Mondäne Großstadt-Sinfonie
Ein Pferd in einem Restaurant? Doch, das gibt es. Auch wenn es chinesisch, uralt und noch dazu aus Stein gefertigt ist. Es steht mitten in Berlin, in bester Lage am Brandenburger Tor an der Ecke Wilhelm- und Behrenstraße. Dort hat der Star-Koch Tim Raue ein Restaurant eröffnet, das von der Berliner Interior-Designerin Anna Maria Jagdfeld, die auch das Adlon-Hotel ausstattete, gestaltet wurde. Auf der Südseite genau dieses Hotels liegt das Restaurant „Ma Tim Raue“, das dem neugierigen Gast innovative chinesische Küche bietet. Genau dort – im edel gestalteten Gastraum – steht das Tonpferd aus der Zeit der chinesischen Han-Dynastie.
Das tönerne, über 2000 Jahre alte und fast 1,50 Meter hohe Pferd ist nicht nur Mittelpunkt der Raumgestaltung, sondern fungiert auch als grafisches Symbol des Restaurants, beispielsweise auf den bedruckten Stoffservietten. Denn „Ma“ bedeutet in der chinesischen Sprache Pferd. Genau wie „Uma“ in der japanischen. „Uma“ ist das dem Restaurantkomplex angeschlossene japanische Restaurant – ergänzt wird dieses Ensemble noch durch die Bar „Shochu“, die sich dem Ausschank japanischer Spirituosen und selbst kreierter Köstlichkeiten verschrieben hat. Die drei gastronomischen Einrichtungen sind gestalterisch miteinander verbunden und doch räumlich geschickt voneinander abgegrenzt. Während sich das Restaurant „Ma Tim Raue“ in einem fensterlosen rechteckigen Saal befindet, können sich die Gäste des „Uma“ in kleine Raumseparées zurückziehen. Die Gastgeber und gute Seelen des Hauses sind der Spitzenkoch Tim Raue und seine Frau Marie-Anne.
Ein Hauch von Asien
Betritt man den Restaurantkomplex durch einen kleinen Windfang, befindet sich rechts davon die Bar mit Lounge und knisterndem Kaminfeuer. An der Wand daneben erwartet den Besucher ein besonderes Highlight: eine Ajour-Schnitzerei aus Hongkong. Hoch spezialisierte Handwerker schufen vollplastischen, blattvergoldeten Hochreliefs, die höfische Szenen aus dem alten China darstellen. Und auch die mit Fliesen aus Jade verkleideten Wände und Bar sind einen zweiten Blick durchaus wert. Einen schmalen Gang entlang – von dem Toiletten abgehen, die ähnlich einem Boudoir gestaltet sind –, betritt der Gast das Restaurant „Ma Tim Raue“.
Gediegen und ruhig wirkt das Interieur, was vor allen den gedeckten Farben und hochwertigen Materialien geschuldet ist. Die verwendeten Farben changieren von Braun über Ocker und Gelb bis hin zu Gold. Materialien wie Wenge, Schiefer, Bronze und Kaschmir lassen das asiatisch angehauchte Interieur glamourös erscheinen. Die Wand zur angrenzenden britischen Botschaft wurde kaschiert mit einer mit Efeu begrünten Wand. Sämtliche Möbel entwarf amj design, das Designbüro von Anna Maria Jagdfeld. Im Speisesaal des „Ma“ nehmen die Gäste Platz auf über Eck platzierten Polsterbänken und Stühlen, deren Vorbilder in den 1940er Jahren zu suchen sind. Sie wurden mit Loro-Piana-Kaschmir bezogen, die Sitzbänke mit Seidensamt von Jim Thompson. Diese aufwändigen Ausstattungselemente lassen erahnen, welche monetären Investitionen hinter dem Projekt stehen.
Ein unbedingter Koch
Tim Raue – der übrigens liebend gern Berliner Currywurst und Pommes isst – avancierte innerhalb weniger Jahre zum Star-Koch. 2007 wurde der 34jährige Kreuzberger vom Gault Millau zum „Koch des Jahres“ gewählt. Seit Juni dieses Jahres kocht er im Restaurant „Ma Tim Raue“. Raue verfolgt mit dieser Lokalität ein strenges, puristisches Küchenkonzept. Im Vordergrund stehen marinierte und gewürzte Speisen. Dabei werden Fisch, Fleisch und Gemüse mit der natürlichen Süße von Früchten kombiniert. Dabei gibt es so exotische Dinge wie japanische Apfelblüten oder Murahta-Melonen zu kosten. Eine feine Bitternote von Kräutern und Pflanzen, Schärfe und Säure runden die Speisen ab. Trotz asiatischer Genüsse konzentriert sich Raue vor allen auf Produkte der Region, wobei er auf die üblichen Sättigungsbeilagen Brot, Reis, Nudeln oder Kartoffeln verzichtet.
Zudem will Raue weg vom Zeremoniell der französischen Küche. Statt steifer Tischetikette lautet sein Motto: „Zu Gast bei Freunden“. In dieses Motto fügt sich auch ganz wunderbar die Tatsache, dass die Gäste des Restaurants „Ma Tim Raue“ durch eine Glasscheibe den Köchen beim Werken, Zubereiten und Dekorieren der köstlichen Speisen zusehen können. Die Vorfreude auf das Essen wird da umso größer sein.