Fast jugendfrei
250 Quadratmeter Grau: zum Feriendomizil umgebautes 30er-Jahre-Kino am Wörthersee.
Im österreichischen Pörtschach verwandelten die Architekten vom Wiener Studio Destilat ein altes Kino aus den dreißiger Jahren in ein Refugium für eine siebenköpfige Familie. Für die 250 Quadratmeter Grau in Grau ließen sie sich von den Strukturen und der Dynamik regionaler Dächerlandschaften inspirieren und schufen so ein Feriendomizil für die Ewigkeit.
Manche Menschen träumten noch immer in Schwarz-Weiß, so heißt es zumindest am Anfang einer aktuellen Reklame des blau-gelben Möbelherstellers aus Schweden. Dieser setzt ja bekanntlich auf möglichst viel und schrille Farbe. Kinderfreundlich soll es sein, gemütlich und ausgefallen. Ob Kinder es wirklich immer wild und bunt mögen, sei zunächst dahingestellt. Welches Potenzial dagegen in der unbunten Farbe Grau stecken kann, das zeigt das österreichische Team mit dem Umbau dieses Altbaus von Wörthersee-Architekt Franz Baumgartner.
Durchdacht
Für einen großzügigen Dachausbau hoben die Architekten zunächst den Dachstuhl an. Damit schufen sie nicht nur 250 Quadratmeter uneingeschränkte Fläche zum Toben und Spielen, sondern – mit teilweise bis zu sechs Metern – auch eine fast erhabene Deckenhöhe. Wohnzimmer, Küche und Esszimmer gehen hier fließend ineinander über. Lediglich eine kurze, niedrige Wand zwischen den Wohn- und Kochbereichen sorgt für optische Trennung. Sonst bleibt der Gemeinschaftsraum ein freies Gefüge, in dem sogar das Badezimmer nur durch Glaswand und Vorhang vom Korridor abgetrennt wird.
Lebens(t)raum
An die äußeren Seiten des Penthouses legten die Architekten die privaten Zonen mit Eltern-, Kinder- und Gästezimmer. Das Herzstück bildet dabei die Küche, die mit einer auskragenden Überdachung versehen ist. Eigens von Destilat entworfen, soll die camouflage kitchen einen „Kontrapunkt zur entspannten Wohnatmosphäre bilden“, so das Trio. So besticht das massive Möbelstück im – sonst von planen und monochromen Flächen bestimmten – Interieur durch bewusst schräg gesetzte Fugen, die innerhalb der Einschübe entstehen. Interessant ist, dass das daraus entstandene Zick-Zack-Muster zudem die Dachschräge im Innenraum zitiert.
Auf Zack
Und tatsächlich gibt es einen Zusammenhang der geneigten Linien im Inneren mit der Architektur: „Unser Designkonzept ist inspiriert von Strukturen, Texturen und Dynamiken von Dachlandschaften“, berichten die Planer, die damit auf ein typisches Element österreichischer Nachkriegsarchitektur verweisen wollen. So nutzten sie außerdem gefräste Faserzement-Tafeln, wie sie sonst eigentlich als Fassaden- und Dachabdeckungen Verwendung finden. Hier verkleideten die Architekten damit nicht nur den kompletten Küchenblock, sondern auch Einbauschränke, Regale und sogar den offenen Kamin.
Bis in die Ewigkeit
Doch neben seinen ästhetischen Eigenschaften hat der Baustoff noch einen weiteren Vorteil: Die gängige Markenbezeichnung Eternit leitet sich nicht ohne Grund vom lateinischen Wort aeternitas für Ewigkeit ab, da Faserzement über eine ausgesprochen robuste Oberfläche verfügt. „Auch bei der Auswahl weiterer verwendeter Materialien und Einrichtungsgegenstände wurde viel Wert auf praktische wie benutzerfreundliche Aspekte gelegt“, so das Team aus Harald Hatschenberger, Thomas Neuber und Henning Weimer. Schließlich müsse in dieser Wohnung vieles kinderfreundlich und daher widerstandsfähig sein.
Spiele der Erwachsenen
Ihr Farbkonzept hingegen könnte als man weniger kindlich beschreiben, blieben sie doch konsequent bei den Tönen Grau, Schwarz und Weiß. Verspielte Elemente – in Form von kleinen, verschiedenfarbigen Mosaiksteinen auf der Duschwand, in unregelmäßig angeordneten Regalfächern oder in organisch geformten Leuchten – bleiben allerdings die Ausnahme. Dennoch: Von eintönig oder langweilig kann hier nicht die Rede sein. Vielmehr entsteht durch die farbliche Zurückhaltung eine gedämpfte und entspannte Stimmung, in der die Texturen und Strukturen der Materialien besonders hervorgehoben werden und den Raum wohnlich und lebendig werden lassen.
FOTOGRAFIE destilat
destilat