Schluss mit Toben
Böse Erinnerungen an die Schule? Pustekuchen! Studio Ruim verwandelt muffige Schulräume in ein luftiges Apartment.

Böse Erinnerungen an die Schule? Pustekuchen! Studio Ruim zeigt, wie aus muffigen Schulräumen ein luftiges Apartment wird. Die Architekten haben sich das obere Stockwerk eines Backsteingebäudes aus den dreißiger Jahren vorgenommen und in ein zeitgenössisches Loft verwandelt, das gekonnt den Geist der Schulgeschichte(n) atmet.
Das ehemalige Schulgebäude liegt im Zentrum von Amsterdam in der Floris Versterstraat, idyllisch umgeben von Kanälen. Mit seinen dicken Mauern aus rotem Sandstein und dem bogenförmigen Eingangsportal ist es ein tyisches Beispiel für den niederländischen Baustil der dreißiger Jahre. Man kann sich das Gekreische der Kinder in den Pausen geradezu bildlich vorstellen, ihr Umherspringen auf dem Spielplatz hinter der Schule.
Subtile Erinnerungen
Statt Spielen, Lernen und Toben wird hier nun gewohnt, gekocht und geschlafen. Die Innenarchitekten Sigrid van Kleef und René van der Leest vom Amsterdamer Studio Ruim sind spezialisiert auf den Umbau und die Restaurierung von historischen Bauten. Das sieht man diesem Projekt auch an, denn es wurde sehr respektvoll mit der Bausubstanz umgegangen. Das Ziel: so viel wie möglich von der Substanz erhalten und den Flair des Alten mit in die Jetztzeit nehmen, ohne auf zeitgenössischen Komfort und modernes Design zu verzichten. Studio Ruim setzt auf subtile Anklänge an das Vergangene: dunkler Linoleumfußboden, Vintagefarben, freigelegte Holzbalken unter dem Dachgiebel und ein Fensterband, das ursprünglich den Schulflur vom Klassenzimmer teilte und nun die Küche geschickt vom Wohnzimmer separiert.
Eine gute Kinderstube
Die Wohnung verfügt über zwei Etagen: Das untere Geschoss ist als Open Space – ohne trennende Türen – angelegt und birgt einen großen Wohnraum sowie Küche und Esszimmer. Das Obergeschoss, das teilweise als Empore über dem Wohnraum schwebt ist, beherbergt einen Schlafraum samt En-Suite-Badezimmer. Besonders schön: das Spitzdach, das zwar platzraubend, aber sehr atmosphärisch ist. Verbunden werden beide Geschosse durch eine auffällige, skulpturale Stahltreppe, die in einem Oliveton gestrichen ist. Stahl ist dabei übrigens ebenso ein immer wiederkehrendes Element in den Arbeiten von Studio Ruim, wie eine intensive Beschäftigung mit dem Thema Licht. Während das ehemalige Klassenzimmer tagsüber mit natürlichem Licht durchflutet wird, setzen abends Spotlights effektvoll das Interiordesign und die Architektur in Szene.
Mix & Match
Die untere Ebene wird durch eine Wand zweigeteilt, die auf der einen Seite von einer weißen, sehr schlichten Küchenzeile und auf der anderen von einem dunkelbraunen Wohnzimmerschrank umgeben wird. In die Wand eingefasst ist ein Fensterband, das zum Ursprungsbau gehörte und nun eine Verbindung zwischen beiden Zonen schafft. Beide Bereiche – Wohnzimmer, Küche und Esszimmer – sind sparsam möbliert: zeitgenössische, teils farbintensive Designstücke (knallgelbe Leuchten von Muuto, Sessel Butterfly aus den Dreißigern) wechseln sich ab mit antiken Möbeln, Orientteppichen und Kissen, einem Esstisch aus Holz, einem alten gusseisernen Ofen und Pendelleuchten im Industrial Look. Dieser sehr persönliche Mix verleiht dem Ensemble einen unprätentiösen, im besten Sinne gemütlichen Touch.
„Für uns ist wichtig, dass sich die Geschichte eines Gebäudes im Entwurf widerspiegelt“, erklärt Sigrid van Kleef ihr Konzept von Altbausanierung und fügt hinzu: „Gleichzeitig wollen wir zeitgemäße Räume entwerfen, die gut nutzbar und komfortabel sind.“ Dieser Spagat ist den Architekten gelungen.
FOTOGRAFIE Daniel Nicolas
Daniel Nicolas
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