Küche à la Japonaise
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In diesem Haus scheint es kaum einen geraden Winkel zu geben. Auch nicht in der Küche. Und wie richtet man solch ein Haus ein? Am besten mit maßgeschneiderten Möbeleinbauten statt mit industriell hergestellter Massenware. Das in Kyoto und Tokio ansässige Design- und Architekturbüro Geneto Studio hat in der japanischen Hauptstadt ein Einfamilienhaus namens „DG House“ samt Holz-Einbauten geplant – dabei herausgekommen ist ein ungewöhnliches, schwarz-weißes Ensemble.
Von außen unscheinbar und weiß verputzt auf einem beengten, nur 140 Quadratmeter großen Grundstück platziert, ist der Besucher erstaunt, wenn er das Haus betritt, denn das Interieur wirkt licht und klar. Nicht erstaunlich ist, dass es insgesamt nur über 102 Quadratmeter Wohnfläche verfügt, die auf zwei Ebenen und einem Mezzaningeschoss verteilt ist – schließlich sind wir in Tokio und die Grundstückspreise horrend. Da heißt es Platz sparen beziehungsweise den vorhandenen Platz geschickt zu nutzen. Diesen vermeintlichen Nachteil wissen japanische Architekten und Designer immer wieder in Erstaunliches und Überraschendes umzusetzen – so auch bei diesem Projekt.
Die Holz-Spezialisten
Für diese heikle Aufgabe waren die Architekten von Geneto Studio bestens gerüstet, ist das Büro doch auf Holz-Einbauten spezialisiert. Neben fertig gestellten Einfamilienhäusern wie „UE House“, „Kaguka“ oder „AK House“ ist dieses, in einem ruhigen Stadtteil der japanischen Metropole gelegene Einfamilienhaus ein Musterbeispiel dafür, wie Architektur und Design miteinander verschmelzen können. So wenige freibewegliche Möbel wie möglich – dies scheint die Ausgangsposition gewesen zu sein, von der aus die Architekten die Aufgabe bewältigten. Sie entschieden sich – im Unterschied zu den hellen Holz-Einbauten der oben genannten Häuser – für Sperrholz, das sie mit einer speziellen schwarzen Farbe behandelten, die wiederum eigens für dieses Projekt hergestellt wurde. Nähert man sich den kompakten, objektartigen Einbauten, lässt sich noch immer die Maserung des Holzes erkennen.
Ein Raum, zwei Funktionen
Dass diese schwarzen Holz-Einbauten schon aufgrund ihrer dunklen Farbe recht massiv wirken, verwundert nicht. Farbe an sich spielte für die Architekten bei diesem Projekt keine tragende Rolle, stattdessen – so erklären sie – werden die einzelnen Räume von verschiedenen Lichtstimmungen erfasst. Die Wirkung der Räume wird bestimmt durch drei Komponenten: weiße Wände, schwarzer Fußboden und schwarze Holz-Volumina. Während im Erdgeschoss einige private Räume wie Schlaf- und Badezimmer untergebracht sind, besteht das darüber liegende Geschoss aus einem großen Raum. Dieser wird durch die Einbauten aus 24 Millimeter dickem Sperrholz in zwei Hälften unterteilt. Während der eine Raumeinbau Bücherregale, ein Sofa sowie das Mezzaningeschoss samt Treppe unterbringt, befindet sich im zweiten Raumeinbau die Küche.
Schwarz sehen: die Küche
Schwarz als Möbelfarbe in der Küche ist seit geraumer Zeit wieder en vogue – so auch im „DG House“. Hat man die Stufen in das erste Geschoss erklommen, steht man bereits mitten im Raum unter der schrägen Decke des Pultdachs. Vor der eigentlichen Küche als Kochgelegenheit ist ein Tisch samt Holzbank installiert, ebenfalls in Schwarz. Davor platziert ein Däne in Japan: der weiße „Ameisen“-Stuhl von Arne Jacobsen. Hinter dem Tisch befindet sich der Block mit den Buchregalen und der Sitzbank mit den lindgrünen Kissen, von wo aus sich der Raum öffnet und auf eine kleine, holzbeplankte asymmetrische Terrasse führt.
Während der Kücheneinbau von zwei Seiten vom schwarzen Holzgestell eingefasst wird, an der dritten Seite an eine Wand grenzt, öffnet sich der Block mit Spüle und Kochgelegenheit an der vierten Seite zum Wohnraum hin und stellt so eine Verbindung zwischen beiden Raumfunktionen her. Geschnippelt, gekocht und geschnitten wird auf einer Arbeitsplatte aus Edelstahl, die schön mit dem schwarzen Holz kontrastiert. Einige wenige Schränke dienen als Stauraum.
Ein Mezzaningeschoss auf einem Buchregal
Ein kleines Mezzaningeschoss – sozusagen das „Dach“ des Buchregals – lädt zum Gespräch oder Spielen ein. Hier wird jeder Zentimeter genutzt. Als Abgrenzung zum darunter liegendem Raum mit Küche und Wohnzimmer ist hier keine Wand, sondern eine umlaufende Sitzbank installiert – sicherlich keine bauliche Lösung, die in Deutschland möglich wäre. Aber wir sind eben in Japan und da ist man immer für gestalterische Überraschungen gut – ein möglicher Absturz inklusive.
FOTOGRAFIE Takumi Ota
Takumi Ota
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