Arianna Lelli Mami von Studiopepe
Ein Interview über die Rückkehr der Mystik
Formale Archetypen in der Gestaltung, Materialexperimente und der Dialog von Gegensätzen sind nur einige der Motive, die sich in den Projekten von Arianna Lelli Mami und Chiara Di Pinto von Studiopepe wiederfinden. Für den diesjährigen Fuorisalone haben sich die beiden Mailänderinnen von dem Ausstellungsort inspirieren lassen und schufen mit Les Arcanistes eine Installation, die von Alchemie und Wahrsagerei erzählt. Damit greifen sie eine gegenwärtig sichtbare Tendenz unter Gestaltern auf, Elemente aus Astrologie, Tarot und anderen Formen der Mystik in den Fokus popkultureller Inszenierungen zu rücken. Wir sprachen mit Arianna Lelli Mami über das kollektive Unterbewusstsein, fantasievolle Szenographien und die Wichtigkeit des Narrativen.
In diesem Jahr zeigt ihr mit Les Arcanistes ein geradezu mystisches Projekt, in dem ihr die Wechselbeziehung zwischen Materie und der Macht archetypischer Symbole untersucht. Gibt es dazu eine Vorgeschichte?
Arianna Lelli Mami: Es begann an diesem Ort, einer ehemaligen Fabrik, in der im letzten Jahrhundert Gold verarbeitet wurde. Wir hatten schon seit Längerem die Idee, ein Projekt in Zusammenhang mit Alchemie zu machen und als uns dieser Ort vorgeschlagen wurde, war es fast wie ein Zeichen. Schließlich begann ein Alchemist seinen Prozess mit Blei, einem sehr reinen Material, um daraus Gold zu gewinnen.
Könnt ihr etwas zu Eurer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Alchemie in der Installation sagen?
Im kreativen Prozess beschäftigen wir uns oft mit Archetypen. Das führt dazu, dass wir uns mit verborgenen Bedeutungen auseinandersetzen, die in verschiedenen Epochen und Kulturen Formen und Materialien zugeschrieben wurden. Die Arkanisten waren die ersten Chemiker, die das geheime Wissen zur Herstellung von Porzellan und Materie im Allgemeinen besaßen. Auf Tarotkarten repräsentieren sie die Archetypen, die ein kollektives Unterbewusstsein darstellen. Für Designer wiederum ist es sehr wichtig die Archetypen und Materie zu kennen und zu wissen, wie Dinge erzeugt werden.
Das Projekt führt das Publikum dramaturgisch durch verschiedene Räume, wovon drei ganz besondere Geschichten erzählen.
Es gibt einen Raum, der einen Wasserbrunnen beherbergt. Ein Butoh-Tänzer, der eine Art Wächter des Wassers darstellt, verabreicht es den Besuchern zum Trinken. Außerdem gibt es ein alchemistisches Labor, in dem Tau destilliert und mit Heilkräutern versetzt getrunken werden kann. Dies symbolisiert einen Prozess der Reinigung und Selbstreflexion. Wer im Anschluss dazu bereit ist, kann die Società Mantica, den Weissagungs-Club, im Untergeschoß besuchen, das Herzstück des Projektes. Für uns bedeutet Weissagung nicht nur, die richtige Antwort zu kennen, sondern auch die richtige Frage zu stellen. Dies kann nur, wer sich selbst sehr gut kennt.
Was passiert in der Società Mantica?
In einem mehrheitlich in Weiß gehaltenen Raum stehen drei Tische. An zwei davon kann man sich selbst spielerisch befragen. An einem dritten Tisch sitzt ein Weissager vor Objekten in verschiedenen Formen und aus unterschiedlichen Materialien, die von ihm gelesen werden. Für das Projekt haben wir die archetypischen Figuren der Tarotkarten in Objekte übersetzt. Das ist die Geschichtserzählung dahinter.
Was lässt sich darüber hinaus in den Räumen entdecken?
Die Räume bringen viele unserer Entwürfe zusammen. Einige davon sind oder kommen in Produktion, andere sind experimentelle Projekte und limitierte Editionen, die keinen kommerziellen Richtlinien folgen und uns die Möglichkeit einer anderen Auseinandersetzung geben. Dazu haben wir Produkte von Designfirmen ausgewählt, mit denen wir zusammenarbeiten, und in Dialog mit Vintage-Stücken gestellt.
Les Arcanistes ist sehr beispielhaft für die verschiedenen Bereiche, mit denen ihr euch beschäftigt: Ihr habt 2006 als Stylistinnen angefangen und im Laufe der Jahre kam auch Innenarchitektur und Produktdesign dazu. Wie ging diese Entwicklung mit eurem Schaffen einher?
Wir haben beide Industriedesign am Politecnico in Mailand studiert. Nach unserem Abschluss zogen wir es jedoch vor, keine eigenen Produkte zu entwerfen, da wir das Gefühl hatten, dass es schon ein zu großes Angebot gab und wir darüber hinaus relativ wenig über die Produktion wussten. So haben wir uns entschieden, kreativ mit Objekten und Materialien zu spielen und fantasievolle Szenographien zu gestalten. Als noch die Innenarchitektur dazu kam, spürten wir erst die Notwendigkeit, selbst Produkte zu entwerfen, die wir auf dem Markt nicht finden konnten. So ging es mit dem Produktdesign los, und heute spielt es bei uns in der Agentur eine sehr wichtige Rolle.
Studiopepe
Arianna Lelli Mami (l.) und Chiara Di Pinto (r.) von Studipepe, Foto: Andrea Ferrari
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