Ich war einmal ein Wasserturm
Vom Wasserturm zum Wohnhaus: ein Projekt von ACR Architects in London.

Es gibt Häuser, die sind so schön, dass man am liebsten gleich einziehen würde. Der umgebaute Wasserturm in London ist solch ein Haus. Das Architekturbüro ACR Architects hat das denkmalgeschützte Gebäude aus dem 19. Jahrhundert in eine mehrgeschossige, luftig-lichte Wohnung verwandelt. Nicht nur die unzähligen Ein-, Durch- und Ausblicke sorgen für gestalterische Spannung. Auch der Einsatz hochwertiger Materialien wie Holz, Keramik von Mosa und Backstein macht das Projekt spannend.
Pittoreske Reihenhäuser, weitläufige Lofts in Industriegebäuden, elegante Apartments aus dem 19. Jahrhundert, luxuriöse Penthouses, Space-Age-Etagen aus den Siebzigern. In London ist die Auswahl an ungewöhnlichen Immobilien groß. Doch ein Objekt wie dieses findet man selbst hier nur selten. Das Glück hatten die Bauherren Leigh Osborne und Graham Voce, die nun den Wasserturm aus dem 19. Jahrhundert ihr Zuhause nennen dürfen. Was nach dem Umbau durch das Londoner Architekturbüro ACR Architects so selbstverständlich wirkt, war allerdings nicht ganz einfach umsetzen.
London calling!
Nicht nur, dass die Architekten zahlreiche Denkmalschutzauflagen erfüllen mussten. Bei Baubeginn fanden sich in dem heruntergekommenen, dreißig Meter hohen Gebäude mit 1,5 Meter dicken Mauern über 2000 Taubenkadaver, die erst einmal entsorgt werden mussten. Doch dann ging alles sehr schnell: In nur acht Monaten verwandelte sich der Wasserturm in ein gemütliches Zuhause mit mehreren Schlafzimmern, geräumigen Bädern, Fitnessraum, Fahrstuhl und einer Terrasse über den Dächern von London. ACR Architects griffen – in Absprache mit der Denkmalpflege – stark in die Bausubstanz ein. Schließlich ging es bei diesem Umbau um einen kompletten Funktionswechsel: vom Wasserturm zum Wohnhaus!
Urbanes Interior
Deshalb wurde nicht nur der Grundriss verändert. Das Gebäude aus dem Jahr 1877 wurde um einen gläsernen Kubus ergänzt, der an der Fassade zu schweben scheint und Entree, Wohnzimmer und Küche birgt. Eigentliches Highlight jedoch ist die weitläufige Dachterrasse mit Ausblick. Urban wie das Äußere wirkt auch das Interior. Das liegt insbesondere an den hohen Räumen, die mit Tageslicht geradezu durchwoben sind. Auch an nebeligen Londoner Herbsttagen strömt genügend Licht durch die großen Fensterfronten. Der Eindruck von Helligkeit wird unterstützt durch die eingesetzten Materialien an Wänden und auf den Böden – egal ob alt oder neu. Sie sind durchweg hochwertig und haptisch ansprechend: Holz, Keramik von Mosa und freiliegender Backstein.
Kochen im Lichtraum
Im Zentrum des Hauses – im modernen Kubus – befindet sich die offene Wohnküche. Vom grau-weiß getünchten hölzernen Esstisch mit industriell anmutenden Metallstühlen geht der Blick durch raumhohe Fenster auf das Nachbargebäude aus Backstein. Die Küche wird unterteilt durch einen freistehenden Block mit Spülbecken, Arbeitsfläche und Stauraum. Als Riegel hinter dem Küchenblock angeordnet ist ein wandfüllendes Schrankelement mit einer Aussparung für den Herd. Tisch, Küchenmöbel und Wände sind ganz in Weißtönen gehalten und harmonieren mit dem hellen Fußbodenbelag: der Fliesenkollektion Terra XXL des niederländischen Herstellers Mosa.
Baden in Minimalismus
Die glatten Fliesen aus Keramik passen in ihrer Schlichtheit nicht nur gut zum Interior. Ungemein strapazierfähig, kommen sie auch in den Bädern des Wasserturms zum Einsatz – an den Wänden und auf dem Fußboden. In ihrer Haptik und zurückhaltenden Farbgebung in gebrochenem Grau wirken sie elegant und ergänzen die luxuriösen Badarmaturen und -objekte von High-End-Herstellern wie Boffi. „Es war nicht einfach, die richtigen Materialien für unsere Wohnung zu finden, doch die Keramikfliesen von Mosa passen ganz genau“, sagen die Bauherren. Warum, ist einfach zu erklären: Das leicht changierende Grau der Fliesenkollektion Terra Maestricht nimmt sich zurück, bringt Ruhe in das Interior und betont die beeindruckende Architektur des Industriedenkmals.
Die Architektur des Wasserturms aus dem 19. Jahrhunderts – der einen an den Campanile von San Marco in Venedig erinnern mag – ist der eigentliche Star dieses Projekts. ACR Architects haben mit ihren Veränderungen zwar stark in die Bausubstanz eingegriffen, doch diese in ihrer Gesamtheit erhalten. Auf sieben Etagen auf insgesamt 370 Quadratmetern Wohnfläche haben Leigh Osborne und Graham Voce ein durchaus luxuriöses, aber lässiges neues Zuhause gefunden. Da dürfte sich der Umzug von einem modernen Wolkenkratzer in den alten Wasserturm gelohnt haben!
FOTOGRAFIE David Topple
David Topple
Mehr Projekte
Zwischen Alt und Neu
Architect George erweitert Jahrhundertwendehaus in Sydney

