Needoo reduziert erheblich die Lichtbelastung und die Auswirkungen auf Flora und Fauna, mit dem Ziel, deren fotobiologischen Zyklus nicht zu stören. Es ist ein stilles Licht und fügt sich unterstützend in das empfindliche Gleichgewicht der Biodiversität ein“, erklärt der Schweizer Designer Davide Oppizzi seinen Entwurf.
Klare Geometrie
Eine andere Lichtstrategie liegt in der Fokussierung auf klare Geometrien. Vor allem das Zusammenspiel aus Kreis und Gerade zieht viele Gestalter in den Bann. Studiopepe hat die Leuchtenfamilie Nastro für den Hersteller Tooy entworfen, bei der stets ein metallisches Band (Italienisch: nastro) um einen zylindrischen Sockel gebogen wird. Barber & Osgerby haben ihre Tischleuchte Bellhop von Flos um eine Stehleuchte ergänzt. Deren geradliniger Schaft aus farbigem Aluminium wird von einem gläsernen Reflektor gekrönt, der mit dem scheibenförmigen Sockel aus Zement korrespondiert. Michael Anastassiades erweitert die Leuchtenfamilie Coordinates von Flos um Wandleuchten, bei denen sich filigrane Leuchtstäbe asymmetrisch überkreuzen.
Flimmernde Eiskugeln
Bei der Pendelleuchte Doi (Design: Meneghello Paolelli Associati) von Luceplan wird die in einen Stab eingelassene Lichtquelle per Magnetverbindung an eine von der Decke hängende Metallscheibe angedockt und unter Einwirkung der Schwerkraft behutsam ausbalanciert. Ironie darf an dieser Stelle auch nicht fehlen: Passend zum 40-jährigen Jubiläum der Memphis-Bewegung im September 2021 hat der Hersteller Memphis Milano mehrere Entwürfe von Masanori Umeda wieder aufgelegt. Bei der Leuchtenserie Gelato (1982) ist der Name tatsächlich Programm. Die konischen Schirme lassen an Waffeln denken, während die offen zur Schau gestellten LED-Leuchtbirnen die Eiskugeln markieren. Dekoratives Licht erfreut also nicht nur das Gemüt. Mitunter stimuliert es sogar den Appetit.
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