„Wir müssen uns nicht verstellen“
Atelierbesuch bei Studio Mara in Berlin-Charlottenburg

Mirjam Danke und Hans-Olaf Schulz von Studio Mara sind ein eingespieltes Team. Sie arbeiten als selbstständige Interiordesigner*innen – nach Stationen bei Dopo Domani, Strato Cucine und Andreas Murkudis. Wir haben die beiden Kreativen in ihrer Charlottenburger Altbauwohnung besucht und über Kinderträume, Expansionspläne sowie das Arbeiten als Paar gesprochen.
Auch wenn Mirjam Danke und Hans-Olaf Schulz viele Jahre als festangestellte Architekt*innen und Interiordesigner*innen gearbeitet haben, setzten sie mit Mara Architekten und später mit Studio Mara nebenher immer eigene Projekte um und bewahrten sich so ein Stück gestalterischer Freiheit. Während der Coronazeit hatten sie dann beide den Wunsch, in das kalte Wasser der Selbstständigkeit zu springen – um ausschließlich eigene Konzepte umzusetzen. Mit all ihren Erfahrungen und Kontakten im Gepäck war das keine schlechte Idee, wie sich nun zeigt. Während es etwas verhalten losging, seien sie für dieses Jahr schon fast komplett ausgebucht mit Aufträgen, erzählt Schulz.
Die Terrassenwohnung einer Kleinfamilie gliedert sich in offene Räume und Rückzugsorte für Eltern und Kind. Foto/Copyright: Simon Menges
Von Dessau nach Berlin
Das Paar lernte sich in den Neunzigerjahren in Dessau kennen, wo Danke Architektur studierte und Schulz für die Stiftung Bauhaus Dessau arbeitete. Irgendwann wurde ihnen die ostdeutsche Kleinstadt zu eng und sie siedelten über nach Berlin, wo sie eine Dependance des italienischen High-End-Küchenherstellers Strato Cucine aufbauten und später für Andreas Murkudis Projekte umsetzten. Dabei bauten sie einen illustren Kundenkreis auf und eigneten sich das Know-how und die Kompetenzen an, die sie heute so erfolgreich machen. Das betrifft vor allem ihren ausgeprägten Sinn für die Grundrissplanung, Proportionen und Raumgefüge sowie die Verwendung von Farben und Materialien.
Der Masterbedroom mit angrenzendem Walk-in-closet. Von hier geht auch ein Badezimmer ab. Foto/Copyright: Simon Menges
Sympathisch & unprätentiös
Danke und Schulz lieben es, sich auf die Suche nach teils noch unentdeckten Manufakturen und Herstellern zu begeben – egal ob es sich um Möbel, Teppiche oder Betonfliesen handelt. Bei ihren Projekten arbeiten sie eng mit Designern und Unternehmen wie Christophe Delcourt, Carl Hansen & Søn, Reuber Henning, ELOA und PSLab zusammen. Schulz erzählt, dass er sich schon immer für Möbel und Design interessiert habe. „Als Kind habe ich zusammen mit meiner Mutter ständig mein Zimmer umgeräumt.“ So war es naheliegend, dass er eine Lehre als Raumausstatter machte, eher er in Basel Interior- und Produktdesign studierte. „Von meinem ersten Lehrlingsgehalt habe ich mir den Wassily Chair von Marcel Breuer gekauft“, erzählt er lachend. Dass sie auch beruflich ein Paar sind, empfindet Danke als „unglaubliche Bereicherung“ und „optimale Ergänzung“. Es ist sicherlich auch diese sympathische und unprätentiöse Art, die dafür sorgt, dass Bauherr*innen sie oft weiterempfehlen oder mit Nachfolge-Projekten beauftragen. „Wir müssen uns nicht verstellen“, sagt Schulz.
