Stories

Der Hintergrund der Existenz

von Norman Kietzmann, 15.12.2006

Schönheit, so sagt man, liegt verborgen im Auge des Betrachters. Was aber, wenn der Betrachter nach einiger Zeit verlernt hat, überhaupt zu schauen? Wenn die Dinge um ihn herum so selbstverständlich geworden sind, dass er sie gar nicht mehr bemerkt? Der Weg zur Arbeit, das Warten auf Bus oder U-Bahn, die Geschäfte, in denen wir unsere Lebensmittel einkaufen. Es sind jene Räume, die wir streifen im Laufe unseres Alltags. Periphere Räume, die nach einiger Zeit für uns unsichtbar geworden sind.
Die Fotokünstlerin Mona Breede hat sich in ihren Arbeiten mit jenen Räumen des Alltages auseinandergesetzt und Motive urbaner Straßenszenen mit ihrer Kamera eingefangen: Menschen auf dem Weg zur Arbeit, wartende Passanten an einer roten Ampel oder Geschäftsmänner, die eine Straße überqueren. Alltägliche Motive die trotz ihrer banalen Situationen eine geradezu unwirkliche Kraft und Schönheit ausstrahlen. Die räumliche Umgebung wird dabei zu einer Bühne, auf der die Personen agieren. Das Licht ist hell und klar und fast wirkt es, als ob es nur dafür geschaffen wurde, die ganze Szenerie auf natürliche Weise perfekt auszuleuchten. Mona Breede sagt dazu: „Neben den Hintergründen spielt auch das Licht für meine Arbeiten eine entscheidende Rolle. Mich haben immer extreme Lichtsituationen interessiert. Licht, das moduliert, kontrastreich, kraftvoll ist. Meine Zeit des Fotografierens ist nicht der Winter und der bewölkte Himmel, sondern gleißende Sonne, frühe Morgenstunden, Licht und Schatten.“
Die urbanen Räume treten in den Hintergrund der Komposition und besitzen dennoch einen ganz eigenen ästhetischen Reiz. Manche sind beliebig und könnten überall auf der Welt sein, andere dagegen sind weltbekannt wie beispielsweise das Lloyd’s Building in London von Richard Rogers oder der zentrale Boulevard im Hochhausviertel La Defence vor Paris. Doch trotz ihrer Aufsehen erregenden Architektur sind auch diese Räume alltäglich geworden und ziehen schon lange nicht mehr die Blicke der vorbeiziehenden Geschäftswelt auf sich. Mensch und Raum durchdringen einander zu einer zusammenhängenden ausgewogenen Komposition.
Und doch beschleicht den Betrachter das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt. Man tritt näher an die Bilder heran und sieht direkt in die Menschen hinein. Sie sind gestochen scharf abgebildet und erwecken den Eindruck als wohne man ihrem Treiben auf der anderen Straßenseite als Voyeur bei. Die Menschen erscheinen nicht mehr nur als farbige Punkte, sondern haben Gesichter und damit Identitäten, die unbewusst kleine Geschichten zu erzählen beginnen. Ihre Bewegungen bilden einen eigenen ästhetischen Reiz, der von der Frage nach ihren persönlichen Schicksalen überlagert wird. Die Orte sind dabei Zeichenträger unserer Zeit zusammen mit der Kleidung der Menschen, den Reklametafeln, Autos und den Gebäuden. Sie sind nicht inszeniert sondern entspringen einer realen Wirklichkeit. Dennoch besitzen sie keinen dokumentarischen Anspruch und spiegeln vielmehr die persönliche Sicht der Fotografin. Einige sind auch bewusst manipuliert und so liest man bei einem Motiv plötzlich auf der Anzeigentafel einer Bushaltestelle: „Der mit Abstand wichtigste Raum im Weltall ist der zwischenmenschliche.“ Die beiden Geschäftsmänner daneben laufen unbeirrt weiter mit ihren täglichen Sorgen und scheinen den Sinn dieser Worte nicht vernommen zu haben. Doch dem Betrachter wird umso mehr klar, woran es den beiden wohl besonders mangelt. Es ist der Abstand zu den Dingen, der uns die Schönheit des Alltages erst wieder zugänglich macht.
Mona Breede „Der Hintergrund der Existenz“
Die Ausstellung läuft noch bis zum 13. Januar 2007 in der Galerie Dittmar, Berlin
Galerie Dittmar
Augustrasse 22, 10117 Berlin
Tel: +49 30 280985 40
Fax: +49 30 280985 41
www.galerie-dittmar.de
Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail
Links

