Im Bauch der Badewanne: Stedelijk Base von AMO
Zwischen Bühne und Collage: das Wandsystem von AMO für die Stedelijk Base in Amsterdam.
Vor der Kunst kommen die Wände: Für die frisch eröffnete Stedelijk Base in Amsterdam hat die OMA-Denkfabrik AMO ein System aus Ausstellungspaneelen entwickelt, das bereits nackt eine gute Figur macht und sich zu einer labyrinthartigen Landschaftsarchitektur zusammenpuzzeln lässt.
„Flexible Permanenz“ könnte die Headline ebenso gut lauten. Oder einfach: „Neue Wände für die Kunst“. Rem Koolhaas, Federico Martelli und ihr Team vom AMO-Thinktank haben zusammen mit den Ingenieuren von ARUP und dem niederländischen Hersteller Tata Steel eine architektonische Bühne für die Exponate im Bauch der Stedelijk-Badewanne von Benthem Crouwel Architects geschaffen, die einen maximalen Spielraum bietet. Fünf Jahre nach seiner offiziellen Wiedereröffnung schließt Amsterdams städtisches Kunstmuseum Ende Dezember mit der Stedelijk Base den letzten Teil seiner Umbau- und Erweiterungsphase ab. 1.340 Quadratmeter fasst die Kellergalerie in dem weißen Neubau mit der markanten Kunststoff- und Carbonfassade, der ganz unsubtil die Apple-Ästhetik unserer Zeit zitiert.
Collage aus Stahl
Mit dem Stedelijk Display System beweisen Koolhaas und Martelli, wie bescheiden eine komplexe Lösung aussehen kann. Die Displays sind reinweiß und haben einen dunkelgrauen Rücken, wobei sich die einzelnen Elemente wie Puzzlestücke zusammensetzen lassen. Auf diese Weise sind alle erdenklichen Kombinationen unkompliziert umsetzbar: Eine schmale Ecke, eine Box mit Aussichtplattform, eine Y-Form oder aneinandergereihte, fast tanzende Wände, die weder Anfang noch Ende kennen, strukturieren die Ausstellungshalle und schaffen Hängeplätze für 670 Werke. Theoretisch wäre sogar eine klassische Enfilade denkbar – auch wenn die Architekten einen „quasi-urbanen Parcours“ bevorzugen. AMO bleibt eben eine Denkfabrik.
Ganz leicht ist das System nicht. Die einzelnen Stahlelemente müssen ein ausreichendes Eigengewicht haben, um stabil zu bleiben. Dennoch konnten die freistehenden Wände mit 15 Millimetern so dünn wie möglich dimensioniert werden. „Es sind Wände wie Screens“, sagt Rem Koolhaas, der mit dem Stedelijk Display System eine Ausstellungsform ohne Hierarchien schafft. Als offene Route kann der Besucher die Kunstwerke und Designexponate von 1880 bis 1980 aus neuen Perspektiven und in diversen Überlagerungen betrachten. Der Balkon des Pavillons, in dem eine Rauminstallation von Gerrit Rietveld installiert wurde, bietet als i-Tüpfelchen die Möglichkeit, die gesamte Ausstellung aus der Vogelperspektive zu betrachten.
Schön und flexibel wie es ist, ließe sich das Wandsystem auch auf andere Situationen und Ausstellungshäuser übertragen. Könnte doch sein, dass bald auch die Fondazione Prada Interesse bekommt.
FOTOGRAFIE Delfino Sisto Legnani und Marco-Cappelletti
Delfino Sisto Legnani und Marco-Cappelletti
Architekten
OMA/AMO: Rem Koolhaas und Federico Martelli mit Mario Garcia und Samir Bantal
www.oma.com