Espresso oder doch lieber Sofortkredit? Die DB der Zukunft
In ihrer Filiale der Zukunft, dem „Q110“ in der Berliner Friedrichstrasse, setzt die Deutsche Bank vor allem auf persönliche Nähe. Statt am Schalter werden Bankfragen in der Lounge besprochen und ein Café mit Bibliothek und Kinderspielecke lädt zum Verweilen ein. Geldthemen werden hier beinahe zur Nebensache.
Wer derzeit das Q110 von der Friedrichstrasse aus betritt, fühlt sich erst einmal nach England versetzt. Das Londoner Nobelkaufhaus Harrods hat im Eingangsbereich der Bank eine temporäre Boutique eingerichtet und bietet dort noch bis Ende Dezember verschiedenste Tee- und Konfektsorten, Christbaumschmuck und den diesjährigen Weihnachtsbären Alexander an. Der Wandel ist Programm: Alle zwei Monate zieht ein neuer Shop ein und lockt auch jene Kunden in die Filiale, die eigentlich gar nicht vorhatten, eine Bank zu betreten.
Hat man den Eingangsbereich durchquert, gelangt man in das großzügige Forum. Dieses wird von vier großen Kuben bestimmt, die frei im Raum stehen und zu unverbindlichen Gesprächen mit den Beratern einladen. Schalter oder abweisende Barrieren, wie sie sonst eine Bank bestimmen, sucht man hier vergeblich. So tritt der Kunde von der Boutique im Eingang direkt hinein in das Bankgeschehen. Die Tische sind auf die Höhe von Bartresen gehoben und lassen eine lockere Gesprächssituation im Stehen entstehen. „Verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten zu schaffen war ein wesentlicher Ansatz des Konzeptes. Die gesamte Präsentation sollte mehr Erlebnischarakter bekommen.“ erklärt dazu Karl Schwitzke vom Architekturbüro Schwitzke & Partner, die das Q110 entworfen haben. Möchte der Kunde ausführlichere Gespräche führen, die mehr Diskretion erfordern, stehen mehrere Beratungszimmer zur Verfügung, die nach unterschiedlichen Raumstimmungen entworfen sind und verschiedene Altersgruppen und Geschmäcker ansprechen wollen. Schließlich unterhält es sich leichter in einer Atmosphäre, in der man sich wohl fühlt. So gibt es ein „Starter“ Zimmer, das mit seinen roten und gelben Plexiglassitzen vor allem auf eine jüngere Zielgruppe zugeschnitten ist. Ein weiterer Raum ist für „moderne Singles“ gedacht und wird von schwarzen Hölzern, Edelstahl und einer klar geometrischen Formensprache bestimmt. Bei „jungen Familien“ sorgt ein mediterranes Ambiente für das Wohlbefinden und bietet terrakottafarbene Stühle und warme Farben. Der „Senator“ Raum setzt mit dunklem Nussbaumholz und roten Lederstühlen auf noble Eleganz und ermöglicht mit einem Konferenztisch auch Besprechungen in größerer Runde sowie Video-Konferenzen. Die mit Flüssigkristallen gefüllten Scheiben lassen sich auf Knopfdruck von durchsichtig auf milchig stellen und sorgen für mehr Diskretion während der Beratung.
Im hinteren Teil des Raumes befindet sich die Lounge. Hier kann man sich auf bequemen Ledersesseln niederlassen, einen Café trinken, auf großen Flachbildschirmen Filme schauen oder einfach einen Drink an der Bar nehmen. Ein in den Bartresen eingelassenes Internetterminal ermöglicht auch ein schnelles Abfragen von Emails, während sich die Kleinen im Kid’s Corner die Zeit vertreiben können. Die Lounge funktioniert unabhängig vom Bankbetrieb und ist dennoch mittendrin. Doch nicht nur das räumliche Konzept unterscheidet sich von einer herkömmlichen Bank, auch die Serviceangebote sind anschaulich gestaltet. So werden alle wichtigen Informationen zu einem bestimmten Finanzangebot in einer eigens angefertigten, kleinen Metallbox greifbar zusammengefasst und können gegen eine Schutzgebühr mit nach Hause genommen werden. Und das „Zeugnissparen“ zeigt Kindern bereits in jungen Jahren, dass sich gute Noten auch auszahlen, indem die Bank für jede Eins auf dem Schulzeugnis zusätzlich fünf Euro auf das Konto überweist. Als einen weiteren Service kann man ab sofort sogar die eigene Kreditkarte mit einem Lieblingsphoto bedrucken lassen.
Mit dem Q110 ist das „Banking zum Anfassen“ Wirklichkeit geworden, zeigt sich persönlicher und einladender als es in Banken bisher der Fall war. Der Erfolg gibt dem Konzept recht, schließlich konnten seit der Eröffnung über 50 Prozent mehr Neukunden gewonnen werden als in Filialen vergleichbarer Größe. Und die Jury des renommierten ZukunftsAwards wählte das Q110 zur Besten Dienstleistungsinnovation des Jahres 2006.
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Projektarchitekten
Schwitzke & Partner