Galerie Dittmar

www.galerie-dittmar.de

Mehr Stories

Ganzheitliches Designverständnis

Sonderpreise für Formafantasma und Vibia Lighting bei den Iconic Awards 2024

Sonderpreise für Formafantasma und Vibia Lighting bei den Iconic Awards 2024

Keine Kreislaufprobleme

Vollständig recycelbarer Teppich von Object Carpet

Vollständig recycelbarer Teppich von Object Carpet

Formschöne Flexibilität

Brunner stellt Universaldrehstuhl ray work vor

Brunner stellt Universaldrehstuhl ray work vor

Best Workspaces 2024

Erste Preise gehen an INpuls und Kresings Architekten

Erste Preise gehen an INpuls und Kresings Architekten

CO2-Neutral und plastikfrei

Karcher Design setzt Nachhaltigkeit ganzheitlich um

Karcher Design setzt Nachhaltigkeit ganzheitlich um

Perfekte Imperfektion

Sebastian Herkner taucht die Bauhaus-Klassiker von Thonet in neue Farben

Sebastian Herkner taucht die Bauhaus-Klassiker von Thonet in neue Farben

Innovative, zukunftsweisende Designs

Brunner stellt seine Produktneuheiten vor

Brunner stellt seine Produktneuheiten vor

Gimme Shelter

Vielfältige Rückzugsorte für das Büro von VARIO

Vielfältige Rückzugsorte für das Büro von VARIO

Neue Perspektiven

Initiative IDX setzt auf Austausch, Inspiration und Networking

Initiative IDX setzt auf Austausch, Inspiration und Networking

Breite Eleganz

Fischgrätplanken von PROJECT FLOORS in neuen Formaten

Fischgrätplanken von PROJECT FLOORS in neuen Formaten

Für eine nachhaltige Zukunft

Fokusthemen des Brunner-Leitfadens

Fokusthemen des Brunner-Leitfadens

Alles auf eine Bank

Die Möbelkollektion Semiton von García Cumini für Arper

Die Möbelkollektion Semiton von García Cumini für Arper

Zusammen arbeitet man weniger allein

Co-Working-Spaces im Wandel

Co-Working-Spaces im Wandel

Das zukunftsfähige Office

Brunner denkt das Büro neu

Brunner denkt das Büro neu

Mehr Partizipation

Warum Zaha Hadid Architects heute den Mitarbeiter*innen gehört

Warum Zaha Hadid Architects heute den Mitarbeiter*innen gehört

Blick ins Homeoffice

Gestaltende über Lösungen für das Arbeiten zu Hause – Teil 1

Gestaltende über Lösungen für das Arbeiten zu Hause – Teil 1

Komfort-Bausteine

jehs+laub gestalten das Polsterprogramm oval für Brunner

jehs+laub gestalten das Polsterprogramm oval für Brunner

Auf Tuchfühlung

Unterwegs auf dem Münchner Stoff Frühling 2023

Unterwegs auf dem Münchner Stoff Frühling 2023

Neue Räume entfalten

Kooperation zwischen Brunner und atelier oï trägt erste Früchte

Kooperation zwischen Brunner und atelier oï trägt erste Früchte

Best Workspaces 2023

andOFFICE und Gruppe GME Architekten gewinnen ersten Preis

andOFFICE und Gruppe GME Architekten gewinnen ersten Preis

Gestaltungsvielfalt in neuen Tönen

Kollektions-Relaunch bei Project Floors

Kollektions-Relaunch bei Project Floors

Starkes Schweden

Neues von der Stockholm Design Week 2023

Neues von der Stockholm Design Week 2023

Raus aus dem Möbeldepot

Mobile Einrichtungslösung aus alten Abfalleimern setzt auf Upcycling

Mobile Einrichtungslösung aus alten Abfalleimern setzt auf Upcycling

Adaptives Multitalent

Das Gira System 55 wird 25

Das Gira System 55 wird 25

In den Kreislauf gebracht

JUNG erarbeitet sich Cradle to Cradle-Zertifizierung für komplexes Produktsortiment

JUNG erarbeitet sich Cradle to Cradle-Zertifizierung für komplexes Produktsortiment

Best-of Orgatec 2022

Design zum Wohlfühlen von der Kölner Büromöbelmesse

Design zum Wohlfühlen von der Kölner Büromöbelmesse

Atmosphärische Übergänge

Hybrides Arbeiten zwischen Büro und Homeoffice 

Hybrides Arbeiten zwischen Büro und Homeoffice 

Technik-Upgrade für den Wohnraum

News und Trends von der Elektronikmesse IFA

News und Trends von der Elektronikmesse IFA

Meister der Zweitnutzung

Neues Design aus alten Möbeln von Girsberger Remanufacturing

Neues Design aus alten Möbeln von Girsberger Remanufacturing

Von der Fläche in den Raum

Formholzmöbel feiern ein Comeback bei Thonet

Formholzmöbel feiern ein Comeback bei Thonet