Auf neuen Wegen
Inzwischen ist Studio Mara so gut im Geschäft, dass Danke und Schulz in wenigen Monaten mit ihren zwei Mitarbeiter*innen in ein eigenes Studio ziehen werden. Dabei hatten sie ziemlich viel Glück, erzählt Danke, denn ein Projektentwickler stellt ihnen in Berlin-Mitte einen rund 60 Quadratmeter großen und fünf Meter hohen Raum zur Verfügung, den sie frei bespielen können. Sie werden in dem Altbau aus der Jahrhundertwende nicht nur arbeiten, sondern haben auch vor, ausgewählte Möbel auszustellen. „Wir wollen uns mit diesem Studio nach außen öffnen und unsere Arbeit zur Diskussion stellen“, sagt Schulz
Die kleine Einheit im Erdgeschoss einer Wohnanlage auf Amrum wurde durch strukturelle Eingriffe, neue Materialien und Mobiliar in ein offenes Interior verwandelt. Foto/Copyright: Simon Menges
Minimalistische Behaglichkeit
Dass Mirjam Danke und Hans-Olaf Schulz das Zurückgenommene lieben, gedeckte Farben und taktile Materialien wie Holz und Naturstein bevorzugen, ist auch in ihrer eigenen Wohnung in der Charlottenburger Niebuhrstraße zu sehen. Die 150 Quadratmeter große Altbauwohnung, die sie mit ihren zwei fast erwachsenen Söhnen bewohnen, dient ihnen zurzeit noch als Arbeitsplatz. Ziemlich minimalistisch ist es hier, doch keineswegs kühl oder gar ungemütlich, im Gegenteil: Das Designerpaar hat ein Händchen dafür, behagliche Innenräume zu schaffen, die dennoch kontemporär und immer auch persönlich wirken. Dafür kombinieren sie Braun- und Beigetöne, ein tiefes Sofa im Wohnzimmer mit einem weißen Lowboard, auf dem sie Fotos, Bücher und Keramiken arrangiert haben. Die Küche im rückwärtigen Teil der Wohnung nimmt die dunklen Lichtverhältnisse interessanterweise mit viel Schwarz auf und verstärkt das schummrige Ambiente. Dabei ist die auffällig tiefe Arbeitsfläche aus durchgefärbten schwarzen CDF-Platten maßgefertigt.
Um die typische Charakteristik des in einer ehemaligen Fabriketage untergebrachten Lofts wiederherzustellen, wurden fast alle Innenwände entfernt. So wirkt ... Foto/Copyright: Simon Menges
Im Fokus: das private Wohnen
Mit Studio Mara konzentrieren sich Danke und Schulz auf die Gestaltung von privaten Innenräumen und schätzen die persönliche Auseinandersetzung mit den Bauherren. Dabei rangieren ihre Projekte von einer kompakten Ferienwohnung auf Amrum über eine große Terrassenwohnung in Berlin bis hin zu einer Finca mit Meerblick auf Mallorca. Manchmal haben sie auch das Glück und gestalten die gesamte Wohnung, inklusive einer Auswahl von Tableware, Handtüchern und Bettwäsche. Gerade bauen Schulz und Danke eine 120 Quadratmeter große Wohnung im Berliner Bötzowviertel um – ein Projekt, das sie im halbfertigen Zustand übernommen haben. „Wir haben alles rough gelassen, nur die Türen und Türzargen und die wenigen Flächen, die bereits verputzt waren, im Farbton Skimming Stone von Farrow & Ball gestrichen“, erzählt Schulz. Alle anderen Flächen bleiben unfertig mit halbabgerissenen Tapeten, was der Wohnung einen besonderen Charme verleiht.
Die einzelnen Bereiche wie Küche und Bad werden nun durch zwei frei im Raum stehende Kuben gegliedert, ein typisches Element für die Arbeit von Studio Mara. Sie schaffen Stauraum und Privatsphäre. Foto/Copyright: Simon Menges
Ohne festes Budget
Studio Mara hat eine Vorliebe dafür, große Räume mit maßgefertigten Funktionsblöcken zu unterteilen, wie in einer 240 Quadratmeter großen Wohnung für eine junge Familie in Friedrichshain zu sehen ist. Im Mittelpunkt des Entwurfs steht ein großer Wohnraum mit Küche, Essplatz, Sofa- und Kaminecke. Aus einer behaglichen Sitznische erwächst ein Holzkubus, der das Kinderzimmer birgt und in ein Homeoffice übergeht. Die maßgefertigten Einbaumöbel ergänzen ein Interior, das in seiner Farbgebung und sparsamen Möblierung gestalterisch zurückhaltend wirkt. „Wir haben das Glück, dass wir bei fast all unseren Projekten ohne festes Budget arbeiten können“, sagt Schulz. „Unsere Auftraggeber vertrauen uns.“
Im Obergeschoss des Hauses dominieren Einbauten aus gebürstetem Eichenholz und ein Spabereich in rauem Naturstein. Foto/Copyright: Studio Mara
Studio Mara
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