Dänisch Lager
Industriecharme trifft auf Gemüsebeet: das Restaurant Amass in Kopenhagen.
Gleich gegenüber der Kleinen Meerjungfrau – so könnte die Wegbeschreibung zum Restaurant Amass lauten. Ein wenig Wasser liegt zwar noch dazwischen, aber diese Adresse macht sich in Kopenhagen allemal gut. Im Amass wird frisch zubereitete nordische Küche serviert – in einem offen gestalteten Interior, das skandinavisches Design mit Industrieatmosphäre und Street Art mischt und sogar einen eigenen Nutzgarten hat.
Das Restaurant liegt im Kopenhagener Stadtteil Refshaleøen und ist in einer Lagerhalle der ehemaligen Schiffswerft von Burmeister & Wain untergebracht. Auf fast 750 Quadratmetern Fläche bewirtet Besitzer und Chefkoch Matt Orlando hier seine Gäste. Der Amerikaner hatte genaue Vorstellungen: von den Gerichten, die im Amass serviert werden sollten, aber auch vom Interior. Dass seine Ansprüche hoch waren, verwundert nicht – zuvor arbeitete er als Chef de Cuisine in der Kopenhagener Gourmetadresse: in René Redzepis Noma.
Restaurant mit Gemüsebeet
Nähert man sich dem Gebäude, dann fällt als erstes die Backsteinfassade auf. Von der Zeit gezeichnet, massiv und industriell wirkend, wird sie durchbrochen von neuen, großen Fenstern in schmalen Metallrahmen. Im Parterre öffnen Glastüren den Bau zu einem 500 Quadratmeter großen Garten. Hier wachsen in einfach gezimmerten Holzcontainern die Gewürze und Gemüsesorten, die Orlando zum Kochen braucht. Seine Devise: Es wird mit den Zutaten gekocht, die gerade frisch verfügbar sind. Auf der reduzierten, saisonal ausgerichteten Speisekarte stehen diesen Monat: luftgetrocknetes Rindfleisch mit Karotten und Buttermilch sowie Kürbis mit Mandeln und Rosmarin. Was im Garten nicht zu ernten ist, liefern Bauern aus der Umgebung.
Offengelegt
Orlandos Vision eines einfachen, mit nur wenigen, doch dafür hochwertigen Zutaten zubereiteten Gerichts spiegelt sich auch im Interior des Restaurants wider. Es entstand in Zusammenarbeit mit Gubi, genauer gesagt mit dem Gründer des dänischen Möbel- und Leuchtenherstellers Jacob Gubi und seiner Chefdesignerin Sofie Brünner. Die Idee: ein offenes Restaurant zu gestalten. Und das ist hier durchaus wortwörtlich zu verstehen, weshalb nicht nur der eigentlich Gastraum und die Lounge-Zone als Floating Space gestaltet sind. Auch in die Küche und die Büros können die Gäste reinschauen. Orlando und das Team von Gubi legten, typisch skandinavisch, Wert auf eine informelle Atmosphäre, auch wenn die angebotenen Speisen durchaus Gourmet-Niveau haben.
Dänische Gemütlichkeit
Locker verteilt über den großen Gastbereich stehen runde und rechteckige schwarze Tische und Stühle. Poufs, Sessel und Sofas sind in zurückhaltenden Farben wie Lindgrün und Grau gehalten. An den Decken und den Wänden: schwarze Leuchten von Gubi. Im großen Raum – der in einen Lounge-, Bar- und Essbereich unterteilt ist – können die Sitzgelegenheiten hin und her geschoben werden. Durch diese flexible Möblierung ist der Raum immer in Bewegung. Designerin Sofie Brünner hat sich bei der Bestuhlung für das Modell Masculo von Gubi entschieden. Entworfen vom dänisch-italienischen Gestalterduo GamFratesi, ist die Version in schwarzem Leder eine gute Wahl: Es sitzt sich darauf nicht nur bequem, die grazile Form wirkt elegant und passt in ihrer visuellen Zurückgenommenheit gut in das industrielle Ambiente des Gebäudes. Das wird außerdem unterstrichen durch freigelegte Wände, Decken und Pfeiler aus Beton, einen grauen Fußboden und ein wandfüllendes Graffiti. Haptisch und visuell ansprechende Materialien wie geräuchertes Eichenholz, schwarz gestrichene Metalle, Leder- und Stoffbezüge von Sørensen Leather und Kvadrat ergänzen das reduziert wirkende Interior.
Das Konzept für das Restaurant ist wohl überlegt. Nirgendwo gibt es hier ein Zuviel – weder bei den Speisen und Getränken, noch beim Interior. Mit Gubi hat sich Besitzer und Chefkoch Matt Orlando einen Partner ins Boot geholt, der simple, doch nie unterkühlt wirkende Möbel und Leuchten fertigt. Dass Gubi zudem umfangreiche Erfahrungen in der Gestaltung kompletter Interiors hat – die Dänen statteten die Kopenhagener Jugendherberge Danhostel, das Hotel Alexandra in Barcelona oder die Numero Bar in São Paulo aus – davon hat auch das Restaurant Amass profitiert.
FOTOGRAFIE Enok Holsegaard
Enok Holsegaard
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