Future bizz 2030: Zur Zukunft der Arbeit
Wie werden wir morgen leben, wie arbeiten? Welche Werkzeuge stehen uns im Jahre 2030 zur Verfügung, und welche neuen Berufe werden sich mit den gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und technologischen Entwicklungen herausbilden? Eine Sonderschau zur diesjährigen Ausgabe der Büromöbelmesse Orgatec in Köln wagt den Blick in die Kristallkugel. In Zusammenarbeit mit Unternehmen und Hochschulen stellt sie Studien und visualisierte Konzepte vor und entwirft Büro-Szenarien frisch aus der Zukunft.
Wer eine Ahnung davon haben will, wie das Büro morgen aussehen wird, der schaut sich Vergangenheit und Gegenwart an, untersucht Tendenzen und aktuelle Entwicklungen. Das hat die future_bizz company getan, die sich aus einem Netzwerk von Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen zusammensetzt. Arbeitswelten 2030 lautet der Titel ihrer Studie. Was sie in unseren Büros und Wohnungen gefunden hat, kann auf eine Handvoll Sätze verkürzt werden: Statt in dauerhafter Festanstellung leben wir in Lebens-Abschnitts-Jobs. Wir navigieren uns als moderne Nomaden durch unser Berufsleben. Büro? Das haben wir in Form eines Smartphones in der Hosentasche. Wir stellen uns fix auf neue Arbeitsfelder, neue Städte und neue Kulturen ein. Flexibilisierung ist die Parole unseres Zeitalters, Privat- und Berufsleben verschmelzen.
Dinosaurier-Berufe
Aber auch etwas anderes verrät die Studie. Es sind nicht nur wir und unser Alltag, die sich verändert haben und sich verändern werden. Unter den Berufen gibt es bedrohte Arten und ausgestorbene Spezies, und solche, die sich ganz darwinistisch an ein neues Habitat und technologische Innovationen angepasst haben. Vieles ist mittlerweile automatisiert, und manuelle Tätigkeiten sind nahezu verschwunden. Für Standardprozesse werden immer weniger Menschen eingesetzt: Das beginnt im Supermarkt, wo es mittlerweile Selbstbedienungskassen gibt. Oder am Flughafen, wenn der Kunde mit dem selbstgedruckten Ticket eine Schranke mit Scanner passiert. Etliche Tätigkeiten sterben aus. Und das betrifft nicht nur die einfachen. Während früher Fließbandarbeiter durch Roboter ersetzt wurden, sind es heute die Wissensarbeiter, die durch eine Revolution aus ihrer ruhigen Existenz gerissen werden könnten. Selbst Mediziner, Anwälte und Lehrer stehen bereits in Konkurrenz zur Technologie.
Neue Werkzeuge, neue Jobprofile
Exemplarisch festmachen lässt sich das am Beruf des Designers. Allein in den letzten fünfzig Jahren gab es drei große Paradigmenwechsel. Es gab die Zeiten vor dem Computer, in denen Modellbau und Handzeichnungen zum Tätigkeitsprofil gehörten. Dann ergänzte die digitale Animation den Werkzeugkasten, in dem Falzbeil und Cutter immer öfter liegen blieben. Heute sind Maschinen wie 3D-Drucker in der Lage, Modelle auf Knopfdruck auszuspucken. Und die nächste Revolution ist absehbar. Wenn solche Geräte eines Tages in jedem Haushalt stehen werden und Tassen On Demand aus Druckern purzeln, dann muss auch der Designer seine Dienstleistung anpassen. Dann vertreibt er vielleicht nur noch Datensätze mit der Option eines Customizing, Produkte also, deren Form und Größe der Käufer anpassen kann. Der Designer hat, wie Menschen in vielen anderen Berufen, nie ausgelernt. Dass auf die Ausbildung eine ab dann beherrschbare Tätigkeit folgt, ist passé.
Kreativität schlägt Wissen
Wir sind auf unsere Berufe nicht abonniert, viele Arbeitnehmer wechseln im Laufe eines Berufslebens mehrmals die Branche. Um hier bestehen zu können, gibt es eine Voraussetzung: Lernen. Damit Weiterbildung überhaupt in den Alltag einzubinden ist, müssen neue Strategien gefunden werden. Die reichen von EnterTEACHment, also dem Lernen mit Unterhaltungswert, bis zum Learning on Demand, das Wissenshappen für Zwischendurch bietet. Wir sind vom Bären, der all sein Wissen als Vorrat im Hinterzimmer hortet, zum Eichhörnchen geworden, das ungebunden ist und dafür weiß, wo es buddeln muss. Informationen stehen permanent und auf Knopfdruck überall zur Verfügung. Und sie sind vergänglich: Was heute noch up to date ist, kann morgen schon überholt sein. In der Konsequenz entfernen wir uns vom Wissenszeitalter. Aber wohin? Dienstleistung, Wissen und Gestaltung sind die Schlagworte, die den Arbeitsalltag vieler Menschen am besten beschreiben. Sie sind die neuen Kreativen. Nicht im Sinne von Künstlern und Designern, sondern als diejenigen, die in betrieblichen Abläufen mit Phantasie arbeiten. Wissenschaftler, Architekten, Ingenieure bilden die Creative Class, die der Service Class, den Dienstleistungsberufen gegenüber steht.
Die neuen Unternehmen
Was heißt das für die Firmen? Auch das hat die Studie untersucht und diagnostiziert, dass Unternehmen heute nur noch eine Kernbelegschaft fest einstellen, die Querschnittaufgaben ausüben. Projektbezogen werden Experten herangezogen, die über die maßgeschneiderten Kompetenzen verfügen. Die jedoch sind begehrt und entsprechend rar. Um Mitarbeiter zu binden, genügt nicht nur eine hohe Entlohnung; Unternehmenskultur und Arbeitsumfeld stehen bei manchem Arbeitnehmer in der persönlichen Rangliste noch vor dem Geld. Firmen müssen Wege finden, sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren: über den Standort, aber auch über den Wohlfühlfaktor. Dabei spielt die Einrichtung und Möblierung des Büros eine Rolle, aber auch die Infrastruktur, die im besten Fall offen und flexibel genutzt werden kann. Kommunikation ist das Stichwort. Denn während Mitarbeiter außer Haus auf digitalem Wege in Verbindung stehen, ziehen sie im Büro den persönlichen Kontakt in der Kaffeeküche vor. Für die Zukunft wird das heißen: Weg vom Großraum- und vom Zellenbüro, hin zu einer Bürolandschaft, die Freiräume bietet. Das Büro 2030 wird vielleicht nur noch eine Begegnungsstätte sein, die eigentliche Arbeit findet dann im Sinne der modernen Nomaden woanders statt.
Die Sonderschau „Zukunft | Arbeit | Raum - 2030: Neue Perspektiven für die Arbeitswelt von morgen“ wird im Rahmen der Orgatec vom 23. bis 27. Oktober 2012 in Köln gezeigt. Ausgestellt werden Entwürfe von Raum- und Arbeitsplatzkonzepten, die im Auftrag von future_bizz durch die Hochschulen Ostwestfalen-Lippe sowie der Hochschule Darmstadt entwickelt wurden.