Harte Schale. Weicher Kern.
Die Kapelle Allerheiligen im Herzen Brasiliens zeigt scharfe Kanten – kann aber auch anders...
Gegensätze ziehen sich an. Ausgerechnet minimalistisch, mit scharfen Kanten und einer Fassade aus Beton soll sich die Kapelle Allerheiligen dem Glauben und der einzigartig vielfältigen Natur im Herzen von Minas Gerais hingeben. Und es funktioniert – in einem außergewöhnlichen Geschenk des Brasilianischen Architekten Gustavo Penna an eine langjährig befreundete Farmerfamilie.
Minas Gerais – der Name des Bundesstaates im Südosten Brasiliens geht zurück auf sein reichhaltiges Rohstoffvorkommen. Gold und Diamanten begründeten die hier verankerte Bergbautradition. Fruchtbarer, rostfarbener Boden, steinige Hügel und eine saftige Vegetation entlang ausgedehnter Flusstäler und ihrer zahlreichen Ausläufer charakterisieren das Land.
Kein Kreuz
Inmitten dieser Landschaft thront die Kapelle Allerheiligen auf der Fazenda Gurita, einer kleinen Farm nahe des Ortes Martinho Campos. Nur unweit davon erstrecken sich die Ufer des mächtigen São Francisco Flusses. Als Hommage an die einzigartige Natur ersann der Architekt Gustavo Penna die Kapelle zum Geschenk an die befreundete Familie Dias dos Santos. Zwischen Palmen und Sträuchern entspringt das Gebäude einem quaderförmigen Taufstein, dessen reines Wasser über ein schmales, blau gefliestes Becken zum Fuße der sich emporhebenden Kapelle führt. Die Fassade zeichnet ein massives Kreuz, das sich tief wie breit nach hinten erstreckt. Für ein Kreuz Christi will das Verhältnis vom Balken zum Pfahl nicht recht stimmen. Breiter als hoch. Extrem dicke Linien. Zudem eine harte Schale aus Sichtbeton, deren Muster eher an einen Bunker als an ein Gotteshaus erinnert. Äußerlich wirkt das Haus mit seinen scharfen Kanten schon fast bedrohlich.
Aus dem ersten äußeren Eindruck entwickelt sich ein Gefühl von Geborgenheit. Ein weicher Kern ruht drinnen. Dafür sorgt nicht zuletzt eine Vertäfelung an Wand, Decke und dem Mittelstreifen des Bodens, für die Gustavo Penna das beheimatete Holz der Peroba do Campo verwendet hat. Beigefarbener Travertin vereint, als Fundament des 160 Quadratmeter großen Grundrisses, alle Materialien miteinander. Die geometrische Härte des Baus und das saftige Grün der umgebenden Natur bilden hingegen einen harten Kontrast zueinander.
Den Bezug zwischen Himmel und Erde sucht das Andachtshaus symbolisch durch die vertikale Linie des Kreuzes. Die schmale Längsachse beschreibt ein Dachfenster, bedeckt von Holzlamellen. Ein leichter Windhauch weht den Duft der Natur ins Innere. Steht die Sonne im Zenit, so strahlt sie auf das Bildnis Jesus Christus, welches von Gustavo Penna im Schwung von nur einer Linie entworfen wurde. Einem Engel gleich schwebt die Holzskulptur an der schmalen Südwestwand der Kapelle und hebt sich damit als einziges Element von der minimalistischen Form des Baus ab. Es hält dort die Symbole des Glaubens beieinander: die horizontale Linie als Sinnbild für ein Leben Seite an Seite, die Taufe als Akt der Einführung in das spirituelle Bewusstsein, der Fluss als Bild für den Entwicklungsweg und das Kreuz als Zeichen der Selbstreflexion, mit dem Ziel der inneren Vollkommenheit.
Am Ende des Tages schwindet das Gefühl der Bedrohlichkeit. Idyllisch fügt sich die Kapelle in die Landschaft und strahlt, sanft beleuchtet, als Schmuckstück einer kleinen Farm ehrfürchtig in die große Welt hinaus.
FOTOGRAFIE Leonardo Finotti
Leonardo Finotti
Projektarchitekten
Gustavo Penna Arquiteto & Associados
Mehr Projekte
Mehr Stimmung als Stromverbrauch
Innovative Beleuchtung von Fagerhult im Bol-Headquarter
Nachhaltig auf allen Ebenen
Intelligente Lichtlösungen für den Bürokomplex Tripolis-Park in Amsterdam
Neues Licht fürs Quartier
TRILUX inszeniert den Potsdamer Platz in Berlin mit Manufakturleuchten
Rückzugsort für Macher
Lichtinszenierungen im Coreum Hotel von Studio De Schutter
Licht als Szenografie
Artemide illuminiert den neuen BMW Showroom in München
Licht für die Stille
Neue Beleuchtung für die Meereskapelle Upinniemi in Finnland
Wohnliche Aussichtstürme
Elva Hotel in Norwegen von Mange Bekker Arkitektur
Filmreife Kulisse
Ein Arbeitsplatz in Berlin-Kreuzberg als cineastische Hommage von RHO
Tanzen mit OMA
Nachtclub Klymax auf Bali in Kooperation mit DJ Harvey
Disko unterm Fresko
Umbau einer Villa am Comer See durch J. Mayer H.
Licht verbindet
Umbau und Erweiterung der alten Buntweberei in Eislingen
Duale Spirale
Neuer Bershka-Shop von OMA in Mailand
Effizienter Holzbaukasten
Büroneubau in Oslo mit durchdachter Lichtplanung
Nachhaltig, individuell, vernetzt
Die neuen Lichtlösungen für moderne Arbeitswelten von TRILUX
Kulturelle Schnittstelle
Neue Showrooms von JUNG in Europa und Asien
Schaufenster fürs Licht
Neues Studio der Lichtmanufaktur PSLab in Berlin
Licht im Gewölbe
Apartmentumbau in Valencia von Balzar Arquitectos
Atmosphärisch und funktional
Lichtkonzept für das Berliner Spore Haus von Licht Kunst Licht
Leuchtende Architektur
RHO gestaltet einen flexiblen Eventspace in Berlin
Sprechende Wände
Paul Smith blickt auf das Werk von Pablo Picasso
Belebter Backstein
Mehrfamilienhaus in ehemaliger Textilfabrik in Melbourne
Baumhaus am Hang
Balmy Palmy House von CplusC Architectural Workshop in Australien
Der Periskop-Effekt
Hausumbau von Architecture Architecture in Melbourne
Shoppen im Wattebausch
Neue Jacquemus-Boutiquen von AMO in Paris und London
Tanz in der Luft
Café Constance in Montreal von Atelier Zébulon Perron
Heim aus Holz
Neubau eines Wohnhauses von Russell Jones in London
Schwimmendes Smart Home
Modernes Yachtdesign mit intelligenter KNX-Technik von JUNG
Ins rechte Licht gerückt
Medienfassade erleuchtet nachhaltige Landstromanlage am Port of Kiel
Hommage ans Licht
Haus des kanadischen Architekten Omar Gandhi in Halifax
Polychrome Praxis
12:43 Architekten gestalten Behandlungsräume in Le Corbusier-Farben