36 Quadratmeter Weißraum
Kitsch adé! Minimalistische Ferienwohnung im katalanischen Ort Sitges.

Stellen Sie sich vor, alles in Ihrer Wohnung ist weiß. Der Fußboden, die Wände, die Fenster, sämtliche Möbel. Im katalanischen Badeort Sitges hat das Architekturbüro Colombo and Serboli Architecture ein Ferienapartment in einen White Cube verwandelt. Und lediglich ein paar Ausreißer in Form von schwarzen Accessoires und Kunstwerken konnten sich durchsetzen in dieser minimalistischen Monochromie.
Sitges liegt 35 Kilometer südwestlich von Barcelona und ist ein beliebter Ferienort, nicht nur für stressgeplagte Großstädter. Auch ein französischer Kunstgeschichtsprofessor wählte den 28.000 Einwohner zählenden Badeort als Feriendomizil. Sitges hat zwei Gesichter. Das eine – mit engen Altstadtgassen, verschnörkelter Jugendstil-Architektur des Modernismo, unzähligen Cafés und Restaurants – ist durchaus pittoresk. Während das andere die typischen, in den sechziger Jahren entstandenen Auswüchse eines spanischen Ferienortes zeigt: Ein deprimierend gesichtsloser, meist mit Ferienwohnungen belegter Bau reiht sich an den anderen.
Von den Sechzigern ins Heute
Auch das lediglich 36 Quadratmeter große Ferienapartment des französischen Kunstgeschichtsprofessors machte da keine Ausnahme, als er es kaufte. Es verfügte zwar über keine schöne Aussicht – sämtliche Fenster sind zu einem Innenhof ausgerichtet – dafür wird es mit Ruhe und Licht verwöhnt. Der braun melierte Fliesenfußboden, verblichene dunkelbraune Möbeleinbauten, eine unansehnliche Falttür sowie ein wild mit grünen Blumen gemusterter Sonnenstore auf der Terrasse waren vielleicht in den Sechzigern ganz charmant, entschied der Bauherr und beauftragte die in Barcelona ansässigen Architekten Matteo Colombo und Andrea Serboli mit dem Umbau.
Drei Räume in einem
Gestalterischer Ausgangspunkt war neben der Farbe Weiß die Idee des Open Space. Die Wohnung unterteilt sich in drei ineinander übergehende Raumsequenzen: den Küchen-Badezimmer-Block, die Wohn- und Schlafeinheit sowie die elf Quadratmeter große Terrasse. Zusammengefasst werden die drei Blöcke durch einen einheitlichen Fußbodenbelag aus weißem Kunstharz. Betritt man das Apartment, steht man sogleich im Wohnzimmer, in dem sich auch ein Doppelbett und ein sofaähnlicher Futon befinden.
Die extrem grafische Anmutung des Apartments erfolgt nicht nur über die Linearität der (Einbau-)Möbel. Sie entsteht auch durch die stringente Farbgebung: Weiß als alles beherrschender Grundton, der vermengt wird mit wenigen schwarzen Accessoires wie Leseleuchte und Stereoanlage sowie schwarz-weißen Kunstwerken: Fotos von Hedi Slimane und Daniel Riera sowie zwei Grafiken des kubanischen Künstlers Félix Gonzaléz-Torres zieren die Wände.
Durchbrochenes Konzept
Auch wenn das Apartment auf manch einen vielleicht etwas gewollt konzeptionell wirken mag. Ungemütlich ist es deshalb nicht. Dafür sorgt nicht nur die Terrasse mit Grünpflanzen und hölzernen Raphiabast-Stühlen, die das minimalistische White-Cube-Konzept charmant brechen. Auch verschiedene Texturen wie die kühl-matten Fliesen und die weichen Stoffe von Bett und Couchfuton bringen Wohnlichkeit ins Innere.
Colombo and Serboli Architecture ist mit dem Umbau dieses Apartments nicht nur eine minimalistische Ferienarchitektur gelungen. Durch maßgefertigte Einbauten, die Konzentration auf die Farbe Weiß, die Beschränkung auf wenige Accessoires und den Einsatz von Kunst ist auf nur 36 Quadratmetern Fläche ein wahres Raumwunder entstanden. Das zeigt, wie wenig man eigentlich zum Leben braucht.
FOTOGRAFIE Roberto Ruiz
Roberto Ruiz
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