Crawfords Kunstclub
For members only: Ilse Crawford hat in Hongkong einen charmant-luxuriösen Privatclub eingerichtet.

Auf solch eine Idee sind selbst die klassenbewussten Engländer noch nicht gekommen: ein Members-only-Club, bei dem die Kunst im Fokus steht. Designerin Ilse Crawford von Studioilse hat sich für das feine Etablissement Duddell’s in Hongkong ein Interior ausgedacht, das mit seinem eklektischen Mix aus Stilen, Materialen und Farben typisch Studioilse ist.
In Central tobt die Szene. Mode, Gastronomie, Antiquitäten und Kunst – alles, was gut und teuer ist, findet sich in diesem geschäftigen Hongkonger Stadtteil. Die Millionenmetropole ist in den letzten Jahren zum Kunstzentrum Asiens avanciert und nun um einen Szene-Hot-Spot reicher: Duddell’s ist ein kunstaffiner Privatclub, der sich im selben Gebäude wie der Flagship Store des Kultlabels Shanghai Tan befindet. Es ist nach den TwoTwoSix Apartments Ilse Crawfords zweites Projekt in Hongkong – beide sind entstanden in Zusammenarbeit mit Alan Lo. In der Stadt am Südchinesischen Meer ist Alan Lo bekannt als Tausendsassa. Zu seinem Gastronomie-Imperium JIA gehören kulinarische Hongkonger Institutionen wie 208 Duecento Otto, Ham & Sherry, 22 Ships und Chachawan – auch das experimentelle Konzept des Duddell’s hat er sich ausgedacht.
Was man mit Geld machen kann
Hongkong ist eine Stadt mit Geld. Hongkong ist eine Stadt, die das Essen liebt. Hongkong ist eine Stadt, die verrückt ist nach Kunst. Alan Lo kennt die Stadt gut und hatte wieder einmal den richtigen Riecher. Die kostspieligen Mitgliedschaften waren übrigens bereits Monate vor der Eröffnung des Clubs ausverkauft – was zeigt, dass englische Traditionen in der Hongkonger High Society noch immer etwas zählen. Duddell’s ist nicht nur Privatclub und exklusiver Treffpunkt, der sich mit knapp 750 Quadratmeter Fläche auf drei Etagen verteilt. Neben einer Bar und Bibliothek finden dort hochkarätige Kunstausstellungen statt, und das öffentlich zugängliche Restaurant wartet mit zwei Michelin-Sternen und ambitionierter kantonesischer Küche auf. Muss es auch, denn Hongkong ist Mekka für Gourmets aus aller Welt.
Im Kunst-Panoptikum
Überall im Duddell’s findet sich Kunst. Die mehrmals im Jahr wechselnden Ausstellungen werden von Gastkuratoren wie Ai Weiwei betreut und bestückt aus der MK Lau Collection und anderen Privatsammlungen. Die zeitgenössischen Kunstwerke sind eingebettet in Ilse Crawfords ganz spezielle Welt. Die britische Interior- und Produktdesignerin mag es unprätentiös und versteht es zu mischen: Stile, Materialien, Farben. So treffen in der luxuriösen Bar des Duddell’s Travertin an den Wänden und der Theke auf einen rauen Betonboden. Die luxuriöse Coolness der Wand- und Bodenbeläge wird durchbrochen von Sitzgelegenheiten, die nicht nur sehr farbenfroh und gestalterisch äußerst unterschiedlich sind. Verschiedene Materialien – Holz, Stoff, Samt und Leder – und farblich wunderbar changierende Orientteppiche vervollständigen den visuellen und haptischen Kontrast.
China trifft den Westen
Ilse Crawford, die das Projekt mit ihren Mitarbeitern von Studioilse in nur sechs Monaten bewältigte, mag Räume, die sich nicht festlegen lassen. Räume, die veränderbar sind. Ihre Sitzgelegenheiten, Tische und Leuchten lassen sich deshalb leicht umher schieben und so immer wieder anders zusammenstellen. Auch stilistisch mag sie es bunt: So treffen in der Bibliothek chinesisch inspirierte Sitzgelegenheiten auf Midcentury-Möbel aus aller Welt. Gerade deswegen passt das Interiordesign auch so gut zum Konzept des Duddell’s, das sich als kultureller und sozialer Treffpunkt der etwas anderen Art versteht. Das Interior erinnert beinahe an ein Privathaus, was in der wohnzimmerartigen Lounge, aber auch im imposanten Treppenhaus aus Travertin besonders augenfällig ist.
Dass solch ein Luxus – der zwar sehr subtil ist, aber immerhin knapp fünf Millionen Euro gekostet hat – auch für die Gäste seinen Preis hat, verwundert nicht. Ein Glas Hauswein kostet sieben Euro, eine Flasche Château Pétrus aus den Sechzigern schlägt mit 2700 Euro zu Buche. Doch dafür kann man den Wein, die hausgemachten Drinks und Häppchen auf einer lauschigen Terrasse einnehmen. Sie ist das eigentliche Highlight des Clubs: Zwischen tropischem Grün und Lounge-Möbeln und mit einen Blick auf die leuchtende Stadt.
FOTOGRAFIE Robert Holden [Copyright: Studioilse]
Robert Holden [Copyright: Studioilse]
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