Messingfarbene Highlights
Neugestaltung des Hotels zum Hirschen in Salzburg von LP architektur und Dietrich Untertrifaller

Kontrapunkt zwischen alten Mauern
Umbau zum urbanen Wohnhaus von Architect George in Sydney

Ausgewählte Zutaten
Sechs Küchenprojekte mit geschmackvollen Materialien

Sportliche Erfrischung
Neuer DFB-Campus in Frankfurt am Main von kadawittfeldarchitektur

Monolith am Mittelmeer
Moderne Küche in einem sizilianischen Landhaus

Umbau mit Bedacht
Renovierung eines denkmalgeschützten Architektenhauses bei Antwerpen

Alles auf Farbe
Wohnungsumbau in Almaty von Sdelaemremont

Besondere Böden
Fünf Projekte mit ungewöhnlicher Bodengestaltung

Moderne Großstadtküchen
Fünf außergewöhnliche Projektbeispiele

Eine runde Sache
Dries Otten baute in Belgien eine Stadtwohnung um

Belebter Backstein
Mehrfamilienhaus in ehemaliger Textilfabrik in Melbourne

Bunter Community-Space
kupa Kitchen & Working Lounge von Stephanie Thatenhorst in München

Gestaffeltes Wohnhaus
Umbau einer kleinen Genter Stadtvilla von Graux & Baeyens Architecten

Tiroler Putz in Madrid
Atelier- und Wohnhaus Blasón von Burr Studio

Ziegelstein und Hefe
Hannes Peer gestaltete die Bäckerei Signor Lievito in Mailand

Dialog der Gegensätze
Umbau einer Drei-Zimmer-Wohnung in Brooklyn

Beton trifft Reet
Farmhaus von NORRØN im dänischen Haderslev

Küche als Ort der Begegnung
Erweiterung eines Wohnhauses aus den Dreißigerjahren

Beton auf allen Ebenen
Brutalistischer Anbau von McLaren Excell in London

Multifunktionales Penthouse
Loft in München von allmannwappner

Recycelter Anbau
Subtile Erweiterung eines viktorianischen Wohnhauses in London

Whisky im Pantheon
Eine Sichtbeton-Destillerie von Neri&Hu in China

Bewohnter Adventskalender
Lenka Míková Architekti gestaltet ein Prager Apartment

Vermeers Backstube
Brotmanufaktur Aera von Gonzalez Haase AAS in Berlin

Küche mit Aussicht
Intelligenter Anbau von Material Works in London

Mut zur Maserung
Die schönsten Interiors mit Holz

Ode an die Natur
Restaurant Lunar in Shanghai von Sò Studio

Schiffscontainer im Garten
Umgestaltung eines Londoner Reihenhauses von DEDRAFT

Fließende Zimmer
Die schönsten textilen Raumteiler
